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Schicksal!

Schicksal!

Titel: Schicksal! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S.G. Browne
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klettern und die Pappe hineindrücken – und zwar mit dem Fuß, der kurz darauf von der Presse erfasst werden wird. Niemand wird bemerken, was passiert ist. Erst am nächsten Morgen werden seine Mitarbeiter die zerquetschte Leiche finden.
    Bis jetzt sehe ich kein Zeichen von Teddy, was mich nicht weiter überrascht. Bei über hundertfünfzigtausend Toten pro Stunde weltweit kann er wirklich nicht jedem Ableben beiwohnen. Deshalb neigt er dazu, Einzelfälle auszuwählen. Den Großteil der Kindstode und der natürlichen Todesfälle überlässt er
Verheerung
und
Verzweiflung.
Um den Rest kümmert Teddy sich persönlich: Märtyrer, Helden, Mordopfer. Und in Fällen wie diesem pflegt Teddy in letzter Minute aufzutauchen. Außerdem war er nie ein großer Fan der österreichischen Küche.
    Ich nehme noch einen Bissen von meiner Wurst, als Günther die hydraulische Presse startet. Dann klettert er hinauf zum Einwurfschacht und nutzt seinen rechten Fuß, um die Kartons tiefer in die Müllpresse zu drücken. Ehrlich, ich bin überrascht, dass er es geschafft hat, sein Leben nahezu fünf Dekaden lang zu behalten.
    Ich schaue zu, wie er seinen Fuß in die laufende Müllpresse schiebt, und schüttele den Kopf. Mein altes Ich würde einfach die Wurst aufessen und das Bier austrinken, während Günther in die Müllpresse gezogen wird und seinem Schicksal begegnet – was zwar ein unangenehmer Anblick ist, ihn aber zumindest aus dem Genpool entfernt.
    Vielleicht liegt es daran, dass ich so lange mit ihnen gelebt habe. Doch trotz ihres begrenzten Vorstellungsvermögens, ihrer überflüssigen Konflikte und der lächerlichen Gesichter, die sie beim Sex machen, habe ich angefangen, eine kleine Schwäche für meine unbeholfenen, selbstzerstörerischen und irregeleiteten Menschen zu entwickeln. Ich weiß, dass ich nicht allen helfen kann. Aber ich kann auch nicht danebenstehen und zusehen, wie einer von ihnen in einer Presse verendet. Zumindest nicht, wenn ich es verhindern kann.
    Kurz bevor die Maschine seinen Fuß erfasst, um Günther in den Schacht zu ziehen und ihn in einen menschlichen Pfannkuchen zu verwandeln, packe ich ihn am Kragen seiner braunen Uniform und zerre ihn von der Müllpresse weg. Ich habe überlegt, dabei unsichtbar zu bleiben, doch dann würde Günther nicht erkennen, was ihm beinahe passiert wäre. Also materialisiere ich mich, bevor ich zugreife.
    »Hey!«, schreit er, als er mich erblickt. »Was zum Teufel machen Sie hier?«
    »Dein Leben retten«, antworte ich, bevor ich mich wieder meiner Bratwurst zuwende. »Hast du überhaupt eine Ahnung, wie gefährlich es ist, deinen Fuß in eine laufende Müllpresse zu stecken?«
    Um meine Aussage zu unterstreichen, leere ich mein Bier und werfe die Dose in die Presse, die sie unter kurzem Knirschen und Knallen im Handumdrehen zerlegt.
    »Stell dir vor, das würde mit dir passieren«, sage ich. »Und zwar am ganzen Körper.«
    Er schaut zur Müllpresse, dann zu mir, dann wieder zur Presse, als würde er darüber nachdenken, wer die Wahrheit sagt. Ich beginne mich zu fragen, ob es eine so gute Idee war, Günther Zivick zu retten.
    »Arbeiten Sie hier?«, fragt er.
    Ich weise mit beiden Händen auf meine Kleidung, die aus Flip-Flops, blaugrünen Shorts mit einem Diamanten-Mosaik-Muster und einem kanariengelben T-Shirt mit der Aufschrift »Prostitutes suck« besteht. »Sehe ich so aus, als würde ich hier arbeiten?«
    Er betrachtet mich, als würde er die Frage überdenken.
    »Wer sind Sie dann?«, will er wissen.
    »Ich bin zuständig für die Arbeitssicherheit. Und wenn du nicht innerhalb von fünf Sekunden aus meinen Augen verschwunden bist, kommst du in meinen Bericht.«
    »Aber ich habe doch nur …«
    »Eins. Zwei …«
    Bevor ich »drei« sagen kann, rennt Günther schon auf den Hintereingang des Gebäudes zu. Ich sehe ihm nach, während ich den Rest meiner Wurst esse und mich bemitleide, weil ich nun kein Bier mehr habe, um sie herunterzuspülen. Kurz frage ich mich, ob ich einen kleinen Ausflug in die nächste Kneipe machen kann. Doch als ich mich umdrehe, steht Teddy da – mit Partikelfiltermaske aus Neopren, Untersuchungshandschuhen in Industriestärke und genervtem Gesichtsausdruck.
    »Was zum Teufel ist hier los?«
    »Überraschung!«, begrüße ich ihn mit einem Lächeln, von dem ich hoffe, dass es nicht so gezwungen aussieht, wie es sich anfühlt.
    Mit seinen eisblauen Augen zwischen dem weißen Haarschopf und der Partikelfiltermaske mustert Teddy mich.

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