Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schenkel, Andrea M

Schenkel, Andrea M

Titel: Schenkel, Andrea M Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bunker
Vom Netzwerk:
dir!«
    Sie fängt an zu zittern, ihr Körper bebt, sie schwankt immer stärker.
    Jetzt hoch oder sie fällt herunter. Zwei Stufen auf einmal, ich krabble, mit Armen und Beinen gleichzeitig, die Stufen hoch. Mit meinem Kopf ramme ich in ihren Bauch, sie fällt nach hinten, ohne den Sturz mit den Armen abzufangen.
    Ich liege halb auf ihr, mein Kopf auf ihrem Unterleib. Sie wälzt ihren Kopf hin und her. Wimmert.
    »Schmerzen. Starke Schmerzen. Ich halt es nicht mehr aus! Hilf mir! Ich halt es nicht mehr aus!«
    Ich stehe auf, greife unter ihre Achseln und schleife sie rüber zum Bett. Ich hieve sie auf die Matratze wie einen Sack Mehl. Anstatt mitzuhelfen, jammert sie nur vor sich hin, macht sich schwerer, indem sie sich durchstreckt.
    Ich leere den Inhalt meiner Plastiktüte auf das Bett. Nadel, Spritze, Stoff, Zitronensaft. Hat einen Blauen gekostet. Sie liegt da, windet sich hin und her, greint und winselt vor sich hin. Ich kann sie jetzt auch nicht einfach hier liegen und verrecken lassen.
    »Mensch, pass doch auf, du wirfst alles runter!«
    »Hilf mir! Es tut so weh!«
    Ich entferne die Verpackungen von Spritze und Nadel. Mache das Tütchen mit dem Stoff auf. Eine kleine Menge weißes Pulver auf den Esslöffel. So, hoffentlich reicht das, zu wenig ist nichts, zu viel und sie krepiert. Darüber einige Tropfen Zitronensaft. Mit ein paar Tropfen Wasser aus der Flasche vermischt, Feuerzeug drunter und das Ganze aufgekocht. Ein kleines Stückchen Mull rein, zum besseren Aufziehen. Einmalspritze, Aufstecken der Nadel, Entfernen der Plastikkappe. Geschafft.
    »Halt still!«
    Ich lege ihr den Gürtel um den Oberarm. Sie windet sich. Schlägt um sich. Ich ziehe den Gürtel an, die Venen am Unterarm kommen etwas hervor.
    »So, jetzt halt still!«
    Die Haut in ihrer Ellenbeuge spannt sich unter der eindringenden Nadel. Sie versucht den Arm wegzuziehen, ich halte ihn fest, drücke den Kolben in die Spritze. Die Flüssigkeit verschwindet in ihrem Körper.
    Fast im gleichen Augenblick hört ihr Kopf auf, sich hin und her zu drehen. Ihre zusammengekniffenen Augen entspannen sich, die Gesichtsmuskulatur entkrampft sich. Sie atmet tief und langsam. Ihr Mund öffnet sich, ein Lächeln erscheint in ihrem Gesicht, sie beginnt zu stöhnen. Wirkt ganz entspannt.
    Nach einer Minute schließt sie den Mund und schläft ein, nur ein leises Säuseln ist zu hören.
    Verdammter Mist! Jetzt hab ich eine Schwerkranke am Hals. Ich hätte das Ganze besser planen sollen. Ich hocke ganz schön in der Scheiße!
    Ich muss ihr die Hände frisch verbinden, sonst kriegt sie mir noch eine Blutvergiftung. Hoffentlich habe ich in der Eile nichts vergessen. Ich wickle den alten Verband Schicht für Schicht ab, der klebt an der Haut oder besser an dem, was davon übrig ist. Ich mache den Verband nass, dann löst er sich besser. Also wieder mal Brüderchen Wodka. Erst ein Schluck aus der Flasche, dann mit der getränkten Kompresse die Wunden reinigen. Gelernt ist gelernt. Neuer Verband, fertig.
    Sie liegt ganz ruhig da und schläft.
    Ich träume wieder von der Wiese. Ich drehe mich um, laufe mit wehendem Kleid und hüpfenden Zöpfen davon. Die Wiese ist übersät mit Löwenzahn. Ein Meer aus Grün mit gelben Punkten. Ich laufe weiter. Ich komme zu einem kleinen Bach, springe hinüber. Auf der anderen Seite ist das Gras nicht gemäht. Es wird höher und höher. Wiesenblumen und Gräser reichen mir bis zur Hüfte. Schmetterlinge fliegen umher, ich stecke die Hand aus, ein kleiner blauer Falter lässt sich darauf nieder. Ich spüre, wie er mit seinem Rüssel das Salz von meiner Haut leckt. Ich gehe ganz nah mit dem Gesicht an ihn heran, puste ihn an. Er breitet die Flügel aus und fliegt davon. Ich sehe ihm nach. Die Sonne strahlt mir ins Gesicht, das Licht ist so grell, ich halte meine Hand schützend vor die Augen. Ich fühle mich unglaublich leicht und glücklich. Ich will weiter, immer weiter, laufe und hüpfe, bis ich aus der Puste bin. Die Hände auf die nackten Knie gestützt, atme ich tief ein und aus. Habe den Geruch der frisch gemähten Wiese in der Nase. Ich möchte auf der schönen Wiese bleiben. Ich möchte hier bleiben.
    Die Wiese dreht sich und ich stehe wieder auf der Bühne. Es ist keine richtige Bühne, ich bin klein, fürchterlich klein. Eine Hand greift nach mir. Sie greift von oben in die Kulisse, als wäre es eine Schachtel. Ich laufe in eine Ecke, versuche mich zu verstecken, kauere mich zusammen. Mache mich noch kleiner. Nein, das will

Weitere Kostenlose Bücher