Schicksal!
will gerade antworten und etwas sagen, das bewirkt, dass sie sich an mich erinnert. Etwas, das sie umstimmt. Und ich habe nicht die geringste Ahnung, was das sein könnte. Als ich schließlich den Mund öffne, ist alles, was herauskommt, ein schmerzverzerrtes: »Autsch!«
»Es tut mir leid«, sagt Sara. »Aber ich bin im Augenblick nicht bereit für irgendetwas Ernsthaftes.«
Ich winke mit einer Hand ab, beuge mich dann nach vorn und lege beide Hände auf meine Knie.
Plötzlich fühle ich mich gar nicht gut.
»Geht es dir gut?«, fragt Sara. Sie klingt eher argwöhnisch als besorgt und tritt einen Schritt zurück.
Ich schüttele den Kopf. Es fühlt sich an, als hätte jemand in meinem Magen einen elektrischen Mixer angeworfen.
Entweder fühlt es sich so an, wenn einem das Herz gebrochen wird, oder meine Transformation beginnt früher als geplant.
Hält sich denn niemand mehr an Termine?
Ein Krampf erfasst mich, und ich stöhne auf vor Schmerz. Dann krümme ich mich unter einem weiteren Krampf zusammen. Sara sagt etwas von Ärzten und Hilfe und ich solle doch bitte meine Sachen anziehen, aber ich kann sie kaum hören. Der elektrische Mixer in meinem Bauch dreht sich schneller, quirlt sich hinunter in meine Leistengegend und wieder hinauf in die Brust.
Die Transformation vom unsterblichen in den sterblichen Zustand ist so schmerzvoll, wie man es sich nur vorstellen kann. Selbstverständlich habe ich es vorher noch nicht durchgemacht, aber wir haben immerhin alle die Fallstudien von Luzifer und Asasel in »Einführung in die Unsterblichkeit« gelesen.
Zuerst hast du den Eindruck, dein Innerstes würde durcheinandergewirbelt. Das Elektrischer-Mixer-Syndrom. Das geht mehrere Minuten so weiter und breitet sich durch deinen gesamten Menschenanzug aus, bis du glaubst, du wärest eine einzige gigantische Rührschüssel voll kosmischen Schleims.
Kurz danach implodiert dein Innerstes.
Stell dir vor, all deine inneren Organe, Blutgefäße, Knorpel und Knochen verwandeln sich plötzlich in eine Supernova, explodieren innerhalb der Begrenzung deiner Haut. Und jetzt male dir das Ganze andersherum aus.
Wenn ich implodiere, wird sich der blendend weiße Ball in meinem Menschenanzug ausdehnen und mir das Aussehen eines zu stark aufgeblasenen Luftballons geben. Dann wird er in sich zusammenfallen und allmählich abkühlen. Er wird sich zu Knochen, Organen und Blutgfäßen formen, während mein Menschenanzug sich in menschliches Fleisch transformiert. Allerdings ist der blendende weiße Lichtball, der mein unsterbliches Ich gewesen ist, dreimal so schwer wie die internen Komponenten, die ein typischer sterblicher Mann mit sich herumträgt. Deshalb entsteht bei so einer Transformation ein ganzer Berg … Abfall, der dann herausgelassen werden muss.
So ähnlich wie bei einer Lebensmittelvergiftung.
Oder denkt an eine Magen-Darm-Grippe.
Oder an die Flutkatastrophe von Johnstown.
Der elektrische Mixer arbeitet sich bereits durch meine Beine hinab und in meinen Kopf hinauf, und mir wird klar, dass ich keine Zeit mehr haben werde, in meine Wohnung zu kommen.
Noch ehe ich die Fähigkeit zum Gehen verliere, torkele ich an Sara vorbei, ramme sie dabei und werfe sie beinahe um, als ich in ihr Schlafzimmer und dann weiter ins Badezimmer taumele.
»Hey!«, schreit Sara hinter mir her, doch ihre Stimme klingt durch das Gedröhne in meinen Ohren gedämpft.
Ich ignoriere sie und bewege mich auf das Badezimmer zu, hoffe, es vor der Implosion zu erreichen. Ich schaffe es gerade noch hinein und kann die Tür schließen, als der elektrische Mixer anhält. Einen Moment lang spüre ich nichts. Keine Krämpfe. Keine Beschwerden. Kein Mixer. Nur eine übernatürliche Stille in mir.
»Sergio?«, fragt Sara auf der anderen Seite der Tür. »Was ist da los?«
Bevor ich ihr antworten oder zur Toilette gelangen kann, implodiere ich innerlich.
Ich breche zusammen, winde mich schreiend auf dem Boden. Mein Innerstes steht in Flammen und gefriert, meine überschüssige Unsterblichkeit dringt aus jeder Körperöffnung, bis ich denke, dass ich sterben muss. Bis ich mir wünsche, ich wäre tot. Ich weiß nicht, wie lang das so geht. Vielleicht dreißig Sekunden, vielleicht dreißig Minuten. Als es schließlich vorbei ist, bleibe ich japsend und sterblich auf dem Badezimmerboden zurück und liege in einer gerinnenden Lache aus widerlich stinkendem, nicht-menschlichem Schleim.
Ich habe die Befürchtung, dass das meine Chancen auf ein zweites Date
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