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Schicksal aus zweiter Hand

Schicksal aus zweiter Hand

Titel: Schicksal aus zweiter Hand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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in eine Zukunft, die uns gehören wird und uns gehören muß, wenn du weiter die Zähne zusammenbeißt und sagst: Wir wollen!
    Morgen wird alles anders sein … morgen wirst du auf der überdeckten Terrasse deines Hauses stehen und über den im trüben Novemberlicht träge fließenden Rhein blicken. Morgen bist du wieder zu Hause! Daheim! Zurück aus dem Grauen in eine Welt gekehrt, die wartet, was du tun wirst. Und dann gibt es keine Tränen mehr, das weiß ich – dann gibt es nur noch einen Willen, schlaflose Nächte, bis zum Zerreißen anstrengende Tage … Wochen, Monate voll Schweiß …
    Sie hielten am Bahnhof, mit dem Zug fuhren sie nach Düsseldorf, von Düsseldorf wieder mit einer Taxe hinaus zum weißen Haus am Rhein.
    Die Einfahrt war umkränzt mit Tannengrün … auf dem Weg zum Haus lagen Tannenzweige wie ein grüner Teppich, Bänder flatterten im Regenwind … neben dem Tor standen zehn Arbeiter, die Hüte in der Hand, als der Wagen hielt … die alte, treue Garde, die den Krieg überlebte.
    Im Tor aber stand Rita, im Arm einen großen Strauß weißer Chrysanthemen, und hinter Rita, in einem bunten Kopftuch, den Schirm über die blonden Locken des Kindes haltend, weinte Frau von Knörringen und lächelte doch dabei mit ihren mütterlichen, gütigen Augen.
    Frank Gerholdt starrte durch die Scheibe des Autos.
    »Sie sind alle da«, sagte er heiser vor Ergriffenheit. »Sie sind ja alle da – – – o Gott, ich bin wirklich zu Hause.«
    Der Werkmeister Franz Schulte wandte sich ab, als Gerholdt weinend in das Haus geleitet wurde. Er putzte sich über die Augen und sagte laut:
    »Verdammt – jetzt ist mir doch eine Fliege ins Auge geflogen.« Dabei schneuzte er sich.
    »'ne Fliege im Regen …?«
    »Halt's Maul!« schrie Schulte und stapfte davon. »Wenn mir 'ne Fliege ins Auge fliegt, ist der egal, ob's regnet oder die Sonne scheint – – –«
    November 1948.
    Regen. Wind. Über dem Rhein hing eine Nebelwand aus Myriaden Wassertröpfchen.
    Frank Gerholdt saß am offenen Kamin und starrte in die prasselnden Flammen. Um ihn herum standen die Arbeiter, Dr. Schwab, Rita und Frau von Knörringen. Sie hielten ein Glas Wein in der Hand und stießen auf seine Rückkehr an.
    »Wir sind jetzt eine große Familie«, sagte Gerholdt langsam. »Eine Familie mit einem Dach über dem Kopf, aber ohne Arbeit. Wenn wir zusammenhalten, wir alle, dann weiß ich, daß wir in einem, zwei oder drei Jahren wieder unten am Rhein stehen und von der Verladebrücke unsere Waren auf die Zillen rollen. Wir müssen nur zusammenhalten – – – das ist alles, was ich mir heute wünsche …«
    Dr. Schwab nickte. Befriedigt setzte er sein Glas auf die Marmorbank, die sich rund um den Kamin zog.
    Der alte Frank Gerholdt war wieder da!
    Er nahm den Kampf auf. Er war nicht alt geworden, er war nicht zerbrochen … weiß war nur sein Haar, weiß nur seine zerknitterte Haut, – aber die Augen leuchteten wieder, und wer diese Augen sah, konnte daran glauben, eine Zukunft vor sich zu haben.
    1951 machte Rita in Düsseldorf ihr Abitur.
    Aus dem Mädchen war eine schmächtige, junge Dame geworden, die noch immer ihre blonden Locken bis über die Schultern trug, der die jungen Männer auf der Straße nachsahen und nach importierter amerikanischer Art – wie sie auch im Kino zu sehen war – nachpfiffen, die aber mit einer Zielstrebigkeit und einem Ernst ihren Weg ging, bis im Februar 1951 das Abiturzeugnis in ihren Händen lag.
    An diesem Tage gab Frank Gerholdt ein Fest in seinem Haus am Rhein.
    Drei Jahre waren vorbeigegangen, die Frank Gerholdt als unvergleichlich mit den hinter ihm liegenden Jahren betrachtete. Nicht, daß sie schwerer waren als die Monate der schrecklichen Not, in der er im Hamburger Hafen stand und morgens um fünf Uhr für drei Stunden einen Job bekam … Kohle trimmen, Kisten schleppen, Hafenmolen säubern, Muscheln von Schiffswänden kratzen. Auch die Jahre nach dem Raub Ritas waren schwerer … die Jahre des Aufstiegs, des Krieges, des schrecklichen Zusammenbruchs, der Flucht aus Ostpreußen, die Jahre hinter den Mauern und Gittern des Zuchthauses von Werl … aber was den drei Jahren nach seiner Freilassung das Ungewöhnliche, das Fremde, das geradezu bestialisch Erdrückende gab, waren die Reminiszenzen seiner Umgebung.
    Zuerst leitete Dr. Schwab weiter den Aufbau der Fabrik … man baute mit den geliehenen zweihunderttausend Mark aus alten Wehrmachts- und Arbeitsdienstbaracken neue Arbeitsstätten. »Ich kehre

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