Schicksal!
werden. Aber dieses neue und verbesserte Schicksal geht über die Parameter seines Potenzials hinaus.
Soweit ich es erkennen kann, wird er eine ganze Bewegung in Gang setzen, sogar landesweit Aufmerksamkeit erregen und in absehbarer Zeit ziemlich großen Erfolg haben. »Absehbar« liegt tatsächlich in nicht allzu ferner Zukunft. Damit will ich nicht andeuten, dass ihn dann ein Burn-out ereilt, er einer Herzattacke erliegt oder er von der Hundemafia abgemurkst wird. Es ist vielmehr so, dass ich nicht über die nächsten paar Jahre seiner Zukunft hinausschauen kann. Die Zeit danach erscheint mir buchstäblich verschwommen – als wäre ein dichter Nebel von der kosmischen Küste herangeweht und hätte meine Sicht verdunkelt.
Als könnte ich dadurch den Nebel vertreiben, schüttele ich den Kopf. Denn was ich zu sehen glaube, ist nicht möglich. Doch alles Kopfschütteln nützt nichts: Auch ein weiterer Blick lässt mich das Schicksal von Cliff Brooks nicht klar erkennen.
Er ist noch nicht ganz dort angekommen, aber ich will verdammt sein, wenn das nicht bedeutet, dass er auf dem Weg zum Pfad der Bestimmung ist.
30
N och eins«, sagt
Karma
und winkt einem vorbeigehenden Kellner mit seiner leeren Flasche Kingfisher Lager zu.
Wir sind oben im Curry in a Hurry, Ecke Lexington, East 28 th in Manhattan. Das Lokal ist vollgestopft mit der wochentäglichen Lunch-Meute. Hängepflanzen und Wasserfarbenbilder von Schlangenbeschwörern und indischen Liebesszenen schmücken die Wände. Im hinteren Bereich, neben den Toiletten, läuft auf einem Flatscreen irgendein Bollywood-Streifen.
Der Aufstieg des Cliff Brooks gehört nicht zu den Dingen, die ich einfach ignorieren kann. So etwas ist bisher nie vorgekommen. Eine Anomalie. Eine Mutation der kosmischen Gesetze. Ich muss herausfinden, wie ich ihn auf den richtigen Pfad zurückbringen kann.
Das Problem ist: Ich war nie ein guter Schüler, und Jerrys Vorlesungen über die Pfad-Theorie und die Prädestinationslehre haben mich stets zuverlässig eingeschläfert. Also brauche ich jemanden, der mir hilft. Teddy war nicht verpflichtet, diese Kurse zu belegen, da letztendlich alle Pfade zu ihm führen.
Faulheit
hat in mehr Kursen geschlafen als ich, und
Völlerei
hat seine Hausaufgaben regelmäßig aufgefressen. Obwohl
Karma
fast so oft wie ich geschwänzt hat, ist es ihm irgendwie gelungen, zu den Klassenbesten zu gehören.
Glücklicherweise war
Karma
zu seinem jährlichen Besuch bei George Steinbrenner, dem risikofreudigen Großunternehmer und Besitzer der New York Yankees, in der Stadt, und so war es nicht allzu schwer, ihn aufzuspüren.
»Also«, sage ich. »Ich habe noch eine Frage zu den Pfaden.«
»Du meinst so was wie den Pfad des Schicksals, den Pfad der Bestimmung und den ganzen anderen metaphysischen Scheißdreck?«
Karmas
Augen sind nach den zwei Bier, die er vernichtet hat, bereits ein bisschen glasig.
»Genau«, antworte ich und frage mich insgeheim, wie viel Bier er schon getrunken hat, bevor ich aufgetaucht bin.
»Keine Ahnung, Mann«, gibt er zurück. »Das ist verflucht noch mal über zweihundertfünfzigtausend verdammte Jahre her.«
Die japanische Frau am Nebentisch hält mit der Gabel auf halbem Weg zu ihrem geöffneten Mund inne und starrt zu uns rüber.
»Hör mal«, sage ich, als der Kellner ein weiteres Kingfisher bringt. »Hilf mir einfach, dann bezahle ich dafür das Essen.«
»Okay«, willigt er ein. »Aber ich war nie ein fleißiger Schüler.«
»Ach, komm schon«, sage ich. »In Prädestinationslehre hast du richtig aufgetrumpft. Du hast mit der höchsten Punktzahl von allen in der Klasse abgeschlossen.«
»Ich hab beschissen«, erklärt
Karma,
ehe er sein Bier zur Hälfte leert. »Hab die Antworten von
Betrug
gekauft. Ich hab nicht ein einziges Buch aufgeschlagen.«
Na großartig. Ich bin auf der Suche nach Klarheit und Weisheit hergekommen, und was kriege ich stattdessen geboten? Verrücktheit und Katzenjammer.
»Erinnerst du dich denn an Sachen aus der Schulzeit?«, erkundige ich mich. »An irgendetwas?«
»An ein paar Sachen schon«, erwidert er. »Ich erinnere mich an den Sportunterricht und daran, wie ich
Versehrtheits
Rollstuhl während der Greek Week gestohlen habe. Oder wie ich
Keuschheits
Spind mit Nacktbildern von
Selbstvertrauen
verziert habe. Oh, und ich erinnere mich an die Visualisierungstechniken, die wir in Virtuelles Theater gelernt haben.«
Prunk
hat den Kurs gegeben. Die Idee war: Stellt euch vor, ihr seid ein lebloses
Weitere Kostenlose Bücher