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Schauen sie sich mal diese Sauerei an

Schauen sie sich mal diese Sauerei an

Titel: Schauen sie sich mal diese Sauerei an Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Nießen
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mittlerweile schon etwas lauter - ebenfalls aus Herrn Schwarz. Hein: »Wann fingen die Probleme denn an?« Herr Schwarz: »Vor sechs Tagen.« Ich: »Und wann waren Sie beim Hausarzt?« Herr Schwarz: »Vor fünf Tagen.« Hein: »Und warum rufen Sie dann ausgerechnet heute, nach fünf Tagen, mitten in der Nacht den Rettungsdienst?« Ich schaute nochmals auf die Einweisung, und tatsächlich lag das Ausstellungsdatum fünf Tage zurück. Heins Frage war aus meiner Sicht völlig berechtigt, auch wenn ich keine befriedigende Antwort erwartete. Natürlich bedurfte die Verdachtsdiagnose der klinischen Abklärung und gegebenenfalls fachärztlicher Behandlung - aber dann doch bitte auch zeitnah und nicht nach fast einer Woche. Und musste Herr Schwarz wirklich mit dem Rettungswagen in ein Krankenhaus? Vielleicht hätte es auch ein Krankenwagen oder gar ein Taxi getan. Nach Heins Frage war die zwischenmenschliche Ebene leicht gestört. Herr Schwarz empörte sich lautstark darüber, dass wir schließlich dafür bezahlt würden, ihn ins Krankenhaus zu fahren. Er spende jeden Monat für das DRK, und was uns Zivischnöseln im Übrigen überhaupt einfallen würde. Heins Gemütszustand wechselte sichtbar zwischen dem Pflichtbewusstsein, diesen Einsatz irgendwie professionell abzuwickeln, und dem Wunsch, Herrn Schwarz die Scheiße buchstäblich aus dem Arsch zu prügeln. Prrröööööött - jetzt wurde es dramatisch, das Fassungsvermögen des Lodenmantels war erschöpft. Mir wurde übel. Ich möchte damit sagen, langsam, aber sicher wurde die Luft im Eingangsbereich von WE 14 unerträglich, ein pelziger Belag legte sich auf meine Geschmacksknospen. Genauso unerträglich wie der Geruch derartiger Blähungen ist das Anspruchsdenken einzelner Mitmenschen. Wegen einer Reihe störender Blähungen war nach fünf Tagen Latenzzeit ein Rettungswagen mit Blaulicht und Martinshorn mitten in der Nacht durch die halbe Stadt gefahren. Dass Herrn Schwarz die Nachtruhe von Rettungsdienstmitarbeitern wenig interessierte, war nach kurzem Kennenlernen geklärt, aber denken Sie als Leser doch mal an sich selbst - wer wird denn wach, wenn der Rettungsdienst mit Tatütata durch die Nacht kutschiert? Oder wie wäre es mit folgendem Gedankenexperiment: Sie fassen sich in Todesangst an die Brust und denken: Scheiße, Herzinfarkt, rufen in der Hoffnung auf schnelle Hilfe den Rettungsdienst, der auch nach circa neunzig Minuten eintrifft und Ihnen erklärt, wir wären gerne schneller gekommen, aber heute hatten wir viele Patienten mit Blähungen. Da hätten Sie doch sicher Verständnis. Patienten wie unser Herr Schwarz führen die Leistungsfähigkeit von Rettungsdienstsystemen an ihre Grenzen - hier wird zu jeder Tages- und Nachtzeit eine extrem teure Dienstleistung für Belanglosigkeiten in Anspruch genommen, die andere Mitmenschen dringender brauchen. Machen Sie sich doch mal schlau, wie viele Rettungswagen Ihre Stadt oder Ihr Kreis zur Verfügung stellt - aber erschrecken Sie nicht... Um den Einsatz voranzutreiben, fragte ich unseren liebenswürdigen Patienten, was denn in den vergangenen fünf Tagen im Sinne der Genesung unternommen worden war. Eine detailreiche Schilderung von der Einnahme bis zur Wirkung verschiedener Abführmittel rundete meine Übelkeit ab. Der Schlusssatz war besonders nett. Nicht ohne Stolz erwähnte Herr Schwarz: »Ich hab in einer Nacht drei Laken vollgeschissen!« Hein stand mit offenem Mund da, entweder, um nicht durch die Nase atmen zu müssen, oder immer noch fassungslos, im Angesicht der Unverfrorenheit unseres Patienten. Ich wollte nur noch weg. Schnell. Die Lösung: Patient einpacken und fahren. Nix mit Patientenbefragung, Krankengeschichte oder Untersuchung der Kreislaufsituation - einfach weg. Da die Verdachtsdiagnose nur klinisch bestätigt werden konnte, mussten wir unser olfaktorisches Schätzchen auf jeden Fall ins Krankenhaus transportieren - den Transport ablehnen durften wir aufgrund der Einweisung sowieso nicht. Was mich aber tröstete: Bis zum Schichtwechsel im Krankenhaus würde Herr Schwarz erst mal tatenlos auf dem Flur der Notaufnahme sitzen. Da konnte er dann darüber nachdenken, ob er nicht schon zwölf Stunden früher hätte anrufen sollen. »Tja, Herr Schwarz, bevor Sie mir hier mit Darm Verschluss unter den Händen wegsterben, machen wir uns lieber sofort auf den Weg«, unterbrach ich die Stille. Herr Schwarz antwortete: »Ich sag doch, wir können!« - Prrröööööött. Hein murmelte leise: »Ich glaube

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