Schenk mir nur diese eine Nacht (German Edition)
emotionale Ebene. Vermutlich hielt er sie für eine Spinnerin, was sie ihm nicht verübeln konnte. Sie hatte die Verlobung mit Gerard aufgelöst, weil sie sich nicht liebten. Und nun fuhr sie zwei Wochen mit einem Mann über See, der sie nie lieben würde.
Nicht, dass sie in Demetrios verliebt wäre.
Aber gleichgültig war er ihr auch nicht.
Sie … bewunderte ihn. Der Schwarm ihrer Jugend hatte auch in der Realität seine Qualitäten als Traummann unter Beweis gestellt. Sein Engagement mit Franck hatte sie tief beeindruckt. Und auch ihr gegenüber war er bis jetzt mehr als korrekt gewesen.
Aber sie war nicht in ihn verliebt. Noch nicht.
Und so weit wird es auch nicht kommen, versuchte Anny sich zur Vernunft zu rufen.
Demetrios hatte ihr unmissverständlich seine Position deutlich gemacht, und damit musste sie sich abfinden. Auch wenn seine Worte ihr zugegebenermaßen einen kleinen Stich versetzt hatten.
Die zwei Wochen auf der Jacht waren die perfekte Chance, um fernab von ihrem normalen Umfeld Bilanz zu ziehen. Die Entscheidung, Gerard nicht zu heiraten, war die richtige gewesen – das hatte ihr die leidenschaftliche Nacht mit Demetrios sonnenklar vor Augen geführt. Blieb jetzt abzuwarten, was die Zukunft brachte.
„Hey, Prinzessin, mach die Leinen los.“ Demetrios’ Kommando riss sie aus ihrer Träumerei.
Anny kletterte flink von Bord, machte die Taue los und sprang wieder an Deck. Als sie das Brummen des Motors hörte und die Jacht sich langsam in Bewegung setzte, wurde ihr bewusst, dass sie im wahrsten Sinne des Wortes den sicheren Hafen verließ. Die frische Morgenbrise und der unverwechselbare Meeresgeruch versetzten sie umgehend in eine freudige Erregung.
Zwei Wochen allein mit Demetrios Savas auf einem Schiff zu verbringen war das, was ihrer Vorstellung vom Paradies am nächsten kam. Doch sollte sie sich – entgegen aller Vorsätze – in ihn verlieben, würde diese Fahrt zur Hölle werden.
6. KAPITEL
Malena Savas, Demetrios’ Mutter, kannte die Eigenarten ihrer Kinder in- und auswendig und hatte für alle Familienmitglieder treffende Beinamen gefunden. Theo, der Älteste, war ‚der Einzelgänger‘, George, der Physiker, wurde ‚die Intelligenzbestie‘ genannt, während Yiannis als ‚kleiner Naturforscher‘ bekannt war, weil er ständig Schlangen und Eulen mit gebrochenen Flügeln nach Hause brachte. Tallie war natürlich das ‚Nesthäkchen‘.
Und wenn man Malena Savas nach Demetrios, den mittleren der Geschwister, gefragt hätte?
Der Draufgänger, wäre ohne zu zögern aus ihrem Mund gekommen. „Gutherzig und ehrenhaft, aber so impulsiv, dass er meistens handelt, bevor er nachdenkt.“
Daran hat sich anscheinend nicht viel geändert, dachte der besagte Sohn, während er die Jacht aus dem Hafen manövrierte. Der Fehlschlag mit Lissa hätte ihn eigentlich für alle Zeiten eines Besseren belehren sollen.
Aber dem war offenbar nicht so. Im Gegenteil. Er hatte darauf bestanden, das Anny – Prinzessin Adriana – die nächsten zwei Wochen mit ihm auf der Jacht verbringt.
Was hatte er sich nur dabei gedacht?
Verständlicherweise fühlte er sich mitverantwortlich dafür, dass sie ihre Verlobung aufgelöst hatte. Aber sie mir nichts, dir nichts mitzunehmen war vielleicht ein bisschen übertrieben gewesen. Und nun stand sie neben ihm in der Steuerkabine und wartete lächelnd auf Anweisungen. Noch dazu sah sie hinreißend aus mit ihrem vom Wind zerzausten Haar. Unwillkürlich musste er an ihre gemeinsame Nacht denken – und spürte plötzlich das Verlangen, sie wieder zu berühren.
Du solltest dich lieber auf das Manöver konzentrieren, dachte er grimmig, während er die Jacht hinaus auf das offene Meer steuerte. Aber wie sollte er Anny ignorieren, wenn sie nur wenige Zentimeter entfernt stand?
„Vielleicht bringst du deine Sachen besser nach unten“, sagte er abrupt. „Wir sollten nicht riskieren, dass dich jemand erkennt.“ Was ziemlich unwahrscheinlich war, denn am Pier und auf den anderen Booten war kaum eine Menschenseele zu sehen. „Ich sage dir Bescheid, wenn ich dich brauche.“
„Okay“, erwiderte Anny und nahm ihr Gepäck. Bevor er ihr seine Hilfe anbieten konnte, hatte sie schon Koffer und Rucksack die Stufen hinunter poltern lassen.
An Elan mangelt es ihr jedenfalls nicht, dachte Demetrios anerkennend. Er fand ihre Anwesenheit alles andere als unangenehm, trotzdem atmete er befreit auf, als sie unter Deck verschwunden war. Einen kurzen Augenblick lang kam es
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