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Scheintot

Scheintot

Titel: Scheintot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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wollten. Dass sie nach Boston gekommen waren, um sich mit mir zu treffen.«
    »Und das bringt uns zu der Frage, die mich hierher geführt hat.« Sie beugte sich zu ihm vor. »Warum Sie? Die haben Ihren Namen doch nicht aus dem Hut gezogen. Joe war vielleicht psychisch labil, aber er war intelligent. Ein besessener Leser von Zeitungen und Zeitschriften. Irgendetwas aus Ihrer Feder muss seine Aufmerksamkeit erregt haben.«
    »Ich kenne die Antwort auf diese Frage. Barsanti hat praktisch die Katze aus dem Sack gelassen, als er mich nach einem Artikel fragte, den ich Anfang Juni geschrieben habe. Über die Ballentree Company.«
    Sie verstummten beide, als eine Mitarbeiterin auf dem Weg zur Kaffeemaschine an ihnen vorbeikam. Während sie warteten, bis sie ihre Tasse gefüllt hatte, wendeten sie den Blick nicht voneinander. Erst als die Frau wieder außer Hörweite war, sagte Maura: »Zeigen Sie mir den Artikel.«
    »Er müsste in LexisNexis sein. Ich werde mal rasch reingehen.«
    Er schwang seinen Stuhl zum Computer herum, rief die Pressesuchmaschine auf, gab seinen Namen ein und klickte auf SUCHEN.
    Der Bildschirm füllte sich mit Einträgen.
    »Jetzt muss ich nur noch das richtige Datum finden«, sagte er, während er über die Seite scrollte.
    »Ist das alles, was Sie je geschrieben haben?«
    »Ja, da ist wahrscheinlich sogar noch das Zeug aus meinen Bigfoot-Tagen drin.«
    »Wie bitte?«
    »Nach der Journalistenschule musste ich einen Riesenberg an Studiendarlehen zurückzahlen. Da hab ich alles angenommen, was ich kriegen konnte, unter anderem auch den Auftrag, über einen dieser Yeti-Kongresse drüben in Kalifornien zu berichten.« Er sah sie an. »Ich geb’s zu, ich war ein erbärmlicher Lohnschreiberling. Aber ich hatte schließlich Rechnungen zu bezahlen.«
    »Und inzwischen sind Sie ein seriöser Journalist?«
    »Na ja,
so
weit würde ich nun auch wieder nicht gehen …«
    Er hielt inne und klickte einen Eintrag an. »Okay, das ist der Artikel«, sagte er. Er stand auf und bot ihr seinen Stuhl an.
    »Das habe ich damals über Ballentree geschrieben.«
    Sie setzte sich auf seinen Platz und konzentrierte sich auf den Text, der auf dem Monitor erschienen war.
    Krieg ist Profit: Bombengeschäft für Ballentree.
    Trotz der allgemeinen Flaute in der US-Wirtschaft gibt es eine Branche, die noch immer satte Gewinne einfährt. Der Rüstungsriese Ballentree angelt sich einen Auftrag nach dem anderen, als ob der Markt sein privater Forellenteich wäre …
    »Ich muss wohl nicht eigens betonen«, sagte Lukas, »dass Ballentree über diesen Artikel nicht gerade hocherfreut war. Aber ich bin nicht der Einzige, der so etwas schreibt. Die gleiche Kritik wurde auch von anderen Journalisten geäußert.«
    »Aber Joe hat sich für Sie entschieden.«
    »Vielleicht lag es am Zeitpunkt meiner Veröffentlichung. Vielleicht hat er rein zufällig an diesem Tag die
Tribune
gekauft, und da war er – mein Artikel über den bösen Riesen Ballentree.«
    »Darf ich sehen, was Sie sonst noch so geschrieben haben?«
    »Bitte sehr.«
    Sie wandte sich wieder der Liste seiner Artikel auf der LexisNexis-Seite zu. »Sie sind ja sehr produktiv.«
    »Ich schreibe seit über zwanzig Jahren, und ich habe von Bandenkriegen bis hin zur Schwulenehe schon so ziemlich jedes Thema abgedeckt.«
    »Nicht zu vergessen Bigfoot.«
    »Erinnern Sie mich nicht daran.«
    Sie scrollte über die erste und die zweite Seite mit Einträgen und ging dann weiter zur dritten. Dort hielt sie inne.
    »Diese Artikel sind aus Washington.«
    »Habe ich Ihnen das nicht erzählt? Ich war auch mal als Korrespondent für die
Tribune
in Washington. Hab’s da aber nur zwei Jahre ausgehalten.«
    »Warum?«
    »Es hat mir dort überhaupt nicht gefallen. Und ich geb’s zu, ich bin ein geborener Yankee. Nennen Sie mich einen Masochisten, aber mir haben die neuenglischen Winter gefehlt, also bin ich letzten Februar wieder nach Boston gezogen.«
    »Was war Ihr Ressort in Washington?«
    »Alles. Hintergrundartikel. Politik, Verbrechen.« Er hielt inne. »Ein Zyniker würde vielleicht sagen, dass zwischen den beiden Letzteren kein Unterschied besteht. Ich schreibe allemal lieber über einen richtig spannenden Mordfall, als dass ich den ganzen Tag hinter irgendeinem geschniegelten Senator herlaufe.«
    Sie sah ihn über die Schulter an. »Hatten Sie je mit Senator Conway zu tun?«
    »Natürlich. Er ist schließlich einer unserer beiden Senatoren hier aus Massachusetts.« Er schwieg einen

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