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scherbenpark

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Titel: scherbenpark Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alina Bronsky
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hatten es in einem Käse versteckt. Black Maroc. Es muss ziehen. Oder war das Black Domina?«
    »Lusche«, wirft Peter verächtlich hin und nimmt den Joint manierlich zwischen Mittel- und Ringfinger. Ich finde das lustig, er zwinkert mir zu, zieht, bläst den Rauch durch die Nase, schließt die Augen, reicht weiter. Der Nächste hält den Joint wie eine Querflöte und schneidet Grimassen, und obwohl ich überhaupt nicht abhebe, ertappe ich mich bei überraschend warmen Gefühlen für alle Anwesenden bis auf einen.
    »Wie eine Friedenspfeife«, sagt Peter und sieht dabei mich an, überhaupt tut er so, als wäre hier niemand außer mir. »Jeder darf mal. Oder?« Ich nicke.
    Der falsche Volker bekommt den Joint und lässt ihn fallen.
    Anna hebt ihn auf.
    »Nazis rauchen wahrscheinlich kein holländisches Gras«, sage ich. »Sie trinken original deutsches Bier.«
    »Bier haben wir«, sagt Peter. »Momentchen.«
    Er wirft eine Dose um, die braune Flüssigkeit tröpfelt auf die Erde.
    In der Ferne, am Teich, quaken die Frösche.
    »Oh, leider nichts mehr da«, sagt Peter. »Wie ungeschickt von mir. Aber wer trinkt schon so was?«
    Volker neben mir geht es so schlecht, als hätte er bereits von allem probiert, was hier steht. Er hört nicht auf zu zittern und krümmt sich dazu.
    »Ist ja gut«, sage ich verächtlich. »keiner tut dir was.«
    »Sicher?« fragt Peter auf Deutsch. »Weiß nicht. Lust auf einen Drink, kleiner Fascho? Auf einen Matrosentee?«
    »Worauf?« frage ich.
    »Haste deine Klassiker nicht gelesen?« fragt Peter sehr selbstzufrieden, ganz stolzer Gastgeber.
    Volker schüttelt den Kopf, aber Peter kippt bereits Durchsichtiges aus der Wodkaflasche in einen fleckigen Pappbecher, tröpfelt etwas aus einer kleinen braunen Medikamentenflasche dazu, verrührt es gründlich mit einem schmutzigen Messer.
    »Schweine-Speed«, erwidert er auf meinen fragenden Blick hin. »Aus England. Ist nichts für dich.« Überlegt noch ein bisschen, den Kopf zur Seite geneigt, und gießt mehr Wodka dazu.
    Ich bin so leise wie alle anderen. Ich sage nichts, als er näher kommt und Volker den Becher in die Hand drückt, die Hand, die wie im Schüttelfrost zittert, sodassPeter seine riesige Faust darum schließt. »Wenn du auch nur einen Tropfen verschüttest, bringe ich dich um«, sagt er zärtlich. »Was meinst du, was mich das Zeug kostet?«
    Er führt den Becher an Volkers Lippen, der die Augen schließt und weiter den Kopf schüttelt. Mit der anderen Hand drückt Peter Volkers Stirn zurück, und schon rinnt das Durchsichtige in Volkers Mund und zum großen Teil dran vorbei, was Peter kräftig kommentiert, »Ich fick deine Mutter« ist dabei das Freundlichste. Ich höre mit offenem Mund zu, es klingt fast wie ein Gedicht, wenn ich bloß so gekonnt fluchen könnte.
    Volker stöhnt, fasst sich an den Hals und rutscht hinunter auf die Erde.
    »Wir wiederholen«, sagt Peter und greift wieder nach der Wodkaflasche, ich schweige dazu, die an deren auch, bloß Anna flüstert panisch: »Schatzi!«
    Nach dem dritten Becher stöhnt Volker richtig laut, das geht fast ins Schreien über. Ich sehe zu. Er legt sich hin, direkt auf die Erde, richtet sich aber wieder auf, kratzt auf seinem Hals herum.
    Als er anfängt, mir vor die Füße zu kotzen, stehe ich auf, nehme meine Inliner und gehe.
    Keiner hält mich auf. keiner sagt etwas. Noch aus dem Wald höre ich das klagende Würgen. Dann schaltet jemand den Lautsprecher ein. Die Lichtung füllt sich mit hektischen Beats, die wie ein vervielfältigter durchgedrehter Puls klingen.
    Ich stecke meine Füße wieder in die Inliner, zum wiederholten Male an diesem Abend. Jetzt tun sieauch richtig weh, es rächt sich, dass ich die Strümpfe weggelassen habe. Die Fußsohlen sind wund und voller Blasen, ich fahre trotzdem, durch das dunkle Viertel, am Solitär vorbei, auf die Hauptstraße.
    Ich fahre genau auf der Mittellinie.
    Ich rolle auch nicht an den Rand, als ich hinter mir ein Auto höre. Das Laternenlicht ist schwach, ich habe keine Reflektoren, mein Kleid ist dunkel, und die Gedanken sind es auch. Ein einziger Gedanke, um genau zu sein: Ärger darüber, dass Black Maroc so völlig an meinen Rezeptoren vorbeigezogen ist.
    Dann brauche ich eben was Stärkeres, denke ich. Ich will etwas spüren. Jetzt.
    Gleich ist es so weit.
    Wie lange dauert es denn noch?
    Die Bremsen quietschen hysterisch. Ich drehe mich nicht um. Werde bloß etwas langsamer.
    Ein Taxi rast rechts an mir vorbei, es kommt

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