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Schick einen Gruß, zuweilen durch die Sterne: Eine Geschichte von Liebe und Überleben in Zeiten des Terrors (German Edition)

Schick einen Gruß, zuweilen durch die Sterne: Eine Geschichte von Liebe und Überleben in Zeiten des Terrors (German Edition)

Titel: Schick einen Gruß, zuweilen durch die Sterne: Eine Geschichte von Liebe und Überleben in Zeiten des Terrors (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orlando FIGES
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teilte sie Lew am 12. August mit. »Man beeilt sich, die Stadt für ihren 800. Jahrestag [am 7. September] herauszuputzen, und die Hälfte der Straßen ist gesperrt.« Während sich die Stadt für die Festlichkeiten rüstete, traf Sweta ihre eigenen Vorbereitungen für die Reise nach Petschora, die, wie sie nun glaubte, Ende September stattfinden würde. Einen großen Teil der Zeit verbrachte sie damit, herauszufinden, wie sie am besten Fotomaterialien für Lew Israilewitsch besorgen konnte, der sie in Koschwa unterbringen würde und ihr helfen sollte, ins Holzkombinat zu gelangen. »Ich habe mich nach dem Fotozubehör erkundigt«, schrieb Sweta am 12. August. »Zurzeit gibt es keinen Mangel, und jeder müsste es mühelos in einem Laden kaufen können … Ich besorge alles, und wenn nichts aus der Reise wird, kann ich es immer noch in einem Paket an seine Adresse schicken – oder? Es wäre eines für zwei – Filme für ihn und Bücher für Dich.«
    Mittlerweile wusste Sweta, dass sie illegal reisen würde. Sie hatte ihre Versuche aufgegeben, eine Erlaubnis vom MWD in Moskau zu erhalten, und ohne dieses Papier hatte sie nichts in Petschora zu suchen, einer geheimen, auf der Karte nicht markierten Gulagsiedlung. Wenn (oder falls) Sweta dort eintraf, wollte sie zusammen mit Lew Israilewitsch in das Holzkombinat eindringen und sich im Haus eines der freien Arbeiter in der Industriezone verstecken. Lew würde sie dort während seiner Schicht im Kraftwerk besuchen können, wenn es ihm gelang, an den Wärtern am Eingang der Siedlung vorbeizukommen. Es war ein unbedachter und gefährlicher Plan, der enorme Risiken für Sweta barg. Ein Arbeitslager ohne Billigung des MWD zu betreten war ein schweres Staatsverbrechen. Da ihreForschungsarbeit militärische Bedeutung hatte, würde man sie selbst in ein Arbeitslager schicken, wenn sie bei dem Versuch, einen verurteilten »Spion« zu kontaktieren, erwischt wurde. Und jeder, der ihr half, würde ebenfalls in Schwierigkeiten geraten.
    Um den wahren Zweck ihrer Fahrt zu kaschieren, plante Sweta, sie an eine Dienstreise nach Kirow unweit des Urals anzuschließen, wo sie eine ihrem Institut zugeordnete Reifenfabrik inspizieren würde. Ihr Chef Zydsik sollte die notwendigen Formulare ausfüllen, um ihre Spur zu verwischen, wenn Sweta ihm wie vorgesehen ein Telegramm aus Kirow schickte, in dem sie ihn wissen ließ, dass sich ihre Rückkehr nach Moskau verzögern werde. Von Kirow würde sie nur eine Nacht und einen Tag benötigen, um mit dem Zug über Kotlas nach Koschwa zu gelangen, wo Lew Israilewitsch sie abholen sollte. Am 20. August schrieb sie Lew:
     
Da es Ortszüge von Kirow gibt, die ganz und gar zugänglich sind, werde ich in der Lage sein, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen. Wenn Mich. Al. [Zydsik] am 12. zurückkehrt, werde ich bis zum 15. meine Dienstreise zu der Fabrik für ungefähr 10 Tage registrieren lassen. Von dort werde ich weiterfahren, als wäre ich noch auf der Dienstreise, nur ohne Fahrkarte, aber dafür mit jeder Menge Vitamin D [Schmiergeld]. Dadurch werde ich die Kosten der Fahrkarte sparen, doch am wichtigsten ist, dass die Tage, die ich für die Hinreise nach Kirow und zurück brauche, nicht zu meinem Urlaub zählen werden, was noch günstiger für mich sein wird. Meine Arbeit in Kirow wird zwei bis drei Tage dauern (ich muss mir die Fabrik ansehen, einen Bericht schreiben und irgendwelche Ratschläge erteilen). Allerdings gebe ich zu, dass ich mich wegen der Reise ein wenig nervös fühle. Ich werde Deinem Namensvetter (oder jemand anderem?) ein Telegramm schicken, sobald ich in Moskau aufbreche, und dann noch einmal aus Kirow – alles wird sich in nur einem Monat abspielen. Ich glaube nicht, dass ich das zusätzliche Gepäck loswerden kann, Ljowa. P. hat versprochen, einige der Bücher (diejenigen, die schwer zu beschaffen sind, wie das neuesteEnglischlehrbuch und die Bücher über Kernenergie) für mich ausfindig zu machen. Nat[alia] Ark[adjewna] wird bestimmt etwas schicken, irgendwelche Kleidung, Brot für die Reise und so weiter. Wie ich wohl schon erwähnt habe, möchte ich Deinem Namensvetter etwas zukommen lassen, aber im Moment habe ich immer noch kein Fotozubehör … O. B. [Tante Olga] versteht nicht, warum ich Dir die Bücher nicht schicke wie früher den Anzug, doch, Ljowa, ich habe Angst vor Dir. Du würdest wütend auf mich sein. Ich schwöre beim Barte meines Vaters, dass ich meine Nase nun erst am 30. Jahrestag der

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