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Scherben: Du tötest mich nicht (German Edition)

Scherben: Du tötest mich nicht (German Edition)

Titel: Scherben: Du tötest mich nicht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Ruhkieck
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sympathisiere mit dir und dem, was du tust. Aber das tue ich nicht.«
    Thox lehnte sich nach vorne. »Aber du glaubst, ich würde dich nicht umbri ngen.«
    Vanessa antwortete nicht sofort, doch als sie dann sprach, tat sie es mit einem Lächeln. »Ich weiß, dass du mich nicht u mbringen wirst, weil ich dich für unfähig halte. Es ist wie mit dem Ficken. Du willst es, ganz tief in den dunklen Abgründen deines Inneren. Aber du kannst es einfach nicht.«
    Es war, als hätte Vanessa mit ihren Worten einen Schalter in Thox umgestellt. Er spürte eine unbändige Wut. Sein Kö rper war es, der aufsprang, sich blind das Messer von dem Servierwagen griff und sich auf das Bett stürzte. Als er auf ihr saß und das Messer an ihren Hals drückte, spürte er Genugtuung – aber keine Befriedigung. Er blickte auf sie herunter. In seiner Vorstellung tropfte Geifer auf sie herab, und er verzog sein Gesicht zu einer wütenden Grimasse.
    »Hältst du mich immer noch für unfähig?«, brüllte er sie an.
    Doch Vanessa zeigte keine Angst. Keine Tränen, keine zuckenden Muskeln im Gesicht. Stattdessen wirkte sie entspannt, und dann lächelte sie. »Ja.«
    »Du hast keine Angst?«
    »Nein.« Als wolle sie ihre Glaubwürdigkeit unterstreichen, drückte sie ihren Hals noch fester gegen die scharfe Klinge in seiner Hand. Thox spürte, dass er zurückzuckte und damit ihre Entschlossenheit nur unterstützte. Doch er war noch nicht bereit, das Messer sinken zu lassen.
    »Wieso nicht?«
    »Empathie.«
    Jetzt senkte er die Waffe in seiner Hand doch. »Was?«
    Als sie sprach, klang ihre Stimme samtig und harmonisch, wie eine Melodie in seinen Ohren, nur um ihn zu hypnotisieren. »Du empfindest Mitgefühl. Du hast mich längst individualisiert. Wenn du mich wirklich umbringen wolltest, müsstest du unter Empathieverlust leiden, mich zu einem Objekt degradieren. Du wirst mich nicht kaltblütig ermorden, wie du es die ganze Zeit ankündigst. Das einzige, was das Blatt noch wenden könnte, wäre ein Mord aus Leidenschaft, eine Kurzschlusshandlung aus niederen Beweggründen. Aber du hast bereits bewiesen, dass auch das nicht passieren kann. Du bist kein Vergewaltiger, und du bist auch kein Mörder.«
    Thox hing einige Augenblicke ihren Worten nach. Es klang alles wahr, verführerisch real, doch dann kamen plötzlich vergrabene Erinnerungen an die Oberfläche, die alles wieder zunichtemachten. Frustriert warf er das Messer zur Seite, das mit einem dumpfen Knall irgendwo auf dem B oden landete. »Erzähl das Stine«, zischte er in bitterer Schuld.
    »Wer ist Stine?«
    Thox betrachtete Vanessa nachdenklich. Sie war so ganz anders als Stine, von außen wie von innen. Und doch waren die Umstände ähnlich, ihre Situation war die gleiche wie die von Stine. Doch während Stines Schicksal seit vielen Jahren besiegelt war, wurde das von Vanessa immer ungewisser. Und wie sie da lag, vor ihm, unter ihm, und seinen Blick erwiderte, wollte er sie erneut berühren. Sanft oder brutal, anständig oder unanständig – ganz egal, was immer sie wollte.
    Was sie wollte?
    Er ließ den Augenkontakt abreißen, ebenfalls den Körperko ntakt, als er aufstand und Vanessa den Rücken zuwandte.
    »Niemand«, beantwortete er ihre Frage. Doch das war e ine Lüge. Stine war alles, was er heute war. Sie und Anna.
     
     
    19:30 Uhr
     
    Die Stille im Zimmer war nur eine Frage der Zeit. Bald wü rde sie verschwunden sein. Denn es war das Schweigen vor der Wahrheit, Thox wusste es, und er vermutete, dass Vanessa es auch tat. Doch als sich immer weiter abzeichnete, dass sie es nicht sein würde, die als erste das Wort ergriff, übernahm Thox diesen entscheidenden Schritt.
    »Was stimmt nicht mit dir?«, fragte er, und es war wie ein Zerreißen der Ruhe. Er saß auf seinem Sessel – er hatte mit tlerweile entschieden, dass er ihn verschrotten würde, sobald alles vorbei war – und hatte Vanessa bislang gedankenverloren betrachtet. Sie erwiderte nur hin und wieder seinen Blick; Thox hatte den Eindruck, er mache sie plötzlich nervös. Sie wirkte verstört und unruhig, alleine das war für ihn Hinweis genug, dass sie etwas beschäftigte.
    Jetzt aber sah sie ihn an, und ablehnend zog sie ihre Auge nbrauen zusammen. »Was meinst du? Bei mir ist alles normal. Ich bin normal.«
    Thox lachte aufgesetzt. »Warum so bescheiden? Wir be ide wissen, dass du untertreibst.«
    »Kannst du mich nicht einfach in Ruhe lassen?«, zischte sie und drehte den Kopf weg.
    Doch Thox wusste es besser. Er

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