Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Scheintot

Scheintot

Titel: Scheintot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
Vom Netzwerk:
die sich JCS Conplan 0300-97 nennt. Sie bevollmächtigt das Pentagon, militärische Antiterroreinheiten innerhalb unserer Landesgrenzen einzusetzen, wenn die Situation es erfordert. Die Direktive ist so neu, dass sie in der Öffentlichkeit noch so gut wie unbekannt ist.«
    »Und das halten Sie für eine
gute
Idee?«
    »Wollen Sie meine ehrliche Meinung hören?« Der Senator seufzte. »Es jagt mir eine Heidenangst ein. Aber die Direktive ist rechtskräftig. Das Militär
kann
eingreifen.«
    »Und aus gutem Grund«, meinte Silver. »Falls Sie es noch nicht bemerkt haben sollten: Unser Land wird angegriffen. Das ist unsere einmalige Chance, dieses Nest auszuheben, bevor von dort ein Anschlag ausgehen kann. Bevor noch mehr Menschenleben gefährdet werden. Vom großen Ganzen her gesehen könnte sich diese Krise noch als ein glücklicher Zufall erweisen.«
    »Ein
glücklicher
Zufall?«
    Zu spät bemerkte Silver seine Taktlosigkeit. Er hob entschuldigend die Hände. »Es tut mir Leid, das war wirklich unmöglich von mir. Ich bin so voll und ganz auf meinen Auftrag konzentriert, dass ich manchmal einen regelrechten Tunnelblick bekomme.«
    »Der vielleicht auch Ihre Sicht auf die Dinge einengt.«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Sie sehen diese Geiselnahme und denken automatisch an Terrorismus.«
    »Ich muss die Möglichkeit in Betracht ziehen. Die
anderen
haben uns gezwungen, diese Haltung einzunehmen. Das dürfen Sie nicht vergessen.«
    »Unter Ausschluss aller anderen Möglichkeiten?«
    »Natürlich nicht. Es ist durchaus möglich, dass wir es nur mit zwei gewöhnlichen Spinnern zu tun haben; mit zwei Leuten, die sich der Festnahme zu entziehen versuchen, nachdem sie in New Haven diesen Streifenbeamten erschossen haben. Wir haben auch diese Erklärung in Betracht gezogen.«
    »Und dennoch konzentrieren Sie sich ganz auf die Terrorismusoption.«
    »Mr. Wynne besteht darauf. Er nimmt seine Aufgabe als Direktor der Nationalen Geheimdienstbehörde nun einmal sehr ernst.«
    Conway hatte Gabriel beobachtet und seine Reaktionen richtig gedeutet. »Ich sehe, dass Sie Ihre Probleme mit diesem Terrorismusansatz haben.«
    »Ich halte ihn für zu simpel«, sagte Gabriel.
    »Und wie lautet Ihre Erklärung? Was wollen diese Leute?«, fragte Silver. Er hatte sich in seinem Sessel zurückgelehnt und die langen Beine übereinander geschlagen; seine Hände ruhten locker auf den Armlehnen. Keine Spur von Anspannung in seinem schlaksigen Körper. Er interessiert sich gar nicht wirklich für meine Meinung, dachte Gabriel; sein Urteil steht schon fest.
    »Ich habe noch keine Antwort«, sagte Gabriel. »Alles, was ich habe, ist eine Reihe verwirrender Details, die ich mir nicht erklären kann. Deswegen habe ich Senator Conway angerufen.«
    »Welche Details?«
    »Ich habe mir vorhin die Obduktion des Wachmanns angesehen, der von der Geiselnehmerin erschossen wurde. Wie sich herausstellte, war er überhaupt nicht in der Klinik beschäftigt. Wir wissen nicht, wer er war.«
    »Wurden seine Fingerabdrücke überprüft?«
    »Er ist nicht in AFIS registriert.«
    »Das heißt, er ist nicht vorbestraft.«
    »Nein. Seine Fingerabdrücke tauchen in keiner der Datenbanken auf, die wir überprüft haben.«
    »Nicht von jedem Einwohner liegen Fingerabdrücke vor.«
    »Dieser Mann hat die Klinik mit einer Waffe betreten, die mit Duplexgeschossen geladen war.«
    »Das überrascht mich«, sagte Conway.
    »Was sind Duplexgeschosse?«, fragte Silver. »Ich bin nur ein einfacher Anwalt, Sie müssen mir das also bitte erklären. Von Waffen habe ich leider überhaupt keine Ahnung.«
    »Das ist ein Typ Munition, bei dem mehr als ein Geschoss in eine einzige Patronenhülse gepackt wird«, antwortete Conway. »Dadurch soll die tödliche Wirkung verstärkt werden.«
    »Ich habe gerade mit dem Ballistiklabor des Boston PD gesprochen«, sagte Gabriel. »Sie haben in dem Krankenzimmer eine Hülse sichergestellt. Es handelt sich um eine M-198.«
    Conway starrte ihn an. »US-Army-Ausrüstung. Nicht unbedingt das, was man bei einem Wachmann in einer Klinik erwarten würde.«
    »Bei einem
falschen
Wachmann.« Gabriel griff in seine Brusttasche und zog ein zusammengefaltetes Blatt Papier hervor. Er legte es auf den Couchtisch und strich es glatt.
    »Und hier ist das Detail, das mir zu denken gibt.«
    »Was ist das?«, fragte Silver.
    »Das ist die Skizze, die ich während der Obduktion angefertigt habe. Es ist eine Tätowierung auf dem Rücken des Toten.«
    Silver drehte das Blatt

Weitere Kostenlose Bücher