Scheiss dich nicht an - Lebe
Frühling freut, ohne Reis zwar als Beilage, dafür aber mit General-Jaruzelski-Brille.
Solange der Biermösel dann im Wald ist, halten die Bäume wenigstens den Hall von den donnernden Glocken im Tal fern. Kaum aber, dass er doch noch seinen Schädel aus den Baumwipfeln hinausstreckt und die Wälder hinter sich lässt, hört er schon wieder das elende Gebimmel aus der Bruchbude vom Pfarrer Hein, und er fragt sich, ob es nicht überhaupt das Beste gewesen wäre, wenn er anstatt dem Berg den Kirchturm bestiegen und ihn eigenhändig von oben bis unten abgetragen hätte, er fragt sich jetzt wirklich, ob das nicht überhaupt das Gescheiteste gewesen wäre.
Als der Biermösel die Baumgrenze dann endlich hinter sich lässt und seine einmalige Weißheit der tödlichen Höhensonne darbietet – schneller hat noch keiner einen Sonnenbrand gehabt! -, sieht er in hundert Meter Entfernung doch noch den selbst ernannten Charles Lindbergh gegen einen Felsen gelehnt. Wie ein trauriger einsamer Bär sitzt er da, der nichts mehr in seinem Honigglas hat, weil er alles alleine und vor allem viel zu schnell aufgefressen hat.
Hoffentlich kann der mir jetzt einen guten Grund nennen, wegen dem ich ihn da heroben besuche, hofft der Biermösel inständig, bevor er kurz vor dem Ziel noch einmal zusammenbricht und — weil er so fett geworden ist! — wie ein Stein die ganze Strecke wieder hinunterrollt, poing, poing, poing, wo er sich tapfer wieder sortiert und den Aufstieg von vorne beginnt.
Spätestens jetzt aber darf man sich den Biermösel als sehr unglücklichen Menschen vorstellen.
Jenseits der Baumgrenze
Dorthin, wo die äußeren Bedingungen selbst im Frühling kalt und abweisend sind, hat der Doktor Krisper sich in seinem Siebtberuf als Präsident des Österreichischen Gewichtheberverbandes zurückgezogen und alle seine Kandidaten für die Gewichthebermannschaft mit Ziel Olympia Peking 2008 für gestern vier Uhr früh (pünktlich!) zum Höhentrainingslager einberufen, die er nach folgenden Kriterien ausgewählt hat: Alter (jung!), Aussehen (gut!), Oberschenkelumfang (mächtig!) sowie Beschaffenheit ihrer Popotschiarschis in den tailliert geschnittenen Sporthosen aus Kunstfaser („Mmmhm, lecker!“). Und stark sollten sie natürlich auch sein!
Er hat also darauf gehofft, dass sich zum ersten Kennenlernen der lieben Kameraden einfinden würden:
Der Schlachterbursche Emmerich der Jüngere vom Schlachthof in Wels drüben, Abteilung Schwein, den er aus seiner ekelhaft blutigen Plastikschürze herausholen und in die sehr, sehr engen rot-weiß-roten Kunstfasersporthosen des österreichischen Nationalteams hineinstecken wollte. Mit ein paar Litern Fremdblut, ein paar Schuss Sauerstoff extra und ein bisschen Aspirin-C-Brause hätte er aus ihm einen unbezwingbaren Titanen geformt. Allerdings hat der Emmerich das Glas Hirschblut, das er ihm zur Begrüßung angeboten hat, rundheraus abgelehnt, als er gestern nach der Spätschicht auf einen Sprung vorbeigeschaut hat:
„Schweineblut ja, Hirschblut – nein danke!“, hat er gesagt. Und dahin ging seine Hoffnung Emmerich, hinunter ins Tal, zurück in den Schlachthof. Nur die Aspirin-C-Brause hat er genommen, „gegen den Föhn!“
„Ach!“, seufzt der Doktor Krisper, „der Emmerich war doch perfekt!“
Dann hat er seine ganze Hoffnung in den auch sehr knusprigen Eisenbiegerschnupperlehrling Wilfried von der ewigen Baustelle Kanaldeckelstraße gesetzt, der dort im Auftrag der Bundesregierung seit Jahr und Tag Kanaldeckel von einem Loch zum anderen schleppt, damit es wenigstens so aussieht, als wären für alle Löcher genug Deckel da. Mit seinen mächtigen und mächtig behaarten Armen hätte der Wilfried unbedingt das Zeug für einen Podestplatz gehabt, aber der Wilfried hatte seine Nerven nicht im Griff:
„Ein abgestürztes Flugzeug? Genau wie es der Pfarrer Hein prophezeit hat, Hilfe!“ Und sofort ist er wieder aus seinen engen Shorts herausgeschlüpft und in die sonntägliche Tracht zurückgesprungen, dabei hat er „Jubilate Deo!“ geschrien und sich zigmal bekreuzigt. So stark der Wilfried auch war – seine Angst vor dem Pfarrer Hein war letztlich stärker!
Dass der Hasenscharten-Ulf, der mit seinen angeblich weinfassdicken Oberarmen ein sicherer Gold-Tipp gewesen wäre, dann gar nicht aufgetaucht ist, das hat die grundsätzlich positive Stimmung vom Doktor Krisper auch nicht mehr getrübt. Er trägt ja immer sein Picknickkörbchen mit sich herum und in seinem
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