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Schicksal!

Schicksal!

Titel: Schicksal! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S.G. Browne
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runter, während
Ego
mit seinen neuesten Heldentaten angibt. Ich genehmige mir einen weiteren, während
Langeweile
anprangert, dass es im einundzwanzigsten Jahrhundert nichts mehr zu tun gäbe. Und als
Schuld
ein weitschweifiges Geständnis über seine Affäre mit
Betrug
ablegt, bin ich bereits zu einem Doppelten übergegangen.
    In der Jukebox läuft The Clash mit
Should I Stay or Should I Go?
    Je länger ich hier sitze, Doppelte trinke und
Langeweile, Ego
und
Schuld
zuhöre, umso mehr beginne ich mich zu fragen, ob ich wirklich rein zufällig im Iggy’s gelandet bin. Und umso stärker drängt sich mir die Frage auf, ob hier so eine Art kosmische Korrelation abläuft.
    Jahrelang hatte ich die Lust an meinem Job verloren. Bin apathisch geworden. Gelangweilt. Dann fing ich an, meinen Menschen zu helfen. Mein Ego wuchs ins Unermessliche, und ich war von meiner eigenen Wichtigkeit überzeugt. War verliebt in das Wunder meines Selbst. Jetzt, am Ende des Weges und mit so vielen Menschen, die durch mich gestorben sind, überwältigen mich meine Schuldgefühle.
    Das kann nicht nur Zufall sein.
    »Was zum Teufel ist hier los?«, lalle ich, als ich mich zu den dreien umdrehe und sie mit einer Mischung aus Speichel und Whiskey besprühe.
    Alle drei schauen mich an, als warteten sie auf die Pointe.
    »Was genau meinst du?«, fragt
Ego.
    »Was macht ihr hier?«, schreie ich.
    Mir wird klar, dass ich möglicherweise zu viele Doppelte gehabt habe.
    »Wir trinken einfach nur«, erwidert
Langeweile.
    »Genau«, bekräftigt
Schuld.
»Wir trinken einfach nur. Das ist alles.«
    »Nein«, sage ich kopfschüttelnd und schwenke mein Getränk durch die Luft. »Ihr trinkt nicht einfach nur. Ihr seid aus einem bestimmten Grund hier.«
    »Sprichst du von mir?«, erkundigt sich
Ego.
    Langeweile
zuckt mit den Schultern und nuckelt an seinem Bier, während
Schuld
so aussieht, als hätte er definitiv etwas zu verbergen.
    »Du«, sage ich, zeige mit meinem Glas auf
Schuld
und verschütte dabei meinen Drink. »Ich weiß, was du vorhast. Ich weiß, worum es hier geht.«
    Mit panischer Miene blickt
Schuld
sich um.
    »Jerry hat euch geschickt, oder?«, will ich wissen. »Er hat euch hergeschickt, um mich auszuspionieren. Um mir eine Lektion zu verpassen.«
    Ich bemerke, dass ich schreie. Und spucke. Und dass mich der Barkeeper und die anderen Gäste, die mittlerweile die Bar bevölkern, allmählich anstarren.
    »Bist du dir sicher, dass es nicht um mich geht?«, fragt
Ego.
    Ich antworte ihm nicht. Alles, was ich sehe, sind die Menschen, die mich beobachten. Und ich kann nicht anders, als mich zu fragen, ob ich durch meine reine Anwesenheit ihre Zukunft beeinflusse. Ob ich nicht schon jetzt ihre Schicksale verändert habe. Ob sie alle meinetwegen sterben werden.
    Schuld
schwört Stein auf Bein, dass er das nicht gewollt hat – ganz gleich, worum es sich handelt. Ich ignoriere ihn einfach und stolpere aus der Bar, hinaus auf die Second Avenue, mitten in den beständigen Dezemberregen – und in eine Frau hinein. Sie flucht, ich schreie, renne fort und frage mich, ob ich sie gerade getötet habe.
    Ich taumele in die entgegengesetzte Richtung meines Apartments und habe Angst davor, Sara zu sehen. Angst, dass es mir auf irgendeine Art und Weise gelingen wird, auch sie zu töten. Ich weiß, dass sie sich auf dem Pfad der Bestimmung bewegt und ich sie theoretisch also gar nicht beeinflussen kann. Aber schließlich kann ich meine Menschen auf den Pfad von
Bestimmung
setzen – wieso sollte das nicht ebenso andersrum funktionieren?
    Bei genauerem Nachdenken wird mir klar, dass meine Theorie sehr unwahrscheinlich ist. Vermutlich reagiere ich über. Wenn man allerdings den ganzen Nachmittag doppelte Whiskey-Cola mit
Langeweile, Ego
und
Schuld
getrunken hat, weil jeder, dem man helfen wollte, vor seiner Zeit gestorben ist, dann neigt man dazu, an die eigene Unabwendbarkeit zu glauben.
    Während ich ziellos durch die East Side Richtung Lower Manhattan wandere, begegne ich Männern und Frauen im Regen und habe Angst, mich ihnen zu nähern. Sie beim Vorbeigehen zu streifen. Ihnen in die Augen zu schauen. Ich fürchte, dass sie, wenn ich es täte, dem Tode geweiht wären.
    An der Ecke First und East 67 th gehe ich über die Straße und werde fast von einem Taxi überfahren. Ob der Fahrer wohl gerade den letzten Lohn seines Lebens kassiert hat?
    Ich torkele an einem Obdachlosen vorbei, der unter der Auffahrt zur Queensboro Bridge pinkelt, und überlege, ob ihn

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