Schicksal!
soll. Dies ist einer der Momente, in denen ich wünsche, ich könnte mich einfach in Luft auflösen. Vielleicht auf Hawaii, Santorin oder Jamaika vorbeischauen. Ich habe gehört, dass es im Partyhotel Hedonism II zu dieser Jahreszeit sehr schön sein soll.
Die Zweiundvierzigjährige, der
Karma
geraten hat, auf die Erlösung zu scheißen, zeigt auf ihn und sagt: »Er glaubt, er wäre das personifizierte Karma.«
»Stimmt das?«, fragt der Polizist.
»Die Kunst des Karmas liegt in der Beherrschung von intelligenter Aktion und leidenschaftsloser Reaktion«, erklärt
Karma
und rülpst dem Polizisten ins Gesicht.
Unglaublich hilfreicher Einfall in unserer Lage.
»Und was ist mit Ihnen?«, wendet sich der Polizist an mich und schaut mich an. »Wer, glauben Sie, sind Sie?«
»Ich bin nur jemand, der zur falschen Zeit am falschen Ort ist.«
»Richtig erkannt«, sagt der Polizist. »Lasst uns rausgehen und uns ein bisschen unterhalten, damit wir herausfinden können, wer ihr zwei wirklich seid.«
»Ich bin
Karma
«, verkündet
Karma,
klettert auf den nächsten Tisch und wirft ein paar Gläser und Teller um, als er die Lotosposition einnimmt. »Ich bin wie eine Waage …«
»Lass uns gehen, Kumpel«, sagt der erste Polizist und packt
Karma
am Arm.
Karma
rührt sich nicht, woraufhin der zweite Polizist den Tisch umrundet und nach
Karmas
anderem Arm greift.
»Eure Handlungen werden Folgen haben«, wettert
Karma.
»Ihr müsst euch meinem Willen beugen!«
»Alles klar«, erwidert der erste Polizist und nimmt seine Handschellen heraus. »Und Sie müssen sich jetzt der Staatsgewalt beugen.«
Schneller, als man
samsara
sagen kann, wird
Karma
auf den Bauch gedreht. Sein Gesicht landet halb auf einem Teller mit Palak Paneer, und kurz darauf klicken die Handschellen hinter seinem Rücken.
»Das wird euch leidtun!«, warnt
Karma
sie, als sie ihn auf die Füße ziehen. Spinat und Käse tropfen ihm dabei vom Gesicht. »Sich mit
Karma
anzulegen ist eine ganz schlechte Idee!«
»Und es ist eine schlechte Idee, sich mit dem New York Police Department anzulegen«, entgegnet der Polizist.
Der zweite Polizist führt mich die Treppe hinab und zur Tür hinaus, vor der sich bereits eine kleine Menge von neugierigen Gaffern versammelt hat. Hinter mir wird
Karma
aus dem Restaurant gezerrt, der ununterbrochen dasselbe schreit: »Ursache und Wirkung! Ursache und Wirkung!«
31
A ls ich das letzte Mal im Kerker saß, glaubten die Menschen noch, dass die Sonne sich um die Erde drehen würde und dass öffentliche Hinrichtungen von Ketzern gute und solide Familienunterhaltung wären. Damals wurden Gefängnisse generell als
Verliese
bezeichnet, und es war nicht ungewöhnlich, dass man seine drei mal zwei Meter große Luxussuite mit einem halben Dutzend Verdammter teilen musste, von denen dem einen Teil ein Bad und dem Rest ein anständiges Begräbnis gutgetan hätte.
Ich muss sagen, dass die Unterbringung sich seitdem bedeutend verbessert hat.
Unsere Zelle misst sieben mal drei Meter, eine Bank erstreckt sich über die gesamte Rückwand, und in der hinteren Ecke befindet sich eine einzelne Toilette mit Waschbecken. Statt aus Dreck und Stein mit menschlichen Ausscheidungen darauf besteht der Boden aus einer sauberen Betonplatte. Es gibt sogar eine zentrale Klimaanlage. Und der Einzige, der hier ein Bad benötigt, ist
Karma.
»Kann ich einen doppelten Latte macchiato haben?«, ruft
Karma
und presst das Gesicht gegen die Gitterstäbe. Angetrockneter Spinat und Käse kleben in seinem Haar und auf seinem T-Shirt. »Nein, Moment. Lieber einen geeisten Chai-Tee.«
»Hallo, Kumpel«, sagt der neununddreißigjährige Versicherungskaufmann, der gerade seinen Job verloren hat und die geräumige Zelle mit uns teilt. »Kannst du mir einen Cappuccino bestellen?«
»Welche Größe?«
»Groß«, antwortet der Mann.
»Und einen großen Cappuccino!«, schreit
Karma.
Wir sind in der Ausnüchterungszelle der Polizeiwache 13 – was nicht sonderlich fair ist, wenn man bedenkt, dass ich völlig nüchtern bin. Allerdings konnte ich
Karma
unmöglich allein lassen, denn ich musste befürchten, dass er sich einfach in Luft auflösen oder spontan selbst entzünden könnte. Also habe ich den Polizisten erzählt, ich hätte ein paar ganz besondere Brownies gegessen – gebacken nach dem Rezept der guten alten Kochbuchautorin und Haschplätzchenbäckerin Alice B. Toklas. Daraufhin haben sie mich zusammen mit
Karma
in die Zelle geschmissen.
Die Umstände
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