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scherbenpark

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Titel: scherbenpark Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alina Bronsky
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sie schwach ab. Die Fingerspitzen springen auf und runter auf dem weißen T-Shirt. Es sieht aus, als würde er auf einer unsichtbaren Tastatur schreiben. Die Lippen bewegen sich. Ich beuge mich zu ihm hinunter, er atmet in mein Ohr.
    »Volker«, sagt er. »Hol Volker.«
    Und ich fahre hoch, springe über Felix auf den Boden und renne in den Flur. Ich rase zu der Tür, von der ich gedacht habe, dass dahinter Volkers Schlafzimmer ist. Ich reiße sie auf, aber da ist kein Bett, sondern nur ein Tisch und viele Schränke.
    »Volker!« schreie ich. »Wo bist du? Volker!!!«
    Ich renne durch das Haus, reiße Türen auf und rufe. Es kommt mir wie eine Ewigkeit vor. Hinter den Türen ist Dunkelheit, muffiger Geruch, einmal fällt mir ein Bügelbrett entgegen und schlägt mir schwer auf den Kopf. Ich merke das kaum. Ich habe das Gefühl, mich in einem Labyrinth verirrt zu haben. Alles beginnt sich zu drehen. Ich halte mich an der Wand fest, sie gleitet trotzdem unter meiner Hand weg.
    »Volker, zum Teufel noch mal! Felix hat was! Wo bist du?«
    Ich beginne laut zu weinen.
    Volker taucht am Ende des Flurs auf. Er ist barfuß, der Oberkörper ist nackt, er macht gerade mit einer Hand seine Hose zu. Er rennt an mir vorbei, ohne mich anzusehen.
    »Nicht dahin!« rufe ich. »Er ist in meinem Zimmer.«
    Volker stoppt, dreht um, springt die Treppe hinunter, und ich laufe hinterher. Er ist schneller als ich. Ich rutsche auf den Stufen aus und falle fast hin.
    Im Gästezimmer versucht er, Felix aufzurichten. Ich schalte das Licht ein. Felix' Gesicht ist weiß, die Lippen blau, in den Augen steht Panik. Volker hält ihn an den Schultern fest.
    »Wasser«, wirft er mir über die Schulter hin. »Bring kaltes Wasser.«
    Ich renne in die Küche, reiße Küchenschränke auf, suche Gläser, fülle eins mit Wasser und verschütte dabeidie Hälfte. Felix versucht zu trinken. Seine Zähne klappern auf dem Glasrand.
    »Was soll ich noch bringen?« frage ich gehetzt. »Wo sind die Medikamente?«
    »Scheiße«, sagt Volker. »Ins Auto.«
    »Soll ich im Auto nachsehen?«
    »Nein. Wir müssen ins Auto. Es hört nicht auf. Ins Krankenhaus.«
    Felix bewegt die Lippen und sieht mich dabei an. Ich komme näher und hocke mich vor ihn hin. Ich kann kaum hören, was er sagt. »Komm mit«, sagt Felix. »Bitte.«
    Ich springe in meine Jeans. Volker wirft sich ein Hemd über. Felix sperrt sich, als Volker ihn hochhievt.
    »Ich will mich anziehen«, presst er zwischen den Zähnen hervor.
    Volker verdreht die Augen. »Spinn nicht rum«, sagt er, aber ich renne hoch, reiße in Felix' Zimmer eine Schranktür auf und ziehe eine Jeans an den Hosenbeinen heraus.
    Im Auto sitze ich wieder auf dem Rücksitz neben Felix, während er meinen Hals umklammert und Volker das Gaspedal durchdrückt.
    Wir rasen mit 200 Sachen über die Autobahn.
    Ich verstehe nicht, was gerade passiert. Ich halte Felix die linke Hand, dabei rutsche ich auf das Handgelenk hinunter und spüre seinen Puls, der unter meinem Finger flattert. Ich drücke den Finger drauf, in der Hoffnung, ihn so zu halten, dass er nicht verschwindet. Mit der anderen Hand würde ich mir am liebstenein Ohr zuhalten, weil mir das Pfeifen, das aus Felix' Mund kommt, einen Schauer nach dem anderen über den Rücken jagt.
    Felix beginnt auf mich zu fallen.
    »Volker«, schreie ich. »Er kann nicht mehr!«
    Volker wirft mir sein Handy auf den Schoß.
    »Ruf an. Die Nummer steht unter ›Krankenhaus‹. Sag, dass wir kommen. Sag den Namen.«
    Ich klappe das Handy auf. Es ist viel komplizierter als meins, und ich habe Mühe, im Telefonbuch den richtigen Eintrag zu finden. Dann drücke ich auf »Krankenhaus« und halte mir das Gerät ans Ohr. Die Autobahn rauscht so laut vorbei, dass ich Angst habe, nichts zu hören.
    Jemand meldet sich, ich kann das Wort »Pneumologie« herausfiltern. Ich stammle ein paar Sätze. Ich nenne Felix' Vornamen. Der Nachname ist mir entfallen.
    »Trebur«, sagt Volker von vorn.
    »Felix Trebur«, schreie ich ins Telefon.
    »Wieder Atemnot. Wir kriegen es nicht in den Griff«, sagt mir Volker vor.
    Ich wiederhole es wie ein Echo.
    Ich kann nicht verstehen, was die Stimme im Hörer antwortet. Dann verschwindet sie ganz.
    »Er ist weg«, rufe ich verzweifelt. »Volker, der Typ am Telefon ist weg. Was soll ich tun?«
    »Nichts«, sagt Volker so ruhig, wie man nachts ganz links auf der regennassen Autobahn nur sein kann, während auf dem Rücksitz ein Mensch in sich zusammenfällt. »Danke.«
    »Ich

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