Schau Dich Nicht Um
Grund, mir etwas antun zu wollen.«
Die Besorgnis auf Dons Gesicht wich Traurigkeit. »Bist du im Begriff, dich in ihn zu verlieben, Jess?« fragte er.
Jess seufzte einmal tief. »Ich weiß nicht.«
»Mein Gott, Jess, er ist Schuhverkäufer! Was willst du mit so einem Mann?«
»Er ist kein Schuhverkäufer«, widersprach Jess leise.
»Wie?«
»Na ja, genaugenommen ist er im Moment natürlich doch einer«, verbesserte sich Jess. »Aber das spielt sowieso keine Rolle.«
»Was willst du eigentlich sagen, Jess?«
»Er ist Anwalt.«
»Was?«
»Er ist Anwalt.«
»Anwalt«, wiederholte Don.
»Aber dann ist etwas passiert. Er wollte sein Leben umkrempeln, deswegen hat er seinen Beruf aufgegeben...«
»Und fand die Erfüllung als Schuhverkäufer. Willst du das allen Ernstes behaupten?«
»Es ist eine sehr lange Geschichte.«
»Und eine sehr unwahrscheinliche. Jess, hast du dich in diesen Kerl so vergafft, daß du nicht mehr erkennst, wenn dir jemand einen Haufen Scheiße erzählt?«
»Es ist alles sehr kompliziert.«
»Nur Lügen sind kompliziert«, entgegnete Don. »Die Wahrheit ist im allgemeinen sehr einfach.«
Jess wich Dons Blick aus, sie wollte nicht einmal daran denken, daß er recht haben könnte.
»Du weißt, daß ich nur dein Bestes will, nicht wahr?« sagte Don.
Jess nickte. Wieder schossen ihr die Tränen in die Augen. Ärgerlich wischte sie sie weg.
»Und ich habe nie etwas anderes gewollt«, fügte er leise hinzu.
Jess nickte wieder. »Fahren wir zum Revier«, sagte sie. »Ich möchte deinem Mandanten ein paar Fragen stellen.«
Rick Ferguson saß in vertraut flegelhafter Haltung auf demselben Stuhl im selben Vernehmungsraum wie beim letzten Mal, als Jess ihn vernommen hatte. Zwei Kriminalbeamte in Zivil hatten in einer Ecke Platz genommen. Einen Augenblick lang hatte Jess das Gefühl, nie weggegangen zu sein.
Er hatte dieselbe braune Lederjacke an, dieselben Blue Jeans, dieselben spitzen schwarzen Stiefel. Dieselbe Arroganz ging von seiner Haltung aus. Sobald Jess ins Zimmer trat, erstarrte er und folgte ihren Bewegungen mit seinen schlangenhaften Augen. Ganz langsam richtete er sich auf, als wollte er gleich zuschlagen. Aber dann sank er wieder lässig in sich zusammen und spreizte weit und herausfordernd seine Beine. »Hey, so gefällt mir Ihr Haar«, sagte er zu Jess und kratzte sich dabei träge an der Innenseite eines Schenkels. »Naß steht Ihnen. Das muß ich mir merken.«
»Halten Sie die Klappe, Rick«, befahl Don, der Jess in den Raum folgte. »Und setzen Sie sich gerade hin.«
Rick Ferguson richtete sich auf, bis er halbwegs gerade saß, ließ jedoch seine Beine weiterhin gespreizt. Das lange Haar hing ihm lose auf die Schulter. Mit einer automatischen Handbewegung strich er es sich hinter die Ohren. Jess bemerkte einen Ohrring in seinem linken Ohr.
»Ist der neu?« fragte sie und wies auf den kleinen goldenen Ring.
»Sie sind echt eine gute Beobachterin, Jess«, stellte Rick Ferguson fest. »Ja, der ist neu. Eine neue Tätowierung hab ich auch. Die Waage der Gerechtigkeit.« Er lachte. »Auf meinem Hintern. Möchten Sie sie sehen?«
»Hören Sie auf mit dem Quatsch, Rick«, fuhr Don ihn ärgerlich an.
Rick Ferguson sah ihn erstaunt an. »Hey, was regen Sie sich so auf? Sie sind mein Anwalt, oder wissen Sie das nicht mehr?«
»Nicht mehr lange, wenn Sie so weitermachen.«
»Hey, Mann, was geht hier eigentlich vor?« Sein Blick flog schnell zwischen Don und Jess hin und her. »Haben Sie vielleicht was mit der hübschen Staatsanwältin?«
»Sie haben versprochen, Ms. Koster einige Fragen zu beantworten«, sagte Don in scharfem Ton. »Ich sage es Ihnen, wenn etwas kommt, das Sie meiner Meinung nach besser nicht beantworten sollten.«
»Hey, mein Leben ist ein offenes Buch. Schießen Sie los, Frau Staatsanwältin.
»Haben Sie Connie DeVuono getötet?« fragte Jess sogleich.
»Nein.«
»Wo waren Sie an dem Tag ihres Verschwindens?«
»Was war das für ein Tag?«
Sie nannte ihm das genaue Datum und die geschätzte Zeit.
Rick Ferguson zuckte die Achseln. »Ich glaub, ich war zu Hause bei meiner Mutter. Der ging’s damals gerade nicht so gut.«
»Wo arbeiten Sie?«
»Das wissen Sie doch.«
»Beantworten Sie die Frage.«
»Fragen Sie mich etwas netter.«
Jess warf Don einen Blick zu.
»Beantworten Sie die Frage, Rick. Sie haben versprochen zu kooperieren.«
»Deswegen braucht sie noch lange nicht so unhöflich zu sein.« Rick Ferguson rieb sich mit einer
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