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Schicksal!

Schicksal!

Titel: Schicksal! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S.G. Browne
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habe ich einen Umzug in Erwägung gezogen, damit ich meine Verlockung nicht ständig in greifbarer Nähe um mich habe. Aber ich schätze die Dachterrasse sehr. Erinnert mich an Eden. Was bei dem ganzen Versuchungs-Szenario nicht wirklich hilfreich ist.
    Außerdem: Selbst wenn ich nach Brooklyn, Queens oder Long Island ziehen würde, wüsste ich ja trotzdem, wo Sara wohnt und wo sie arbeitet und wann sie höchstwahrscheinlich ein Dampfbad in ihrem Fitnessklub nehmen würde. Nebenbei bemerkt hasse ich es, zu packen. Und DSL neu einzurichten ist der reinste Nerventerror. Also habe ich »umziehen« von meiner Liste gestrichen.
    Ich könnte mal
Erinnerung
bitten, ihre Künste anzuwenden, und Sara einfach aus meiner Datenbank streichen lassen. Allerdings ist
Erinnerung
manchmal recht selektiv und kriegt so einiges durcheinander. Und ich habe überhaupt keine Lust dazu, die nächsten paar Jahrhunderte durch die Gegend zu wandern und zu überlegen, wo ich meine Schlüssel hingelegt habe.
    Also stecke ich fest: in meinem Apartment in der Upper East Side, in meinen Gefühlen für Sara und der allgemeinen Erkenntnis, dass ich absolut keine Ahnung habe, was ich tun soll.
    In Zeiten wie diesen meditiere ich gern. Und wenn man den Geist zur Ruhe kommen lassen und Klarheit finden will, geht nichts über ein unsichtbar-nacktes Sonnenbad auf der Dachterrasse.
    Ich habe die Augen geschlossen. Mein Körper kocht unter einer Schicht Sonnencreme, und die warme Sonne verleiht meinem brandneuen Männeranzug langsam einen regelmäßigen Bronzeton.
    Als ich aus Amsterdam zurückgekommen bin, habe ich
Genialität
darum gebeten, die Narbe von meiner Stichwunde zu reparieren. Sein Schweigen habe ich mir mit etwas White Widow erkauft, das ich aus einem der Coffeeshops mitgebracht hatte.
Genialität
arbeitet am besten unter dem Einfluss bewusstseinsverändernder Drogen. Als er dann erwähnte, dass mein Anzug ziemlich veraltet wäre, und mir das neueste Modell zeigte, habe ich drei Gramm von meinen Magic Mushrooms investiert. Nun trage ich eine verbesserte Version, die das aktuelle Bild von einem perfekten Männerkörper widerspiegelt: breite Brust, durchtrainierte Arme und Beine, Waschbrettbauch und makellose haarlose Haut. Außerdem habe ich den maskulinsten Teil meiner Anatomie aufwerten lassen.
    Obwohl ich es nicht beweisen kann, könnte ich schwören, dass
Eitelkeit
bei meiner Entscheidung die Hand mit im Spiel hatte.
    Natürlich musste meine äußere Erscheinung im Grunde gleich bleiben – Gesicht, Haar, Hautfarbe, Größe. Darum hat es auch einige Wochen gedauert, bis mein maßgeschneiderter Anzug fertig war. Denn schließlich kann man einen Männeranzug nicht einfach so kaufen und damit zur Tür hinausspazieren. Jedenfalls nicht, wenn man vermeiden will, in der »Top Ten der Fashion-Fauxpas unter den Unsterblichen«-Ausgabe des
Style-
Magazins zu landen.
    Ich hoffe, dass mein neuer Anzug mir das nötige Selbstvertrauen gibt, um Sara anzusprechen. Trotzdem wird die physische Erscheinung allein mein Dilemma nicht auflösen können. Ich muss meine innere Mitte finden.
    Mein Atem geht langsam und rhythmisch. Meine Augen sind geschlossen, und ich sehe nichts als Dunkelheit, als mein Geist sich ruhig und konzentriert auf die Suche begibt. Die Geräusche New Yorks und die Schicksale seiner mehr als acht Millionen Einwohner bilden nun kaum mehr als ein gedämpftes Rauschen im Hintergrund – wie das Rauschen des Meeres, beruhigend und monoton.
    Selbstverständlich könnte ich mich sehr viel besser konzentrieren, wenn das Objekt meiner verbotenen Begierde jetzt nicht auf der Dachterrasse erscheinen und dabei
Hot Stuff
von Donna Summer singen würde – mit nichts als einem schwarzen, französisch geschnittenen Bikini bekleidet.
    Als ich meine Augen öffne und zu ihr herüberschaue, hört Sara auf zu singen, nimmt die Kopfhörer von ihrem iPod aus den Ohren und klappt ihre Sonnenliege auf. Dann macht sie es sich gemütlich. Obwohl ich unsichtbar bin, verspüre ich den Drang, mir etwas überzuziehen – weil sich das so gehört. In dem Moment blickt Sara in meine Richtung und fragt: »Was dagegen, wenn ich mich dazugeselle?«
    Ich habe wieder mal vergessen, meine Tarnung anzuwerfen. Nicht ganz die Art, wie ich mir unser offizielles Kennenlernen ausgemalt habe.
    Als ich mich bedecken will, stoppt sie mich.
    »Ist schon okay«, sagt sie. »Das stört mich nicht.«
    Man glaubt, man weiß alles über eine sterbliche Frau, und dann zuckt sie nicht

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