Schicksalsmord (German Edition)
Arbeit in der Kanzlei machte mir Spaß, nur meinen Statusverlust empfand ich als demütigend, weshalb ich gern vorgab, nebenbei weiter zu studieren und das juristische Staatsexamen anzustreben. Realistisch war das allerdings zu keiner Zeit. Auf meinen Chef Dr. Tanner schien es jedoch einen gewissen Eindruck zu machen. Er gewöhnte sich sogar an, seine Fälle mit mir zu diskutieren.
Mit Thomas hatte ich mich inzwischen so sehr auseinandergelebt, dass wir die Wohnung teilten wie zwei Fremde. Ich wünschte und plante den Absprung aus dieser Ehe, wie er sich dann jedoch tatsächlich vollzog, beinhaltete eine tiefe Kränkung für mich. Dass er mich wegen meiner Beziehung mit Holger derart kühl abservieren könnte, hatte ich Thomas einfach nicht zugetraut. Nach diesem Affront verspürte ich keine Neigung, jemals wieder mit Thomas in Kontakt zu kommen, schon gar nicht über Ulrike.
Jedoch verlangten meine neuen Probleme, diese Gefahr als zweitrangig beiseite zu schieben. Langsam tasteten sich meine Gedanken zu den Ereignissen vor, die meinen Zusammenbruch verursacht und mich auf die Krankenstation gebracht hatten.
Nachdem ich seit Monaten keine Miete für meine Zuflucht gezahlt hatte und aufgrund meiner Haft keine Zahlungen zu erwarten waren, hatte der geschäftstüchtige Max Scholz die Hütte kurzerhand an zwei Monteure weitervermietet. Die hatten dann durch Zufall das Versteck im Wandschrank und seinen mich belastenden Inhalt gefunden. Praktischerweise stand mein Name auf dem Umschlag, so konnten sie ihren Fund in seiner Brisanz sofort zuordnen. Pflichtbewusst meldeten sie ihn der Polizei, jedoch eines der schmutzigen Fotos fand seinen Weg in die Presse, woran die beiden hartnäckig jeden Anteil leugneten.
Diese ganze Entwicklung war eine Katastrophe für mich, und ich verfluchte mich dafür, sie nicht vorausgesehen zu haben. Nun musste ich mich der Situation stellen und nach knapp zwei Tagen war ich soweit, in den neuen Vernehmungen gefasst aufzutreten.
Dr. Hoffmann wirkte enttäuscht und resigniert, und ich setzte alles daran, ihn umzustimmen. „Ich habe Sie nie direkt angelogen und würde das auch nie tun“, versicherte ich. „Ich habe Dinge nicht erwähnt, die nichts mit dem Fall zu tun haben, mich aber unnötig in ein schlechtes Licht gerückt hätten. Kann man mir das wirklich verübeln? Aber lassen Sie mich bitte der Reihe nach erzählen. Weder habe ich eine Liebeslaube, noch ein ungezügeltes Sexualleben unterhalten, wie es die Presse jetzt suggerieren will. Alles was ich wollte, war ungestört mein Jurastudium fortsetzen dürfen. Das war nicht so einfach, denn mein Mann war dagegen. Also ich rede jetzt hier von meinem ersten Mann, Thomas Gondschar, der damals noch Student war. Er war einer von jenen schwachen Männern, die es nicht ertragen können, wenn ihre Frau Erfolg hat. Nach dem Abbruch seines Medizinstudiums verstärkte sich diese Haltung bei ihm noch. Er ließ mir zu Hause keine Ruhe zum Lernen. So war ich auf der Suche nach einem Zimmer dafür, als sich über eine ehemalige Referendarin unserer Kanzlei die Möglichkeit zur Anmietung der Finnhütte bot. Sie war billig und lag in der Nähe der Kanzlei, also griff ich zu. Das liegt nun schon sieben Jahre zurück. Ich habe das Mietverhältnis auch während meiner zweiten Ehe mit Dr. Tanner aufrechterhalten, es war einfach praktisch, diese zusätzliche Möglichkeit zu haben, mal etwas unterzustellen.
Den Vermieter, Herrn Maximilian Scholz, bekam ich nur gelegentlich zu Gesicht. Er stellte mir dann jedes Mal nach, doch ich nahm das nicht ernst und hatte nie die Absicht, darauf einzugehen. Zwar war er kein unsympathischer Mensch, jedoch entschieden unter meinem Niveau. Dass es dann doch einmal dazu kam, lag an dem Alkohol, den ich zuvor anlässlich des Geburtstages einer Freundin getrunken hatte. Sie hatte mich zu einem Sektfrühstück eingeladen. Es war zudem noch ein heißer Tag, ich war total benebelt und wollte mich eigentlich für ein bis zwei Stunden in der Finnhütte ausschlafen, um nicht in dem Zustand zu Hause aufzutauchen. Maximilian Scholz war zufällig dort, er schraubte mal wieder an einem seiner Autos herum, die ständig in oder neben seinem Schuppen standen. Er verwickelte mich in ein Gespräch, trieb allerlei alberne Scherze mit mir und nutzte meinen alkoholisierten Zustand schließlich aus. Dabei müssen diese unsäglichen Fotos entstanden sein. Mir ist das total unverständlich, der Perspektive nach zu urteilen muss sich die Kamera
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