Scherben: Du tötest mich nicht (German Edition)
hätte Stine helfen sollen, ganz egal, was das für ihn für Konsequenzen gehabt hätte! Doch stattdessen hatte er sich nur um seine eigene Haut gekümmert, und das, obwohl er Stine wirklich mochte.
Und jetzt war sie tot.
Nicky hörte ein Geräusch hinter sich und drehte sich ruckartig um. Ein Blitz erhellte den Wald, und wie ein Gespenst erkannte er Conny an einen Baum gelehnt stehen. Sein Körper wirkte zusammengesunken, und Nicky wusste sofort, was das zu bedeuten hatte. Donner folgte seinem Partner und erschütterte die Baumkronen und sendete Vibrationen bis zum klitschnassen Untergrund, auf dem die Freunde, beide mit zittrigen Beinen, standen. Dann war es wieder ruhig.
»Conny? Was machst du hier?«, brach Nicky nach mehr eren Sekunden endlich das bedrückende Schweigen. Conny wirkte überrascht und entsetzt zugleich. Seine aufgerissenen Augen huschten nur kurz zu Stines totem Körper, dann sah er Nicky bestürzt an.
»Was hast du getan, Nicky?«, rief Conny vorwurfsvoll und schien nicht zu wissen, was er tun sollte. Er machte den Ei ndruck, als wolle er auf Stine und Nicky zugehen, es sich dann aber doch anders zu überlegen und die Sicherheit und den Schutz des Baumes zu bevorzugen.
»Sag mal, spinnst du?«, fragte Nicky fassungslos über Co nnys Anschuldigung. Versuchte er tatsächlich, ihm so eine abscheuliche Tat anzuhängen, wo es doch mehr als offensichtlich war, dass er es selbst getan hatte!?
»Sie ist tot! Und du bist hier! Was soll ich da denken?«, e rklärte Conny aufgelöst und beugte sich dabei ein Stück nach vorne, als würde er jeden Augenblick zusammenbrechen.
Nicky hatte den Impuls, ihn mit einem Stein oder einem Ast zu bewerfen, um ihn aufzuwecken und zur Besinnung zu bri ngen. »Du bist doch auch hier! Und du bist vorhin mit ihr alleine gewesen. Was ist passiert, Conny? Nachdem ich weggelaufen bin, was hast du ihr angetan?«
Conny ging jetzt in die Knie und umfasste schutzsuchend se ine Beine. »Gar nichts!«
Nicky erkannte ihn nicht wieder. Conny war ihm mit e inem Mal so fremd, und das machte ihm Angst. Er fing an zu zittern, seine Zähne schlugen aneinander und ihr Geräusch machte ihm die Realität schmerzlich bewusst. »Du lügst! Was ist passiert?«
Conny begann, sich im Regen auf dem Boden hin und her zu wiegen. »Nicky, ich … ich weiß auch nicht …«
Jetzt ließ sich auch Nicky auf den Boden sinken. Es kümmerte ihn nicht, dass die Erde nass war, er bemerkte es nicht einmal. Er fühlte sich benommen. Conny hatte nichts gestanden, und doch ließ alles nur einen Schluss zu. Das Offensichtliche würde bald Gewissheit sein, und Nicky wusste nicht, wie er das ertragen sollte.
»Dann … dann hast du … warst du das?«, fragte er leise und konnte seinen Blick nicht von Stine abwenden. Warum konnte sie sich nicht einfach bewegen und ihm etwas Raum für die Hoffnung gewähren, dass alles wieder gut werden würde?
»Ich kann nichts dafür!«, wimmerte Conny und tötete damit auch diesen letzten Funken Hoffnung.
»Scheiße, Conny! Wie konntest du nur! Wie konntest du? Sie hat dir doch nichts getan! So eine verdammte Scheiße!«
Eine Katastrophe war geschehen, durch Connys Hand, und Nicky wusste nicht, wie es nun weitergehen sollte. Er konnte einfach nicht aufhören, Stine anzusehen. Sie war auch jetzt noch hübsch, obwohl sie von Dreck verschmiert und vom Regenwasser umspült wurde. Ihre toten Augen waren leer und ausdruckslos, und es kam ihm so vor, als wären sie einige Zentimeter aus den Höhlen hervorgetreten. Er wünschte sich, jemand würde ihre Augen schließen. Obwohl das Klebeband noch um ihren weißen, eleganten Hals gewickelt war, konnte Nicky mehrere rote, bläuliche und violette Striemen auf ihrer Haut erkennen, ein weiterer brutaler Beweis, der es unmöglich machte, sich vorzustellen, sie würde nur schlafen. Conny hatte das Leben aus ihrem zerbrechlichen, wertvollen Körper gepresst, und dazu hatte er einfach kein Recht gehabt.
»Es war nicht meine Schuld!«, wimmerte Conny, während er immer weiter wip pte.
Nicky hatte genug! Als hätten ihn Connys Gewinsel und sein Selbstmitleid wie ein Stromschlag wachgeschüttelt, sprang er von dem inzwischen schlammigen Untergrund auf und eilte mit wütenden Schritten zu dem Häuflein Elend hinüber.
»Du hast sie umgebracht! Du bist ein Mörder! Ein Mö rder! Verstehst du, was das bedeutet?«, brüllte er aufgebracht und begann, Conny mit Matsch und Ästen zu bewerfen. Wie ein Verrückter bückte er sich immer
Weitere Kostenlose Bücher