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Schenkel, Andrea M

Schenkel, Andrea M

Titel: Schenkel, Andrea M Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bunker
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Ich weiß, dass das Unsinn ist. Um diese Zeit ist keiner draußen, und gefährliche Tiere gibt’s nur im Zoo, nicht hier. Dennoch habe ich Angst.
    Der Fuhrweg wird schmaler, der Mittelstreifen verschwindet, von der Straße ist nur noch ein Weg übrig, der in den Wald abbiegt und sich in Serpentinen nach oben auf eine Anhöhe schlängelt.
    Jetzt ist es klar, ich bin gleich zu Beginn in die falsche Richtung abgebogen. Die Stadt liegt in der anderen Richtung. Ich bin so blöd, wie kann man nur so dumm sein? So dämlich!
    Frustriert und erschöpft setze ich mich auf den Weg. Meine Beine tun weh, mein Rücken schmerzt und mir ist kalt. Mein Mund ist trocken, ich bin durstig. Ich sitze da und schaue zum Mond. Mir ist zum Heulen. Höre ich ein Plätschern? Wenn ich ganz still bin und mich auf die gegenüberliegenden Büsche konzentriere, glaube ich ein Plätschern zu hören. Ein kleiner Bach? Eine Quelle? Die Erschöpfung ist verschwunden, ich springe auf und wühle mich durch das Buschwerk, taste den staubigen Boden ab, nichts! Ich bleibe durstig!
    Ich schlage mich durch das Buschwerk zurück zum Weg. Meine Augen haben sich schon so an die Finsternis gewöhnt, es macht mir keine Mühe. Enttäuscht und müde setze ich mich wieder auf den Weg. Ich bin am Ende, ich kann nicht mehr. Ich sitze da, die Beine angezogen, meine Arme um sie gelegt, und schaue zum Mond. Der Himmel ist sternenklar. Hunderte von leuchtenden Punkten am Firmament. Ich weiß nicht, wie lange ich nach oben blicke, ich sitze nur da. Meine Augen füllen sich mit Tränen, und ich fange hemmungslos an zu heulen. Ich schreie und schluchze, schlage wie eine Verrückte mit den Fäusten immer wieder auf den Boden. Ich weine aus Angst, vor Wut. Mit der Zeit werde ich ruhiger, meine Tränen trocknen und ich sitze nur noch da, kraftlos, schaue nach oben und denke an nichts. Ich muss aufstehen, ich muss weiter. Okay, gut, also zurück, ehe ich hier draufgehe! Ich muss zurück zum Haus und von dort versuchen, den richtigen Weg zu finden. Bleibt mir nichts anderes übrig, entweder verdursten oder zurück zum Ausgangspunkt und von da in einer anderen Richtung weiter. Ich stehe schwerfällig auf. An einem Strauch direkt neben mir sind ein paar Beeren. Im Mondlicht sehe ich sie als kleine schwarze Kugeln. Ich pflücke eine Handvoll, nicht viele. Schiebe mir hastig vier, fünf auf einmal in den Mund. Der Geschmack ist leicht süßlich, fruchtig. Die Früchte sind voller Samen. Ich schlucke. Im Nachgeschmack sind sie bitter. Ich spucke aus. Mein Mund ist jetzt noch trockener und pelziger als zuvor. Die restlichen Beeren werfe ich weg.
    Sahen die Büsche zuvor mehr oder weniger wie gefährliche Tiere aus, erscheinen sie mir jetzt als menschliche Wesen. Es kommt mir vor, als würden sie mich beäugen, als säßen sie erhöht, wie in einer lang gestreckten Theaterloge. Sie starren mich an. Sie sitzen da, in altmodischen Gewändern. Die einen glotzen mich an, mit dem Opernglas am Auge, wieder andere stehen, kopfnickend, mit einem Sektglas in der Hand. Durch den Durst und die Erschöpfung fange ich schon an zu halluzinieren. Aber ich sehe ganz deutlich, wie sich bei meinem Vorübergehen einer der Theaterbesucher weit über die Brüstung lehnt. Ich habe Angst, er lehnt sich zu weit vor, fällt vornüber. Er berührt mich, von einigen Zuschauern kann ich den Atem spüren. Sie feuern mich an. Ihre Rufe werden lauter, die meisten, freudig erregt, rufen mir aufmunternde Worte zu. Die Ränge füllen sich immer mehr, ein Gedränge und Geschiebe. Die Geräuschkulisse nimmt zu. Klirren von Gläsern. Die Unruhe des Publikums geht zunächst in ein Raunen und Gemurmel über, dann in ein Rufen, steigert sich zum Geschrei. Ich halte mir die Ohren zu, der Lärm ist fast unerträglich. Mein Herz rast.
    Lauf weiter. Mein Atem ein Keuchen. Immer weiter, durch das Dickicht. Rechts von mir sehe ich Lichter, gleich kommt die Abzweigung zur Mühle.
    Jetzt stehen sie Spalier, ich muss mich durch die Menge drängen. Ich sehe ihre erhitzten Gesichter, rote Wangen, glänzende Augen, sehe sie lachen, die Münder weit offen. Sie prosten mir zu. Ihre Hände greifen nach mir, berühren meine Arme, meine Schulter. Ich kann die Wärme der eng beieinander stehenden Körper spüren. Die Luft riecht verbraucht, beißend. Ich sehe das Haus. Das Publikum steht dicht gedrängt im Halbkreis. Es weicht vor mir zurück und gibt den Weg für mich frei. Jetzt stehe ich am Rand der Bühne, der Kreis der Zuschauer hat sich

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