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Schenkel, Andrea M

Schenkel, Andrea M

Titel: Schenkel, Andrea M Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bunker
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Hinterläufen gepackten Hasen und den Arm, der ihn hält. Der Rest ist außerhalb meines Blickfeldes. Der Hase ist vermutlich tot, nein, plötzlich zappelt er, mehrmals geht ein kurzes kräftiges Rucken durch seinen Körper. Dann hängt er wieder schlaff nach unten. Ich habe mich wahnsinnig erschreckt, Gott sei dank aber rechtzeitig die Hand vor den Mund gehalten, um nicht zu schreien. Der da unten soll nicht merken, dass ich ihn beobachte.
    Los, Mann, geh endlich einen Schritt nach links. Ich höre Klirren und Klappern von Metallgegenständen. Er scheint in dem Regal neben der Eingangstür etwas zu suchen.
    Er geht einen Schritt vor, sein Körper schiebt sich ins Bild. Von draußen fällt helles Tageslicht auf ihn und verstärkt seine markanten Gesichtszüge. Die Haare kurz geschoren und beidseits, beginnend an der Schläfe, ein kahler Streifen, der übers Ohr reicht. Ein schmaler Streifen ohne Haare, wie rasiert. Wer rasiert sich am Kopf Streifen?
    Er dreht sich um, geht ins Freie, nichts ist mehr zu hören. Stille. Ich schaue weiter durch die Ritze, warte. Lange geschieht gar nichts. Irgendwann tun mir die Knie weh und ich schlurfe zum Bett und starre wieder hoch zur Decke. Warum bin ich hier? Warum ich? Warum nicht der Chef? Der hat den Schlüssel zum Safe, und außerdem wäre es um diese Schwabbelbacke nicht schade. Aber vielleicht geht es dem Kerl gar nicht ums Geld? Er muss mich beobachtet haben, in meiner Wohnung gewesen sein. Warum hat er das Bild? Er kann es nur aus meiner Wohnung gestohlen haben! Wer ist der Typ? Vielleicht war er schon einmal in unserer Firma. Aber da gehen täglich so viele ein und aus. Gerade von seiner Sorte, mit rasiertem Schädel und Armeesachen. Die meisten wollen mit dem Chef irgendein krummes Geschäft mit geklauten Autos machen. Offiziell wissen wir in der Firma von nichts, aber ich bin doch nicht blöd. Ich halte meine Augen offen.
    Diese seltsame Frisur, zwei Streifen am Kopf. Das wäre mir schon aufgefallen. Welcher Idiot macht sich solche Streifen ins Haar? Vielleicht ein Geburtsfehler oder eine Verletzung. Nur ein Dorftrottel wie Hans würde so herumlaufen.
    Mein Gott – das sind Narben! Ein Unfall! Nein, nein, das kann nicht sein, das darf nicht sein, das gibt’s nicht!
    Die Verletzungen am Kopf durch den Heulader! Zwei blutige Streifen durch die Greifarme! Hans, der Dorftrottel, der den kleinen Kindern nachstieg.
    Hans, der Joachim als Letzter lebend sah. Vermutlich sein Mörder, aber keiner hat’s gesehen. Ich hab der Polizei nur gesagt, dass Hans als Letzter bei ihm war, sonst nichts. Nein, nein, nie hab ich ihn als Mörder bezeichnet, zumindest nicht vor der Polizei. Natürlich waren alle von seiner Schuld überzeugt, wer soll’s denn sonst gewesen sein, etwa ich, seine eigene Schwester? Sie haben ihn damals gleich mitgenommen, jeder wusste, wie aggressiv Hans werden konnte. Einen solch grausamen Mord konnte man nur ihm zutrauen.
    Was ist aus ihm geworden? Sie haben ihn für verrückt erklärt. Lebenslänglich in der Nervenheilanstalt. Er war eine Gefahr für die Allgemeinheit. Mehr weiß ich nicht darüber. Es war ja alles klar, was sollten wir noch groß darüber sprechen. Tot ist tot und richtig gemocht hat Joachim auch keiner. Selbst unsere Stiefmutter war bald wieder froh, er war allen nur eine Last.
    Kann Hans entlassen worden sein? Lebenslänglich bedeutet nicht mehr ein Leben lang. Er hat mich gefunden, das war nicht schwer. Weit bin ich nicht gekommen, eben in die nächste Kreisstadt. Und dann laufe ich ihm beim hiesigen Gebrauchtwagenhändler über den Weg. Nein, schwer war’s nicht, mich zu finden. Er brauchte sich nur im Dorf umzuhören, die meisten Bekannten und Verwandten leben immer noch dort.
    Aber was will er von mir? Wegen meiner Zeugenaussage sicherlich: Hans war als Letzter bei ihm. Jetzt sitze ich in der Klemme. Der will sich rächen. Der ist verrückt.
    Ich gehe im Zimmer auf und ab. Ich möchte nicht darüber nachdenken müssen, was damals geschehen ist. Ich drücke meine Fäuste immer wieder gegen meine Stirn. Ich war noch ein Kind, da denkt man nicht so genau nach, was man sagt, was man tut. Man tut viel und will es danach nicht getan haben. Mir tut es ja leid, wenn er an dem besagten Tag doch nicht bei Joachim war. Hans war der, dem man die Sache zutraute. Ich hab nur laut gesagt, was alle dachten. Jeder im Dorf! Jeder!
    Verdammte Scheiße! Wie soll ich aus dieser Sache wieder herauskommen?
    Unendlich viele Jahre in der Klapsmühle, und

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