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Scheherazade macht Geschichten

Titel: Scheherazade macht Geschichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Shaw Gardner
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Überraschung in ihrer Stimme nicht unterdrücken. Erst in diesem Moment ging ihr auf, daß sie den Palast ohne einen einzigen Dinar in der Tasche verlassen hatte.
    »Händler müssen anpassungsfähig sein«, erwiderte Hassan, als er ihre Unsicherheit bemerkte. »Ihr müßt nicht unbedingt mit Geld bezahlen. Wir könnten auch ein wenig um das Gold feilschen, das Ihr um Eure Hand- und Fußgelenke tragt, ganz zu schweigen von all den wertvollen Steinen, die in Euer Haar geflochten sind.«
    Ah, ja. Ohne Zweifel war einer der Nachteile, die das Leben in einem prunkvollen Palast mit sich brachte, der, daß man gewisse Dinge als selbstverständlich betrachtete und sie vergaß. Sie lächelte den Händler freundlich an, als hätte sie von Anfang an einen solchen Tauschhandel im Sinn gehabt.
    »Nun gut.« Hassan erwiderte ihr Lächeln. »Ihr habt mich mit Eurer Offenheit und Eurem Charme tief berührt. Und da ich merke, daß Ihr eine Frau seid, die den Wert eines Dinars zu schätzen weiß, bin ich bereit, Euch diesen Teppich für kaum mehr zu überlassen, als ich selbst dafür bezahlt habe. Sagen wir zweihundertfünfzig Dinare?«
    In diesem Augenblick erinnerte sich Scheherazade an Omars Anweisungen. »Es tut mir leid«, sagte sie, »aber ich kann nicht mehr als fünfzig Dinare für diesen Teppich ausgeben.«
    »Fünfzig?« rief der Händler ungläubig. »Ja, wünscht Ihr Euch denn nicht nur meinen Hungertod, sondern auch den meiner Frau und meiner fünf kleinen Kinder? Sicherlich habe ich es versäumt, Euch den Wert dieses herrlichen Teppichs richtig vor Augen zu führen. Aber ich sage Euch, da es ein so ruhiger Markttag ist, kann ich vielleicht einmal ein Opfer bringen und etwas weniger Essen auf den Tisch stellen. Zweihundert Dinare, und er gehört Euch!«
    »Es tut mir leid«, beharrte Scheherazade, »aber fünfzig Dinare ist mein letztes Wort.« Sollte er ihr denn nicht den Weg zur Alten Weisen weisen? Immerhin drängte die Zeit. Jeden Augenblick konnte ein neuer Trupp Soldaten auftauchen.
    Der Händler klopfte sich seitlich an den Kopf. »Sicher habe ich etwas in meinen Ohren! Ich könnte schwören, Ihr habt schon wieder fünfzig Dinare gesagt. Kommt Ihr denn aus einem so fernen Land, daß Ihr nicht wißt, wie man richtig feilscht? Ihr hättet aus Respekt vor meiner Ware zumindest fünfundsiebzig bieten müssen. Aber ich sage Euch etwas. Ich werde Euch noch eine Chance geben, obwohl ich dann drei meiner Kinder wohl ohne Essen ins Bett schicken muß. Einhundertundfünfzig Dinare!«
    Scheherazade sah nach links und nach rechts. Hatte sie da nicht gerade den Ruf ›Platz da! Aus dem Weg!‹ vernommen? Sie drehte sich wieder zu dem Händler um und sagte mit fester Stimme: »Es tut mir leid, aber alles, was ich Euch bieten kann, sind fünfzig Dinare .«
    »Fünfzig Dinare!« schrie Hassan und faßte sich an sein Herz. »Warum jagt Ihr mir nicht gleich einen Dolch zwischen die Rippen? Das Ergebnis wäre das gleiche!«
    Ja, Scheherazade war sich recht sicher, über dem lauten Treiben auf dem Marktplatz die Rufe der Palastwache gehört zu haben. Sie beugte sich zu dem Händler hinüber. »Könnte es sein, daß es hier in der Nähe noch einen Hassan gibt, der Teppiche verkauft?«
    Doch auf solch einfache Fragen reagierte Hassan schon gar nicht mehr. »Fünfzig Dinare!« rief er aufgebracht. »Fünfzig Dinare! Fünfzig schäbige... Einen Moment mal. Könnte es sein, daß Ihr die Alte Weise sehen wollt?«
    »Ja, genau«, antwortete Scheherazade.
    Der Händler vergrub sein Gesicht in den Händen. »Warum sagt Ihr das denn nicht gleich? Wie ich dieses Losungswort-Getue hasse! Beeilt Euch! Sie sitzt hinten im Laden, hinter jenem Teppichstapel dort. Bedenkt aber, daß Euch hier ein wirklich feines Stück Gewebe durch die Lappen geht.«
    Scheherazade dankte ihm überaus freundlich und eilte rasch in die Richtung, die ihr der Händler angegeben hatte. Sie wußte, daß sie ihrem Ziel nahe war, als sie eine heulende Stimme hörte.
    »Das kann nur... craigshawgard... Scheherazade sein, nicht wahr?«
    Offensichtlich litt diese Alte Weise infolge ihrer Visionen unter denselben seltsamen Anwandlungen wie die andere alte Frau im Palast. Scheherazade zog einen Teppich zur Seite, der als Abtrennung zum hinteren Teil des Ladens diente.
    »Ja«, stimmte sie zu, »ich...«
    »Natürlich?« sagte die Alte Weise. »Du wurdest... robertaspri... von der Alten Weisen zu mir gesandt!«
    Es dauerte eine Weile, bis Scheherazades Augen sich an das

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