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Scheintot

Scheintot

Titel: Scheintot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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Wirbelsäule.«
    »Aber diese Wunde hier.« Er starrte auf das Gesicht hinunter. »Das war ein gezielter Todesschuss.«
    »Der Zugriffstrupp wollte offensichtlich auf Nummer Sicher gehen. Joseph Roke wurde auch mit einem Kopfschuss getötet.«
    »Hast du ihn schon obduziert?«
    »Dr. Bristol hat das übernommen. Er ist vor einer Stunde damit fertig geworden.«
    »Wieso diese Exekutionen? Sie waren doch schon ausgeschaltet. Wir waren
alle
ausgeschaltet.«
    Maura blickte von dem Lungengewebe auf, das tropfend auf der Schneidunterlage lag. »Sie hätten Sprengstoffgürtel am Körper tragen können.«
    »Es wurde aber nichts dergleichen gefunden. Diese Leute waren keine Terroristen.«
    »Das Befreiungskommando konnte das nicht wissen. Außerdem hatte man wohl gewisse Bedenken, was den Einsatz des Fentanylgases betraf. Du weißt, dass ein Fentanylderivat benutzt wurde, um die Geiselnahme im Moskauer Musicaltheater zu beenden?«
    »Ja.«
    »In Moskau hat es durch den Gaseinsatz mehrere Tote gegeben. Und hier hat man nun einen ähnlichen Wirkstoff verwendet, obwohl man es mit einer schwangeren Geisel zu tun hatte. Sie konnten ein ungeborenes Kind nicht über längere Zeit diesem Mittel aussetzen. Die Operation musste schnell und sauber durchgezogen werden. So haben sie es jedenfalls gerechtfertigt.«
    »Die Einsatzleitung behauptet also, diese Todesschüsse seien notwenig gewesen.«
    »Das hat man Lieutenant Stillman gesagt. Das Boston PD war an der Planung und Durchführung der Operation nicht beteiligt.«
    Gabriel wandte sich dem Leuchtkasten zu, an dem die Röntgenaufnahmen hingen, und fragte: »Sind die von Olena?«
    »Ja.«
    Er trat näher, um sie sich genauer anzusehen, und erkannte einen kommaförmigen hellen Bereich an der Schädelwand, dazu über die ganze Schädelhöhle verstreute Fragmente.
    »Das stammt alles von einem Querschläger im Schädelinneren.«
    »Und dieser c-förmige Schatten hier?«
    »Das ist ein Fragment, das zwischen Kopfhaut und Schädelknochen klemmt. Nur ein Stückchen Blei, das abgerissen wurde, als das Projektil den Knochen durchschlug.«
    »Wissen wir, welches Mitglied des Zugriffstrupps diesen Kopfschuss abgefeuert hat?«
    »Nicht einmal Hayder hat eine Liste der Namen. Als unsere Spurensicherer den Tatort in Augenschein nahmen, war der Zugriffstrupp wahrscheinlich schon auf dem Weg zurück nach Washington und damit für uns nicht mehr erreichbar. Sie haben alles eingesackt, bevor sie gingen. Waffen, Patronenhülsen und andere Beweisstücke. Sie haben sogar den Rucksack mitgenommen, den Joseph Roke dabeihatte, als er das Gebäude betrat. Uns haben sie nur die Leichen gelassen.«
    »So läuft das nun mal heutzutage, Maura. Das Pentagon ist befugt, Kommandoeinheiten in jede amerikanische Stadt zu entsenden.«
    »Ich will dir mal was sagen.« Sie legte das Skalpell ab und sah ihn an. »Das jagt mir eine Wahnsinnsangst ein.«
    Die Sprechanlage summte. Maura blickte auf, als die Stimme ihrer Sekretärin aus dem Lautsprecher drang: »Dr. Isles, Agent Barsanti ist wieder dran. Er möchte Sie sprechen.«
    »Was haben Sie ihm gesagt?«
    »Gar nichts.«
    »Gut. Sagen Sie einfach, ich rufe zurück.« Nach einer kurzen Pause setzte sie hinzu: »
Falls
ich irgendwann Zeit für ihn habe.«
    »Er wird allmählich richtig unverschämt.«
    »Dann müssen Sie auch nicht höflich zu ihm sein.«
    Maura sah Yoshima an. »Sehen wir zu, dass wir hier fertig werden, ehe wir wieder unterbrochen werden.«
    Sie griff tief in die offene Bauchhöhle und begann, die Organe daraus zu resezieren. Magen, Leber und Bauchspeicheldrüse, die scheinbar endlosen Schlingen des Dünndarms. Als Maura den Magen aufschnitt, fand sie keine Speisereste darin; nur etwas grünliches Sekret rann heraus und tropfte in die Schüssel. »Leber, Milz und Bauchspeicheldrüse im normalen Bereich«, vermerkte sie. Gabriel betrachtete den übel riechenden Berg von Eingeweiden in der Schüssel und ertappte sich bei dem verstörenden Gedanken, dass genau die gleichen schmierig glänzenden Organe sich auch in seinem Bauch verbargen. Als sein Blick auf Olenas Gesicht fiel, dachte er: Sobald man im wahrsten Sinne des Wortes unter die Haut geht, sieht auch die schönste Frau nicht anders aus als alle anderen. Ein Haufen Organe, verpackt in einer Hülle aus Haut und Knochen.
    »Aha.« Mauras Stimme klang gedämpft, als sie noch tiefer in die Bauchhöhle spähte. »Ich kann den Verlauf der anderen Geschosse erkennen. Sie sind hier an der Wirbelsäule

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