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Scheintot

Scheintot

Titel: Scheintot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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habe von diesem speziellen Fall gehört.«
    Er schlug eine andere Seite in seinem Notizbuch auf.
    »Springfield, Ohio, 1989. In einem Pflegeheim wird eine Frau für tot erklärt und in ein Beerdigungsinstitut überführt. Dort liegt sie auf dem Tisch, der Bestatter will gerade mit der Einbalsamierung beginnen. Da fängt die Leiche plötzlich an zu reden.«
    »Sie kennen sich ja gut aus mit dem Thema.«
    »Weil es ein faszinierendes Thema ist.« Er blätterte weiter in seinem Notizbuch. »Gestern Abend habe ich einen Fall nach dem anderen nachgeschlagen. Ein kleines Mädchen in South Dakota, das im offenen Sarg aufwachte. Ein Mann in Des Moines, dem tatsächlich der Brustkorb aufgeschnitten wurde. Erst danach stellt der Pathologe plötzlich fest, dass das Herz des Mannes noch schlägt.« Lukas sah Maura an. »Das sind keine modernen Ammenmärchen. Das sind dokumentierte Fälle, und es sind nicht wenige.«
    »Ich will ja gar nicht behaupten, dass so etwas nie vorkommt, denn offensichtlich ist es ja passiert. Scheintote sind in Leichenschauhäusern aufgewacht. Alte Gräber wurden geöffnet, und man hat an der Unterseite der Sargdeckel Kratzspuren gefunden. Allein die Möglichkeit, dass so etwas passieren könnte, hat manche Sarghersteller dazu veranlasst, Särge mit einem eingebauten Sender anzubieten, mit dem sich ein Notruf absetzen lässt. Für den Fall, dass man lebendig begraben wird.«
    »Wie beruhigend.«
    »Ich gebe also zu, dass es passieren kann. Sicher haben Sie auch schon von dieser Theorie über Jesus gehört. Dass die Auferstehung Christi gar keine echte Auferstehung war; dass er lediglich lebendig begraben wurde.«
    »Wieso ist es so schwer, zu bestimmen, ob jemand wirklich fot ist? Sollte das nicht eindeutig festzustellen sein?«
    »Das ist es manchmal eben nicht. Ein Mensch, der stark unterkühlt ist, weil er lange im Freien oder im Wasser gelegen hat, hat oft täuschende Ähnlichkeit mit einer Leiche. Unsere unbekannte Frau wurde im kalten Wasser gefunden. Und es gibt gewisse Drogen, die die Vitalzeichen verdecken können, so dass es sehr schwierig ist zu erkennen, ob die Person atmet oder einen Puls hat.«
    »Romeo und Julia. Das Elixier, das Julia getrunken hat, um ihren Tod vorzutäuschen.«
    »Ja. Ich weiß nicht, was das für ein Elixier war, aber ein solches Szenario wäre durchaus denkbar.«
    »Welche Drogen können so etwas bewirken?«
    »Barbiturate zum Beispiel. Sie können zu einer Atemdepression führen und die Feststellung, ob eine Person noch atmet, sehr erschweren.«
    »Das ist doch auch bei dem Toxikologie-Screening der unbekannten Frau herausgekommen, nicht wahr? Phenobarbital.«
    Sie runzelte die Stirn. »Von wem haben Sie das gehört?«
    »Von meinen Quellen. Es stimmt doch, oder?«
    »Kein Kommentar.«
    »Ist sie in psychiatrischer Behandlung gewesen? Warum sollte sie eine Überdosis Luminal nehmen?«
    »Wir kennen noch nicht einmal den Namen der Frau, geschweige denn ihre psychiatrische Krankengeschichte.«
    Er betrachtete sie eine Weile, und sein Blick war so durchdringend, dass er ihr Unbehagen verursachte. Dieses Interview ist ein Fehler, dachte sie. Noch vor wenigen Minuten war ihr Peter Lukas als höflicher und ernsthafter Journalist erschienen, der diese Geschichte mit dem nötigen Respekt behandeln würde. Aber die Richtung, die seine Fragen nahmen, beunruhigte sie. Er hatte sich auf dieses Treffen sehr gründlich vorbereitet und kannte sich bestens aus mit ebenjenen Details, auf die sie am allerwenigsten eingehen wollte; mit jenen Details, die seine Leser am meisten fesseln würden.
    »Soweit ich weiß, wurde die Frau gestern Morgen aus der Hingham Bay gezogen«, sagte er. »Die Feuerwehr von Weymouth war als Erster vor Ort.«
    »Das ist richtig.«
    »Wieso wurde die Gerichtsmedizin nicht hinzugezogen?«
    »Wir haben nicht das Personal, um bei jedem Leichenfund ausfahren zu können. Außerdem lag der Ort des Geschehens in Weymouth, und es gab keinerlei Anzeichen dafür, dass ein Verbrechen vorlag.«
    »Und diese Feststellung wurde von der Staatspolizei getroffen?«
    »Der Ermittler war der Ansicht, dass es sich sehr wahrscheinlich um einen Unfall handelte.«
    »Oder vielleicht um einen Selbstmordversuch? Wenn man an das Resultat des Drogenscreenings denkt?«
    Sie sah keinen Sinn darin zu leugnen, was er ohnehin schon wusste. »Sie könnte eine Überdosis genommen haben, ja.«
    »Eine Überdosis Barbiturate. Und ein Körper, der durch das Liegen im kalten Wasser ausgekühlt

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