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Scherben der Ehre

Scherben der Ehre

Titel: Scherben der Ehre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois McMaster Bujold
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wäre es zu stark, wie eine Blasphemie.
    »Wohin gehen Sie?«, fragte Cordelia.
    »Ich werde mich mit Oberstleutnant Gottyan unterhalten. Allein.«
    »Hm. Nun gut, bringen Sie mich nicht dazu, meinen eigenen Rat zu bereuen.« Direkter konnte sie im Augenblick das nicht ausdrücken, was sie eigentlich sagen wollte: »Seien Sie vorsichtig!«
    Vorkosigan zeigte mit einer Handbewegung, dass er sie in jeder Hinsicht verstanden hatte, und machte kehrt in Richtung auf den Wald. Er hinkte jetzt merklicher.
    Sie half Dubauer auf die Füße, und Koudelka führte sie zum Eingang der Höhle. Der junge Mann erschien ihr so sehr als Gegenstück zu Dubauer, dass sie es schwer fand, ihre Feindseligkeit aufrechtzuerhalten.
    »Was ist mit dem Bein des Alten passiert?«, fragte Koudelka und schaute über die Schulter zurück.
    »Er hat einen infizierten Kratzer«, sagte sie verharmlosend, denn sie neigte dazu, ihn in seiner offensichtlichen Absicht zu unterstützen, angesichts seiner unzuverlässigen Mannschaft eine gute Figur zu machen. »Die Sache sollte medizinisch vorrangig behandelt werden, sobald Sie ihn dazu bringen können, dass er dafür eine Pause einlegt.«
    »Ja, so ist der Alte. Ich habe noch niemand in diesem Alter gesehen mit soviel Energie.«
    »In diesem Alter?« Cordelia hob die Augenbrauen.
    »Nun ja, natürlich würde er Ihnen nicht alt erscheinen«, räumte Koudelka ein und sah verwirrt drein, als sie in Lachen ausbrach. »Allerdings ist Energie nicht ganz das, was ich sagen wollte.«
    »Wie wäre es mit Kraft«, schlug sie vor und war auf seltsame Weise erfreut, dass Vorkosigan wenigstens einen Bewunderer hatte. »Energie eingesetzt zur Arbeit.«
    »Das ist sehr gut«, stimmte er dankbar zu. Cordelia beschloss, auch die kleine blaue Pille nicht zu erwähnen.
    »Er scheint eine interessante Person zu sein«, sagte sie, um die Ansicht eines anderen Menschen über Vorkosigan zu erfahren. »Wie ist er überhaupt in diese Klemme geraten?«
    »Sie meinen die Sache mit Radnov?«
    Sie nickte.
    »Nun ja, ich möchte den Alten nicht kritisieren, aber – ich kenne niemanden anderen, der einem Politischen Offizier, wenn der an Bord kommt, sagen würde, er solle ja ihm aus den Augen bleiben, wenn er das Ende der Reise noch erleben wolle.« Koudelka verstummte respektvoll.
    Als Cordelia hinter Koudelka die zweite Abzweigung in den Höhlen nahm, wurde sie plötzlich von ihrer Umgebung alarmiert. Äußerst eigenartig, dachte sie. Vorkosigan hat mich in die Irre geführt. Die labyrinthische Folge von kühlen, feuchten und trübe beleuchteten Kavernen war teilweise natürlich, aber zum größten Teil doch mit Plasmabögen aus dem Fels herausgebrannt. Die großen Räume waren mit Vorräten vollgestopft. Dies war kein Nachschubversteck, dies war ein umfassendes Flottendepot.
    Cordelia verzog lautlos ihre Lippen und blickte um sich: sie war sich plötzlich einer ganz neuen Skala unangenehmer Möglichkeiten bewusst. In einer Ecke stand eine barrayaranische Feldunterkunft, eine halbkreisförmige Kuppel aus Streben, die wie die Zelte der Betaner mit Stoff überzogen war. Sie diente als Feldküche und als primitiver, kahler Speisesaal. Ein einzelner Küchensoldat räumte die Überbleibsel des Mittagessens auf.
    »Der Alte ist gerade wieder aufgetaucht, lebendig!«, grüßte Koudelka ihn.
    »Hah! Ich dachte, die Betaner hätten ihm den Hals durchgeschnitten«, sagte der Küchensoldat überrascht. »Und wir hatten ein so feines Traueressen angerichtet.«
    »Die beiden hier sind die persönlichen Gefangenen des Alten«, stellte Koudelka sie dem Koch vor, von dem Cordelia vermutete, dass er mehr Kampfsoldat als Gourmetkoch war, »und du weißt, wie er über dieses Thema denkt. Der Kerl hier hat einen Disruptorschaden abbekommen. Der Alte hat gesagt, sie sollten richtiges Essen bekommen, also versuch nicht, sie mit dem üblichen Saufraß zu vergiften.«
    »Jeder kritisiert rum«, murmelte der Koch, während Koudelka verschwand, um sich um seine anderen Aufgaben zu kümmern. »Was wollen Sie haben?«
    »Egal, was. – Alles außer Hafergrütze oder Blaukäse«, fügte sie hastig an.
    Der Koch verschwand im hinteren Raum und kam ein paar Minuten später wieder mit zwei dampfenden Schüsseln Eintopf und wirklichem Brot mit einem Brotaufstrich aus echtem Pflanzenöl. Cordelia fiel mit Wolfshunger darüber her.
    »Wie schmeckt es?«, fragte der Küchensoldat tonlos mit eingezogenen Schultern.
    »Köstlich«, sagte sie mit vollem Mund,

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