Schicksal!
allerdings so aus, als wäre Darren mir zuvorgekommen.
Zwei Streifenwagen und ein Krankenwagen parken davor, ihre Lichter blinken in der Dämmerung. Eine Menschenmenge hat sich murmelnd und spekulierend auf dem Rasen und am Rand des Gehwegs versammelt. Der Eingang zu Darren Staffords Apartment im ersten Stock ist mit dem gelben Absperrband der Polizei versiegelt.
So viel zum Thema »subtil«.
Ich steige aus dem Taxi und gehe auf ein paar Männer zu, die ich auf etwa dreißig schätze. Der eine von ihnen sieht aus, als würde er den Rest seines Lebens damit verbringen, Pabst-Blue-Ribbon-Bier zu trinken und seine Rentenersparnisse beim Poker zu verpulvern, während in der Zukunft des anderen Nekrophilie eine gewisse Rolle zu spielen scheint.
Manche Menschen sehen halt so aus.
»Was ist passiert?«, frage ich.
»Ein Typ hat sich erhängt«, antwortet der vermeintliche Nekrophile. »Hat sich ’ne Krawatte um den Hals geschlungen und ist erstickt.«
»Der Nachbar hat ihn gefunden. Hing am Deckenventilator«, fügt der Pokersüchtige hinzu.
»Welcher Nachbar?«, erkundige ich mich.
»Da drüben.« Der Pokerkönig zeigt auf einen Mann, der vor dem abgesperrten Eingang zu Darren Staffords Apartment steht und mit der Polizei spricht.
Der potenzielle Leichenschänder sagt noch etwas, aber ich höre ihn kaum, während ich in Richtung Nachbar blicke. Direkt hinter ihm und den Polizisten steht eine weitere Person, die anscheinend niemand sonst bemerkt. Und obwohl die einsetzende Dämmerung und die Blinklichter der Rettungsfahrzeuge das Gesicht in flackernde Schatten tauchen, erkenne ich ohne Zweifel das üppige rote Haar und die sexuelle Ausstrahlung von
Bestimmung.
Sie sieht mich nicht in der Menge, in der ich mich zwischen den Versagern und den Perversen zu verstecken versuche. Ich bin gerade dabei, mich hinter eine übergewichtige Frau zu kauern, die sehr wahrscheinlich in Zukunft Probleme mit Bluthochdruck und Herzattacken bekommen wird, als
Bestimmung
in meine Richtung schaut. Sie kneift die Augen zusammen, als wollte sie überprüfen, ob das wirklich ich bin – und dann ist sie verschwunden.
Na klasse. Das hat mir noch gefehlt. Ich bin nicht nur vom Dienst suspendiert worden und hab meine Kräfte verloren; nein, nun ist außerdem noch einer meiner Menschen gestorben, und
Bestimmung
weiß Bescheid. Was bedeutet, dass sie höchstwahrscheinlich auch weiß, dass Darren Stafford ursprünglich gar nicht auf ihrem Pfad hätte sein sollen. Was bedeutet, dass sie möglicherweise diejenige ist, die mich bei Jerry verpfiffen hat. Was bedeutet, dass er möglicherweise doch von mir und Sara weiß.
Ich frage mich, wie ich das erklären soll.
Ich frage mich, wie ich es je so weit kommen lassen konnte.
Ich frage mich, ob es überhaupt noch schlimmer werden kann.
41
A ls ich schließlich in einem Taxi durch Queens nach Hause fahre, dämmert bereits der Morgen. Hier auf dem Rücksitz riecht es nach benutzten Kondomen und schalem Schweiß – eine umwerfende Mischung. Ich hätte natürlich Sara darum bitten können, mich abzuholen. Aber es ist schon peinlich genug, eine öffentliche Toilette benutzen zu müssen und dazu gezwungen zu sein, sich gemeinsam mit einem Rudel von Menschen mit problematischer Zukunft öffentliche Verkehrsmittel zu teilen. Meine sterbliche Freundin zu fragen, ob sie mich vom Flughafen abholt, hätte dem Ganzen die Krone aufgesetzt.
Obwohl mein Flug von Duluth nach LaGuardia nur etwa halb so lang wie meine vorherige Reise gedauert hat, habe ich immer noch schlechte Laune. Wenn man vier statt sieben Stunden braucht, um langsam und qualvoll zu verrecken, gibt es daran ja trotzdem nicht viel Erfreuliches.
Während mein Taxi auf die Triborough Bridge zufährt, wird die Stille in meinem Kopf unerträglich. Ich kann weder den Taxifahrer lesen noch irgendeinen der anderen Menschen in den Autos, die gemeinsam mit uns auf der Interstate fahren. Ich bin umgeben von mehr als acht Millionen Menschen, von denen die meisten auf meinem Pfad sind, und kann rein gar nichts hören. Es ist, als wären sie alle tot.
Als wir Manhattan erreichen, bekomme ich allmählich Platzangst. Nachdem ich stundenlang in kleinen Metallkisten eingesperrt war, muss ich raus. Also bitte ich den Taxifahrer, mich an der Ecke 125 th und Second rauszulassen, und gehe los. Ziellos zunächst. Ich schlendere einfach durch die Stadt, durch diesen Ort, den ich für den Großteil des letzten Jahrhunderts meine Heimat genannt habe. Ich bin
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