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Schicksal!

Schicksal!

Titel: Schicksal! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S.G. Browne
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richtig gutem Sex werde ich meist so gesprächig wie ein reumütiger Pilgervater vor dem Papst.
    Ich muss wirklich lernen, nach dem Orgasmus meinen Mund zu halten.
    Glücklicherweise habe ich, während ich an dem Joint ziehe, einen Moment Zeit, um meine Gedanken zu sammeln. Ich halte den Rauch so lange wie möglich drinnen und hoffe, dass Sara das Gesprächsthema wechselt, während ich auf meine Antwort warten lasse.
    »Und, tust du’s?«, fragt sie wieder und dreht den Kopf auf dem Kissen, um mich anzusehen.
    Ich leere meine Lungen und schaue zu Sara: Ihre Lippen sind feucht, Schweiß schimmert auf ihrer Haut, ihr weiches braunes Haar liegt um ihre Schultern drapiert.
    »Wenn ich dich sehe, glaube ich an Gott.«
    Das Komische ist, dass ich das gar nicht hatte sagen wollen. Aber es scheint zu funktionieren, denn sie lächelt, lässt das Thema fallen und schiebt mir die Zunge in den Hals.
    Als wir beide eine Stunde später wieder nach Atem ringen, fragt Sara, ob ich mich daran erinnere, wie wir uns in der U-Bahn begegnet sind.
    Ich starre an meine verspiegelte Decke und tue so, als wüsste ich nicht, wovon sie spricht.
    »Vor ein paar Wochen«, sagt sie. »Ich bin an der Houston Street eingestiegen und saß auf der Bank dir gegenüber. Du hast eine Boston-Red-Sox-Kappe getragen und ein T-Shirt mit der Aufschrift ›Fuck New York‹.«
    Manchmal trage ich gern so was Provokatives, nur um zu beobachten, wie die Leute darauf reagieren. Stimmt, technisch gesehen ist das Einmischung – aber dadurch, dass ich das getan habe, hat sich noch nie das Schicksal von jemandem drastisch verändert. Bis auf das eine Mal, als ich während der Herrschaft von Heinrich VIII . am Tower of London entlangschlenderte und eine Tunika mit der Aufschrift »Deine Frau ist eine Verräterschlampe« trug.
    Ups.
    »Zuerst konnte ich nicht glauben, dass du mit so einem Spruch auf dem T-Shirt in der U-Bahn in Manhattan durchkommen würdest«, fährt Sara fort. »Aber niemand hatte den Mut, dich darauf anzusprechen. Du hattest so eine gewisse Ausstrahlung, so dass sich niemand mit dir anlegen wollte. Nur, dass deine Haltung nicht einschüchternd oder gewalttätig, sondern absolut gelangweilt wirkte. Als ob es dir egal wäre, was irgendjemand denkt.«
    Ziemlich nah dran.
    »Das hat mich so an dir fasziniert«, fügt sie hinzu. »Ich konnte meine Augen einfach nicht von dir abwenden. Erinnerst du dich?«
    Ich nicke. Verdammte Nachwirkungen von
Ehrlichkeit.
    »Ich wusste es«, sagt sie, rollt herum, stützt sich auf einen Ellbogen und starrt mich mit diesen einnehmenden Augen an. »Ich wusste es, seit du mich auf der Dachterrasse so angeschaut hast. Du hast mich auch wiedererkannt. Aber ich habe an deinem Blick gesehen, dass es bei dir tiefer ging. Als würdest du mich schon viel länger kennen als nur von einer Zufallsbegegnung.«
    Ich will das nicht. Ich will ihr nicht antworten, ihr nicht die Wahrheit sagen müssen. Doch ich kann sie nicht anlügen. Ich kann nicht so tun, als wäre ich ihr nicht auf Schritt und Tritt gefolgt, seit sie hier eingezogen ist. Als hätte ich dabei nicht ständig versucht, all meinen Mut zusammenzunehmen, um sie anzusprechen.
    »Ich habe dich gestalkt«, erwidere ich.
    Vielleicht nicht die schlaueste Art, um es auszudrücken, aber bitte sehr – ich war zumindest ehrlich.
    Sie sieht mich an. Sie lacht nicht, so als würde sie es für einen Scherz halten. Sie starrt mich einfach nur an, mustert mich, weckt in mir das Gefühl, ich sollte aufstehen und gehen.
    »Wirklich?«, fragt sie.
    Ich nicke.
    »Seit der U-Bahn?«
    Ich nicke wieder. Erst danach bin ich ihr systematisch gefolgt. Möglicherweise ist dieses kleine Detail ja doch für irgendetwas gut.
    Sie blickt mich schweigend an – so lange, dass ich mich frage, ob ich
Erinnerung
eventuell um einen Gefallen bitten muss, damit ich nicht mit einer Vorstrafe ende. Dann lächelt Sara und sagt: »Ich bin vorher noch nie gestalkt worden.«
    »Ist das gut oder schlecht?«, frage ich.
    »Gut«, antwortet sie. Das Wort kommt so weich und betörend über ihre Lippen, dass es sich fast anhört, als würde sie schnurren. »Definitiv gut.«
    Die nächsten Momente vergehen in einer Kombination aus Erleichterung und sexueller Anspannung. Denn das ist alles, was ich machen kann, um ihr meine Dankbarkeit dafür zu zeigen, dass sie mir nicht eine einstweilige Verfügung um die Ohren haut.
    »Woran denkst du?«, will sie wissen.
    Ich schaue sie an: diese Frau, die den Obdachlosen

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