Schicksal in zarter Hand
mindestens drei Kinder und einen liebevollen Ehemann mit einem Achtstundentag, der um sechs Uhr abends spätestens zu Hause war …
Mit einer alleinerziehenden Mutter, die noch dazu Schauspielerin war, führte man ein unstetes Leben. Es hatte sie nicht wirklich belastet, und es hatte sie früh ziemlich selbstständig werden lassen. Aber da sie so viel Zeit in engen Garderoben kleiner Theater oder hinter den Sets von unbedeutenden Filmen verbracht hatte, fand sie diese glitzernde Welt gar nicht mehr romantisch.
„Meine Mutter hat davon geträumt, dass ich ein berühmter Pianist werde“, sagte Franco und streckte seine Hände mit den schlanken Fingern aus. „Dabei wollte ich immer nur an Booten und Motoren herumbasteln.“
Aber er spielte auch begnadet Klavier, wie Lexi wusste. Wenn er bei offenem Fenster klassische Stücke gespielt hatte, waren die Leute manchmal draußen stehen geblieben und hatten verzückt gelauscht. Wenn er flotten Ragtime und Boogie-Woogie zum Besten gab, konnte er der langweiligsten Party neuen Schwung verpassen.
„Deine Mutter war eine wunderschöne Frau“, sagte Lexi, die sich an das lebensgroße Porträt im Musiksalon gut erinnerte.
„Deine auch“, erwiderte er und sah sie mitfühlend und verständnisvoll an. „Schade, dass ich sie nie kennengelernt habe.“
Ja, auch Lexi bedauerte es. Ihre Mutter hätte Franco sofort ins Herz geschlossen. Seine Mutter hingegen hätte an ihre blutjunge Schwiegertochter wohl nicht sehr viel Liebe verschwendet. Sie war aus ganz anderem Holz geschnitzt als Grace, die unverbesserliche Träumerin.
Für Isabella Tolle hingegen war das, wovon die meisten Menschen träumen, schon bei der Geburt in Erfüllung gegangen, denn sie stammte aus einer äußerst wohlhabenden, einflussreichen Familie.
Was sie sich für ihren einzigen Sohn sicher nicht gewünscht hatte, war die vorschnelle Ehe mit einem Teenagerstar, einem Mädchen, das sich nach einem einzigen Filmerfolg an ihren Sprössling heranmachte und in die Ehefalle lockte.
Nur habe ich mich nicht absichtlich an ihn herangemacht, er ist mir einfach so ins Netz gegangen, dachte Lexi bedrückt. Sie hatte sich dafür hassen gelernt.
„Sollen wir in mein Apartment fahren oder ins Castello Monfalcone?“
Francos Frage holte sie in die Gegenwart zurück. Ihr fiel ein, was sie seinem Vater heute Morgen zugesichert hatte. „Monfalcone“, antwortete sie.
„Nach Hause“, wies Franco den Fahrer an.
„Ja, Signor Franco. Das ist schön!“
„Wenigstens einer, der mit uns zufrieden ist“, bemerkte Franco leise.
„Wieso mit uns? Wir sind kein Paar mehr!“, erwiderte Lexi abweisend.
„Was denn dann?“, hakte er nach.
Darauf wusste sie keine Antwort. Sie waren Mann und Frau, die sich einander entfremdet hatten … aber irgendein Band bestand noch immer zwischen ihnen. War es Freundschaft? Nein, das auch nicht.
Früher war Franco nicht nur ihr Lover, sondern auch ihr bester Freund und Kamerad gewesen, etwas, was sie bis dahin gar nicht gekannt hatte. Dann entdeckte sie, dass er nur am Sex mit ihr interessiert war und an dem Spaß, dem ihm die Wette brachte.
Also verband sie jetzt nur noch Mitgefühl mit ihm, weil er seinen besten Freund verloren hatte. Ja, Franco tat ihr leid, und sie wollte ihm helfen, den Kummer über Marcos Tod zu überwinden.
Aber darüber durfte sie ja nicht reden! Also ließ sie die Frage unbeantwortet und wandte sich ab, um aus dem Fenster zu sehen.
Franco betrachtete ihr feines Profil und spürte plötzlich einen ziehenden Schmerz in der Brust, der nicht von den gebrochenen Rippen herrührte. Am liebsten hätte er Lexi unmissverständlich bewiesen, dass sie noch immer zu ihm gehörte.
Aber erstens wäre das die falsche Taktik, um sie zurückzugewinnen, und zweitens war er in seinem elenden Zustand dazu gar nicht in der Lage.
Und dann gab es da auch noch ihren Boss, den er nicht vergessen durfte.
„Warum hat Dayton dich eigentlich angerufen?“, erkundigte Franco sich kühl.
Sein Ton ließ seine Abneigung deutlich werden. Lexi wusste, dass er und Bruce sich schon immer gegenseitig von Herzen verabscheut hatten.
„Schließlich arbeite ich für Bruce“, antwortete sie knapp.
„Das weiß ich.“
Ach ja? Das überraschte sie. Sie hatte vermutet, er hätte sie nach der Trennung völlig aus seinen Gedanken verbannt, so wie er es jetzt mit Marco machte.
„Da du auch ein Arbeitgeber bist, weißt du doch, wie das funktioniert: Man will einfach wissen, wann die
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