Scheidung auf Griechisch
Liebhaber, auch nach drei Jahren wie ein rotes Tuch auf ihn gewirkt hatte. Dabei hatte es ihn im Grunde nicht überrascht. Isobel war jung, unbekümmert, bildschön und begehrenswert. Dass sie mit anderen Männern schlief, war das Natürlichste von der Welt. Damit hatte er sich abzufinden, auch wenn er mit ihr verheiratet war.
Ich will mich aber nicht damit abfinden!, musste er sich eingestehen. Natürlich bestand die Ehe nur noch auf dem Papier. Trotzdem war er altmodisch genug, um von Isobel zu erwarten, dass sie sich an ihren Treueschwur hielt.
Wie dumm das war, wusste er mittlerweile selbst. Doch auch diese Einsicht konnte die Bitterkeit, die er empfand, nicht mildern.
“Sie scheint ja ziemlich hart zugeschlagen zu haben.” Takis erkannte schon von weitem, was sich zugetragen hatte. “Ich nehme an, du hast dir die Ohrfeige redlich verdient.”
Das kann man wohl sagen, dachte Leandros verbittert und schenkte sich einen doppelten Whisky ein. “Ist Isobel schon gegangen?”, erkundigte er sich.
“Ich würde es eher geflohen nennen”, erwiderte sein Anwalt.
“Hat sie noch etwas gesagt?”
“Nur, dass sie mit allem einverstanden ist”, berichtete Takis. “Wir sollen die Papiere aufsetzen und ihr ins Hotel bringen, damit sie unterschreiben kann. Wenn du klug bist, solltest du dich beeilen. Sonst ändert sie ihre Meinung noch und macht dir mehr Schwierigkeiten, als dir lieb sein kann.”
“Sie hat zugegeben, dass sie mit dem Dreckskerl ins Bett geht!”, platzte Leandros verzweifelt heraus.
“Das kann dir nur recht sein”, meinte Takis wenig einfühlsam. “Umso weniger Recht hat sie, irgendwelche Forderungen zu stellen. Dass du dich scheiden lassen willst, um eine andere zu heiraten …”
“Wer hat dir das denn erzählt?”, unterbrach Leandros ihn wütend.
“Die Spatzen pfeifen es doch von den Dächern”, erwiderte Takis ausweichend.
“Das sind nichts als Gerüchte”, entgegnete Leandros. Aber wer mochte sie in die Welt gesetzt haben? Seine Mutter? Chloe? Oder sollte Diantha selbst …?
Nein, verwarf er den Gedanken. Diantha würde nie zu Klatsch und Tratsch beitragen. “Zum Glück bleibt Isobel nicht lange in Athen. Die Gerüchte dürften also kaum bis zu ihr dringen”, sagte er mehr zu sich selbst als zu Takis.
“Sie weiß es bereits”, lautete die niederschmetternde Antwort. “Ihr Anwalt hat mich auf Diantha Christophoros angesprochen, bevor er Isobel gefolgt ist.”
Einen Moment fürchtete Leandros, den Glauben an sich selbst zu verlieren. Sie
kann
es gar nicht wissen, versuchte er sich einzureden. Schließlich habe ich mit niemandem darüber gesprochen!
“Der Kerl ist besser informiert, als uns lieb sein kann”, fuhr Takis nicht ohne Respekt für den jungen Kollegen fort. “Zum Beispiel weiß er, dass Diantha dich auf deiner Yacht besucht hat. Er hat unverhohlen damit gedroht, sie als Zeugin zu laden, falls es zu einer Gerichtsverhandlung kommen sollte. Welchen Skandal das auslösen würde, brauche ich dir nicht zu sagen.”
Leandros hörte kaum zu, weil er viel zu sehr damit beschäftigt war, sich den Gesichtsausdruck in Erinnerung zu rufen, mit dem Isobel das Konferenzzimmer betreten hatte. Wie konnte ich nur so blind sein?, fragte er sich. Die unbändige Wut auf ihn, der Hass, der verzweifelte Wunsch, ihn in Stücke zu reißen – all das hatte ihr doch im Gesicht geschrieben gestanden.
Auch die Gründe dafür waren ihm plötzlich klar. Wenn Isobel sich ungerecht behandelt fühlte, erwachte die Kämpferin in ihr, und auf Verletzungen reagierte sie instinktiv damit, dass sie die Krallen ausfuhr. Nun schien sie anzunehmen, dass er sich scheiden lassen wollte, weil sie ihm als Ehefrau nicht gut genug war. Und das war die denkbar größte Beleidigung, die man ihr antun konnte. So gesehen, war ihre Reaktion noch überaus harmlos ausgefallen.
“Rückblickend ist es mehr als unklug, dass ihr damals keinen Ehevertrag abgeschlossen habt”, sagte Takis, ohne zu merken, dass ihm niemand zuhörte.
Denn um sich keine falschen Hoffnungen zu machen, suchte Leandros verzweifelt nach Gründen, die seine Annahme bekräftigen konnten. Erst als sein Blick auf den Ehering an seiner rechten Hand fiel, erinnerte er sich daran, dass die Beweise noch immer auf seinem Schreibtisch lagen.
Selbst von der Bar aus konnte er den Ehering und den Umschlag erkennen, die Isobel dort zurückgelassen hatte. Auch wenn sie seit drei Jahren getrennt lebten, hatte Isobel den Ring bis zum heutigen Tag
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