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Schicksal aus zweiter Hand

Schicksal aus zweiter Hand

Titel: Schicksal aus zweiter Hand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Standpunkt aus hast du recht.« Gerholdt nahm ein Etui aus der Tasche und klappte es auf. Gute Zigarren. Coronas, in Zedernholz gewickelt. Petermann schielte zu Gerholdt hinüber. Was soll das, dachte er. Warum greifst du nicht an? Warum spielst du den Jovialen? Was soll dieses Theater?
    Gerholdt blickte zu Petermann hin. »Rauchst du nicht mehr?«
    »Heute nicht. Sage endlich, was du willst!«
    »Es hat mich eine große Überwindung gekostet, zu dir zu kommen. Aber es ist etwas in meinem Leben eingetreten, das mich alle persönlichen Rücksichten vergessen läßt und sie einfach zur Seite schiebt. Ich suche einen Mann, Petermann! Einen Mörder! Ich gebe dem fünftausend Mark, der ihn findet.«
    Petermann atmete auf. Einen Mörder sucht er … Dann hat diese Irene Hartung geschwiegen. Verdammt, wie konnte man so ängstlich sein. Er nahm die Hand aus der Tasche vom Griff seiner Pistole und legte sie auf den Rücken. Er lächelte sogar. Er wußte nichts vom Tode Irenes und fühlte sich wieder sicher und Gerholdt gleichwertig.
    »Ich bin doch kein Detektiv«, sagte er sogar scherzend.
    »Aber du kennst eine Menge strammer Parteigenossen. Darum komme ich zu dir. Du bist sozusagen der einzige, der helfen kann. Du brauchst nur die Augen offenzuhalten. Der Mann, den ich suche, ist nicht zu verfehlen. Er trägt ein untrügliches Zeichen mit sich herum, eine Art Kainszeichen.« Gerholdt schob die Zigarren über den Tisch. »Aber rauch erst eine. Es erzählt sich besser.«
    Petermann trat an den Tisch und griff nach dem Etui. Dabei benutzte er die rechte Hand. Als er die Zigarre herauszog, sah Gerholdt auf dem Ringfinger einen dicken Siegelring mit einer schweren, goldenen Platte. Die Gravur – ein Hakenkreuz.
    Gerholdt wurde es dunkel vor den Augen. Einen Moment nur –, wie ein Schatten, der vorüberfliegt. Dann wurde es strahlend hell um ihn, so hell, daß er nur den Ring sah und den Finger, der langsam eine Zigarre, in Zedernholz gerollt, aus dem Etui zog.
    Er legte die Hände zusammen, als wolle er beten. Sie waren schweißig, und er spürte das Zittern, das durch seinen Körper fuhr.
    Petermann schnitt die Spitze der Zigarre mit einem silbernen Abschneider ab. Dabei leuchtete der Ring an seinem Finger auf. Gerholdt stöhnte auf. Erstaunt sah Petermann auf ihn hinab.
    »Was hast du auf einmal?«
    »Nichts. Gar nichts.« Gerholdts Stimme war rauh, fast tonlos. Er hatte die Augen geschlossen. Petermann! Nur dieses eine Wort war in seinem Kopf, seinem Herzen, seinem Körper, im Kreislauf seines Blutes. Petermann!
    »Du wolltest mir doch etwas von einem Mann erzählen, den du suchst«, riß die Stimme Gerholdt aus seinem Taumel der Gedanken. »Ein Mörder, sagst du?«
    Gerholdt nickte. »Ja, ein Mörder.« Er öffnete mit einem Ruck die Augen und starrte Petermann an. Lächelnd holte dieser eine Flasche Kognak und stellte sie vor Gerholdt hin. Sein Gesicht war breit, jovial, dumm und dreist in seiner Anbiederei.
    »Du meinst, daß ich ihn kenne?« Petermann lachte meckernd. »Du traust mir ja allerhand zu … Verkehr mit Mördern!«
    Gerholdt nickte langsam. »Das hätte ich dir wirklich nicht zugetraut«, sagte er dunkel. Er klopfte auf den Sitz neben sich. »Komm, setz dich hierher. Ich will dir ein paar Fotos zeigen … von dem Opfer des Mörders.«
    Petermann schob sein Glas zu Gerholdt hin und kam um den Tisch herum. Ächzend setzte er sich. Seine Biedermännigkeit erzeugte in Gerholdt einen Ekel, der bis zur Kehle drang und ihn fast erwürgte. »Her mit den Fotos«, sagte Petermann fröhlich. »Woher hast du sie eigentlich?«
    Gerholdt wandte sich um. Er sah Petermann an, lange, schweigend, sinnend. Petermann wurde unruhig.
    »Was hast du, Frank?« fragte er.
    »Glaubst du an Gott?«
    Petermann lachte grell. »Dumme Frage! Wer im SA-Sturm glaubt noch daran? Alter Mann mit weißem Bart, was? Gütiger Opa, der die Schäfchen auf den Wolken hütet! Haha!«
    »Glaubst du überhaupt an Gerechtigkeit? An die Berechtigung des alten Bibelspruches ›Auge um Auge, Zahn um Zahn‹?«
    »Mensch, hör auf!« Petermann winkte ab und kippte das Glas Kognak herunter. Er wischte sich mit der Zunge über die wulstigen Lippen. Gerholdt beugte sich vor.
    »Schmeckte der Kognak?« fragte er leise.
    »Und wie! Ist 'n Dreistern.«
    »Es war dein letzter Kognak …«
    Über Petermanns Rücken zog ein eiskaltes Kribbeln. Er fuhr herum und sah in kalte, fast leblose Augen. Augen, die kein Gefühl kannten, keine Regung, kein Verstehen, kein

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