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Scheiss dich nicht an - Lebe

Scheiss dich nicht an - Lebe

Titel: Scheiss dich nicht an - Lebe Kostenlos Bücher Online Lesen
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Koma, bevor er hat bewegen können wieder seine Zehen und Ohrwascherln und ist er hinausgelatscht aus Grab wie frisch aufgezogene Roboter, sprich: Unsterblichkeit ist gut und schön als Traum, aber ist Illusion aus Sicht von Medizinmann, Unsterblichkeit ist mehr Frage von Glauben als von Wissen, ist mehr Ostern als Western, verstehst?“
    Das sind ja schöne Aussichten, hat sich der Biermösel gedacht, aber verstanden hat er natürlich nichts.
    Gänzlich ungeschützt robbt er jetzt also weiter zum Fenster hin und riskiert einen ersten Rundum-ad-hoc-Blick nach draußen auf die bedrohliche Lage. Übermütig und noch voll im Saft stehen die Rotzbuben von der Dörflichen Jugend da unten, mit reichlich Spinat in den dünnen Ärmchen, mit Kalzium in den Knochen und mit nichts als blöden Gedanken im depperten Schädel. Die Dörfliche Jugend ist ihm lieber als die Städtische Jugend, die verweichlicht ist wie ein Industriehenderl aus dem Stall vom Bauern Ruprecht, ihr Fleisch ist wässrig und rosafarben, die Rotzbuben von der Städtischen Jugend haben keine Spannkraft in den Muskeln, weil sie nur noch in den Ferien aus den katholischen Internaten in den fernen Städten zurück ins heimatliche Dorf kommen, und sie heißen dann Anton-Maria zum Beispiel, du heiliger Antonius, das kann der Biermösel überhaupt nicht leiden, wenn einer Maria heißt!
    Dass der Biermösel die Rotzbuben heute Früh versenkt hat, piratengleich, das verzeihen sie ihm natürlich nicht, jetzt wollen sie seinen Skalp. Nur geschlafen hat der Biermösel in der Gendarmerieschule ja auch nicht, als sie das Fach „Schuld und Sühne“ durchgenommen haben, die Geschichten von der Schuld und der Sühne waren ihm sogar immer die liebsten, das ganze Blut, die Feuersbrünste, die abgeschlagenen und auf dem Silbertablett servierten Schädel – herrlich!
    So alt ist er jetzt aber auch noch nicht, dass er sich kampflos den Schädel abschlagen lässt, nur weil er in der Früh ein bisserl übers Ziel hinausgeschossen hat. So verrostet hätten ihn die Rotzbuben gerne, dass er gleich die weiße Fahne hinaushängt und sich geschlagen gibt. Trotz Winterdreck und Schorf, trotz der Zottelhaare, die ihm ins Gesicht hängen, trotz alldem wird er seine alten Knochen noch einmal sortieren und den Nahkampf nicht scheuen:
    „Ihr könnt euch das freche Grinsen schon aus dem Gesicht wischen!“, schreit der Biermösel in der gewissen Vorfreude beim Fenster hinaus. „Ich werde euren Muttis gerne sagen, dass ihr die Abkürzung in Richtung Säurebad genommen habt, wenn ihr dann leider nicht mehr nach Hause kommt und sie sich wegen euch Sorgen machen!“
    Und dabei wird es ihm komplett wurscht sein, wenn dann wieder alle sagen werden: „Wie hat er denn so was tun können?“
    Na im frühlingshaften Überschwang!
    Der Biermösel säuft noch eine Flasche Schnaps, damit er während dem schweißtreibenden Kampf nicht ganz entwässert, und dann beobachtet er die weißhäutigen Rotzbuben da unten und schaut der Sonne zu, wie sie langsam rote Farbe über ihre dürren Schultern gießt; er sieht ihre schmalen Hühnerbrüste und aufgeschlagenen Knie, um die herum sich gierig die Fliegen scharen, und er denkt sich:
    Wie ich seht ihr aus! Wie ich als der kleine hoffnungsvolle Biermösel, der ich einmal war, verwegen und rotznasig und wilder und depperter noch als der Dschingis Khan. Wie ich seht ihr aus!
    „Oh süßes Schweinchen Jugend!“, jubiliert der Biermösel beim Anblick der Rotzbuben und strampelt sogar ein bisserl mit den Füßen, „ich werd dich noch einmal einfangen!“
    Er wird es den jungen ungezogenen Rotzlöffeln noch einmal zeigen, ist er jetzt überzeugt, wenn er die Anni drüben in Kaprun packen wird – Zielfernrohr einstellen, Stutzen füllen, Pulver zünden, und dann auf die Plätze, fertig machen, Feuer, los! Und jetzt, im Überschwang der Vorfreude, fällt ihm auch wieder ein, wie er mit vollem Namen heißt -
    „Gestatten: Stalinorgel mein Name. Stalinorgel Biermösel.“ Oh süßes Schweinchen Jugend!
    Wie der Biermösel dann weg will vom Fenster, um sich die Patronengurte umzuhängen und das Waffenarsenal in Stellung zu bringen, da bleibt er Zottelbär aber leider mit den Zottelhaaren hängen, und er verheddert sich im Holzboden wie der Zwerg im Märchen, na bumsti, denkt sich der Biermösel, ist denn auch bei ihm nicht mehr alles Gold, was schon früher nie geglänzt hat? Und wird er sich schon bald am Krückstock anhalten müssen anstatt an der

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