Schicksalsbund
getönte Fensterscheiben. Er glitt geräuschlos über die Auffahrt, und eine Frau stieg aus. Sie war groß und blond und hatte ihr Haar zu einem raffinierten Knoten aufgesteckt, der sie besonders elegant wirken ließ. Sie trug einen sehr schmal geschnittenen Rock und eine Seidenbluse mit einer passenden Jacke. Darin hätte sie wie eine Geschäftsfrau wirken sollen, doch es gelang ihr, stattdessen sexy zu wirken. In den Ohren hatte sie Diamantstecker, und an ihrer Kehle glitzerte eine Kette mit einem tropfenförmigen Anhänger.
Keine Bewegung. Keinerlei Verständigung. Mack sandte die Warnung aus und achtete dabei darauf, seine Energien gering zu halten und zu verhindern, dass sie sich so ausbreiteten, dass die Frau Gelegenheit gehabt hätte, sie wahrzunehmen. Nimm sie auf, und schick das Bild für eine eindeutige Personenbestimmung an Jaimie.
Die Frau entfernte sich von dem Wagen und sah sich sorgfältig um, suchte die Gegend gründlich mit den Augen ab, ehe sie ihre Aufmerksamkeit dem Haus zuwandte. Mit geschmeidigen Schritten ging sie ohne Eile zur Tür. Jefferson begrüßte sie, bevor sie läuten konnte. Er winkte sie herein, und erst dann stieß Mack den angehaltenen Atem aus.
»Sie kommt mir bekannt vor«, sagte Gideon. »Als hätte ich sie schon mal gesehen, aber ich bin nie wirklich einem anderen weiblichen Schattengänger als Jaimie begegnet.«
»Und Rhianna«, ergänzte Javier. Er sah auf sein Telefon hinunter. »Jaimie ist schon dabei, Boss.«
»Mist«, sagte Mack. »Das ist Violet, die Ehefrau von Senator Ed Freeman. Ich erinnere mich, ihr Bild in den Nachrichten gesehen zu haben, kurz nachdem auf ihren Mann geschossen worden war. Die Geschichte habe ich vergessen. Wie zum Teufel konnte sie sich als Schattengänger mit einem Senator zusammentun?«
»Und was zum Teufel hat sie hier zu suchen?«, fragte Javier.
Mack lenkte die Aufmerksamkeit der beiden auf das Paar in dem Haus. Violet beugte sich gerade vor, um einen Kuss an Jeffersons Wange vorbeizuhauchen. »Wenn Jefferson dachte, er würde sie verführen, dann täuscht er sich. Sie führt ihn absichtlich in Versuchung, aber dieser Kuss war eindeutig ein Signal, den Rückzug anzutreten.«
»Vielleicht trägt sie ein Abhörgerät«, mutmaßte Javier kühn. »Es wäre doch zu komisch, wenn die beiden sich gegenseitig abhören würden.«
»Ich bezweifle keine Minute, dass sie ein Abhörgerät
trägt«, sagte Mack. »Sie strahlt immenses Selbstvertrauen aus, und wenn Jefferson ein Gehirn im Kopf hat, wird er sehr, sehr vorsichtig sein.«
»Das ist irgendwie, als hätte man eine Kobra in seinem Haus zu Gast«, sagte Javier grinsend. Er wusste, dass er wie der harmlose Junge von nebenan aussah. »Ich bin froh, dass sie eine von uns ist.«
»Die Daten laufen ein«, sagte Mack und sah finster auf das kleine Telefon in seiner Hand hinunter. »Mach nie den Fehler zu glauben, Violet Smythe-Freeman sei eine von uns. Sie hat die Frauen auf Whitneys Gelände verraten und verkauft. Sie ist gemeinsam mit diesen Frauen aufgewachsen, als eines der Waisenkinder, die Whitney an sich gebracht hat, und alle haben an sie geglaubt.«
»Sie hat sich gegen sie gestellt?«, fragte Gideon ungläubig. »Das wäre, als würde sich einer von uns gegen die anderen stellen. Wir sind alle zusammen aufgewachsen, eine Familie, wie diese Frauen. Das ist ja wirklich …« Er suchte nach dem richtigen Wort, um seinen Abscheu auszudrücken.
»Alle Schattengängerteams sind verständigt worden, dass sie eine Verräterin ist«, las Mack vor. »Sie war auf dem Gelände, um mit Whitney eine Vereinbarung zu treffen, als alles drunter und drüber ging. Sie hatte vor, Beweismaterial für Whitneys Zuchtprogramm zu unterschlagen, wenn er die Kandidatur ihres Mannes für das Amt des Vizepräsidenten unterstützt. Sie und ihr Ehemann sind diejenigen, die Team zwei in den Kongo geschickt und den Rebellen einen Tipp gegeben haben, wo sie die Männer finden würden.«
Kurze Zeit herrschte Schweigen, während jeder für sich das Ausmaß des Verrats zu fassen versuchte, den
diese Frau durch ihre Handlungen begangen hatte. Es gab nur sehr wenige Schattengänger, und sie alle wussten ganz genau, wie schwer es die anderen im Leben hatten. Violet war gemeinsam mit Whitneys jüngsten und frühesten Opfern aufgewachsen, und doch schien ihr Verhalten ihnen gegenüber nicht die geringste Loyalität aufzuweisen.
»Ich könnte sie kaltmachen, wenn sie rauskommt, Boss«, sagte Gideon.
»Sie ist nicht die
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