Schenk mir mehr als diese Nacht
Sebastian …
Sie musste ihn endlich vergessen!
Aber wie sollte sie das anstellen, wenn ihre Periode überfällig war? Anfangs hatte sie es auf den Stress und die Aufregung der letzten Wochen geschoben und sich immer wieder damit zu trösten versucht, dass Sebastian viel zu erfahren war, um etwas so Wichtiges wie Verhütung zu vergessen.
Doch dann erinnerte sie sich an das Gefühl nach ihrem letzten Liebesakt …
4. KAPITEL
„Sorg einfach nur dafür, dass es erledigt wird, Alain. Ich will nichts weiter davon hören.“ Sebastian steckte das Handy ein und unterdrückte den Impuls, den Seniormanager seines Pariser Hotels zurückzurufen, um sich bei ihm zu entschuldigen.
Schon seit Wochen benahm er sich gereizt wie ein angeschossenes Tier. Natürlich wusste er, warum das so war, doch das änderte leider nichts an den Auswirkungen. Im Rückspiegel der schweren Limousine begegnete sein düsterer Blick dem seines Chauffeurs. Zum Glück kannte der Mann ihn gut genug, um ihn nicht anzusprechen, wenn er in diesem Zustand war.
Londons City flog ungesehen an ihm vorbei, während Sebastian sich darauf konzentrierte, nicht an sie zu denken. Das würde alles nur noch schlimmer machen! Seit er aus Indien zurück war, beherrschte sie seine Träume und ließ ihn auch tagsüber nicht los. Und anstatt für ein wichtiges Meeting nach Mumbai zu fliegen, berief er eine viel weniger effektive Videokonferenz ein, als würde er es sich nicht einmal zutrauen, auch nur in der gleichen Stadt zu sein wie sie.
Unwillkürlich ballte er die Hände zu Fäusten.
Aneesa Adani hatte nichts mit den Frauen gemein, die er für gewöhnlich traf und nach einem kurzen Liebesscharmützel wieder in die Wüste schickte. Sie war noch unschuldig gewesen und hatte eine traumatische Zeit durchmachen müssen. Und sie lebte in Indien, wo sie auch verwurzelt war.
Aber sie hatte es als Einzige geschafft, seinen sorgfältig errichteten Panzer zu durchbrechen und ihm so nahe zu kommen wie sonst niemand. Und deshalb bedeutete sie eine ernste Gefahr.
Kurz nach seiner Rückkehr in London hatte Sebastian von Nathaniel erfahren, dass ihr gemeinsamer Halbbruder Jacob nach jahrelanger Abwesenheit unverhofft zu einer Premiere in einem Londoner Theater aufgetaucht war und Nathaniel damit fast zu Tode erschreckt hatte.
Nathaniel war in heller Panik von der Bühne gestürzt und hatte sich vor dem drohenden Presserummel auf Sebastians Privatinsel geflüchtet. Leider führte dieses kopflose Verhalten dazu, dass die Paparazzi, die sich um ihre Story betrogen sahen, wieder einmal in den alten Familienskandalen der Wolfes herumschnüffelten, zu denen auch das Geheimnis um ihre kranke Mutter gehörte.
Sebastian verstand sich eigentlich mit all seinen Halbgeschwistern, obwohl er sie so gut wie nie sah. Doch Nathaniel fühlte er sich am meisten verbunden.
Seinen ältesten Halbbruder hatte er seit Jahren nicht gesehen. Früher war Jacob für ihn der einzige Anker in der instabilen und dunklen Welt von Wolfe Manor gewesen. Sein großer Bruder, den er kritiklos anbetete. Mit zehn Jahren hatte Sebastian mehr erlebt und mit ansehen müssen als viele andere Kinder seines Alters. Dazu gehörte auch die Unterbringung seiner selbstmordgefährdeten Mutter in einem Heim für psychisch Kranke.
Unter seinen Geschwistern war er immer ein Einzelgänger geblieben, der allein darum kämpfte, dem zerstörerischen Einfluss seines ebenso charismatischen wie brutalen Vaters zu entkommen. Und als Jacob an einem besonders kritischen Punkt in Sebastians Leben ohne Vorwarnung aus Wolfe Manor verschwand, gab es in den folgenden Jahren niemanden mehr, der sich genügend für ihn interessierte, um ihn aus seiner Isolation zu befreien.
Nach Jacobs Weggang dauerte es nicht lange, bis die Wolfe-Geschwister sich in alle Welt zerstreuten. Sebastian verbarg seinen Schmerz über Jacobs offensichtliche Zurückweisung tief in seinem Herzen. Doch sein gesamtes Denken und Handeln beherrschten fortan nur zwei Gedanken: unbedingten Erfolg zu haben und sich nie wieder so fest an einen Menschen zu binden, dass dieser ihn verletzen konnte.
Beides war ihm bis vor Kurzem beeindruckend gut gelungen.
Jetzt drohte Jacobs unvermutete Rückkehr alte Wunden aufzureißen und unwillkommene Emotionen wachzurufen. Darum hatte Sebastian bisher auch jede Begegnung mit ihm vermieden.
Doch nun hatte er zugestimmt, Nathaniel sein Londoner Hotel für dessen bevorstehende Hochzeitsfeier zur Verfügung zu stellen. Und zu der Feier
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