Schicksal!
ein. So ist für den maximalen Rausch gesorgt, während man die endlose Parade von Frauen betrachtet, die an der Stange tanzen und sich dabei ausziehen.
Von meinem Platz aus habe ich die gesamte Bar im Visier. Zumindest dann, wenn Bambis Brüste sich mir nicht entgegenrecken. Mitten am Nachmittag sind nicht besonders viele Kunden hier. Nur ein Dutzend Männer mittleren Alters, die alle auf eine einsame Zukunft mit Sportfernsehen, Peperonipizza und Internetpornos zusteuern. Aber dann entdecke ich ein bekanntes Gesicht auf der anderen Seite der Bar – jemanden, der noch nicht da gewesen ist, als ich vor einer Stunde gekommen bin.
Sobald Bambi mit meinem Lapdance fertig ist, fragt sie mich, ob wir in einem der VIP -Räume weitermachen wollen. Sehr verlockend. Und es ist auch nicht so, dass ich mir die Behandlung nicht leisten könnte. Doch so verzweifelt bin ich nicht, dass ich jemanden dafür bezahlen müsste, mir einen runterzuholen. Also sage ich ihr, dass ich passe, schiebe ihr zum Schluss einen Zwanziger in den G-String, nehme meinen Drink und gehe rüber zur Bar.
Der Kerl, der dort am Ende der Bar an einer Flasche Budweiser nuckelt, sieht noch erbärmlicher aus als all die anderen dem Untergang geweihten Männer im Klub. Er blickt von seinem Bier auf, schaut herüber zu mir, sieht mich aus aufgequollenen, blutunterlaufenen Augen an und wirft mir ein schwaches Lächeln zu.
Um es auf den Punkt zu bringen:
Misserfolg
ist manisch-depressiv.
Wie immer trägt er einen Dreitagebart, und unter seiner ausgebleichten Chicago-Cubs-Kappe ist sein ungewaschenes Haar zu sehen, das schlaff und fettig herabhängt. Seine Chinos sind so zerknittert, dass es fast schon modisch wirkt.
Ich ziehe mir einen Stuhl zu ihm heran.
»Sergio«, begrüßt er mich ohne viel Enthusiasmus. »Wie laufen die Geschäfte?«
»Vorhersehbar«, erwidere ich. »Und bei dir?«
»Mitreißend erfolgreich.« Er nimmt einen Schluck Bier. Ich kann nicht entscheiden, ob das sein Ernst war oder ob es ein Scherz sein sollte. Irgendwie beides, vermute ich.
Ich treffe
Misserfolg
ab und zu, was nicht weiter überrascht, wenn man bedenkt, dass die meisten meiner Menschen ihr Leben nicht gerade mit Bravour meistern. Manchmal sehe ich ihn, wie er mit
Sucht
oder
Schuld
oder mit einer der anderen Geringeren Sünden abhängt. Normalerweise meiden die Geringeren Sünden den Kontakt zu den Tödlichen, weil diese auf die eher verzeihbaren Laster wie auf Sünden zweiter Klasse herabblicken.
Wir sitzen und schweigen, während sich eine Wasserstoffblondine mit Brustimplantaten die Stange hinaufschwingt, sie mit den Schenkeln umklammert und dann kopfüber hinabrutscht, bis ihre Hände die Bühne berühren. Ich bin zwar nicht besonders beeindruckt, werfe ihr aber ein paar Dollarscheine zu. Für den Versuch. Und nebenbei bemerkt: Wenn sie erst fünfundvierzig ist, wird sie das Geld für eine Fettabsaugung dringend brauchen.
»Ich hab gehört, du hattest ein Treffen mit Jerry«, sagt
Misserfolg.
»Tatsächlich? Wer hat dir das erzählt?«
Misserfolg
schaut mich mit einem Gesichtsausdruck an, der zu sagen scheint:
Wer wohl?
Tratsch.
Natürlich. Die kleine Schlampe. Kann sie sich nicht ein einziges Mal um ihre eigenen Angelegenheiten kümmern?
»Und, wie läuft es bei Jerry?«, fragt er.
»Allmächtig wie eh und je. Hat mit der Peitsche geknallt. Wollte sicherstellen, dass ich meinen Job erledige.«
»Wirklich? Ich hab ihn eher für so eine Art Schlappschwanz gehalten.«
Irgendwie schafft es
Misserfolg
immer wieder, Unterhaltungen ins Peinliche abgleiten zu lassen.
»Also, was machst du, um dich zu beschäftigen?«, erkundige ich mich.
»Och, das Übliche«, antwortet
Misserfolg.
»Highschools, Rennbahnen, Filmstudios. Ab und zu mache ich einen Abstecher nach Washington, um der Demokratie ein bisschen einzuheizen. Aber das ist fast schon ein Selbstläufer, also kümmere ich mich selten darum.«
Eine weitere Stripperin – eine schlanke Koreanerin, die ihren Job als Stewardess für eine Karriere als Pornostar an den Nagel hängen wird – gesellt sich zur nachgemachten Blondine und beginnt, über die Innenseite ihrer Oberschenkel zu streicheln.
»Ich hänge viel in solchen Bars ab«, meint
Misserfolg
und trinkt einen weiteren Schluck Bier. »Nicht so sehr wegen der Frauen. Die meisten von ihnen sind nur hier, um ein bisschen schnelles Geld zu verdienen. Aber die Männer kommen her, weil sie auf irgendeine Art und Weise versagt haben. Bei der Arbeit. Beim
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