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Schicksalspfade

Schicksalspfade

Titel: Schicksalspfade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeri Taylor
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weitem. Sie war hinreißend schön, außerordentlich intelligent und sehr beliebt. Tom stellte sich immer wieder vor, wie er sie bat, mit ihm auszugehen. Er schrieb sogar den geplanten Dialog auf und probte immer wieder, um alles flüssig und spontan klingen zu lassen. Aber er brachte nie den Mut auf, tatsächlich an sie heranzutreten.
    Deshalb bereitete es ihm ein Vergnügen ganz besonderer Art, den Shuttle nach ihr zu benennen und zu fühlen, wie »sie« auf seine Kommandos reagierte, immer gehorsam und willfährig war.
    Natürlich erzählte er Odile nichts davon.
    Sie nahm neben ihm Platz und sah sich fasziniert im Cockpit um. »Ich kann es gar nicht abwarten, dass meine Ausbildung endlich beginnt«, hauchte sie. »Schon als kleines Kind wollte ich fliegen.«
    »Das gilt auch für mich. Allerdings hatte ich aufgrund meines Vaters besseren Zugang zu Shuttles.«
    »Es war sehr großzügig von deinem Vater, dir zu helfen.«
    Diese Worte überraschten Tom. Großzügig? So hätte er den Admiral wohl kaum beschrieben. Er wusste nicht recht, wie er darauf reagieren sollte, und als er schließlich Antwort gab, klang seine Stimme brüchig.
    »So habe ich es nie gesehen. Vielleicht hast du Recht.«
    Tom spürte Odiles Blick und widerstand der Versuchung, sich ihr zuzuwenden. Er überprüfte die Bordsysteme – eine wichtige Routine, die seine ganze Aufmerksamkeit erforderte.
    Außerdem gefielen ihm solche Gespräche nicht sonderlich.
    »Meine Eltern interessierten sich kaum für meine Wünsche«, fuhr Odile fort. »Sie wollten, dass ich mich mit den Dingen beschäftigte, die sie für wichtig hielten. Zum Beispiel mit Skilaufen.«
    »Sieh dir nur das Ergebnis an. Du bist eine erstklassige Skiläuferin.«
    »Aber hätte ich auch eine hervorragende Künstlerin sein können? Eine Dichterin? Eine Pilotin?«
    »Was wärst du am liebsten?«
    Tom hörte, wie die neben ihm sitzende Odile tief seufzte.
    »Ich weiß es nicht. Eigentlich kann ich meinen Eltern keine Vorwürfe machen – sie haben so viel für mich getan. Ohne ihre Unterstützung wäre ich jetzt nicht an der Akademie.«
    Kurze Stille folgte, nicht länger als ein oder zwei Sekunden.
    »Aber trotzdem frage ich mich immer wieder, was hätte sein können… Wenn meine Eltern etwas mehr wie dein Vater
    gewesen wären.«
    Etwas Hässliches kroch durch Toms Kehle. Die Antwort lag ihm auf der Zunge: Dann hättest du irgendwann geglaubt, nicht gut genug zu sein. Aber er verdrängte diese Worte und nahm die letzten Checks vor. »Alle Bordsysteme funktionieren einwandfrei. Bist du so weit?«
    Wenn der plötzliche Themawechsel Odile erstaunte, so ließ sie sich nichts davon anmerken. »Von mir aus kann’s
    losgehen«, sagte sie und Tom glaubte, so etwas wie Eifer in ihrer Stimme zu hören.
    Er steuerte den Shuttle aus dem Orbit und genoss wie immer den Anblick einer Erde, die zu schrumpfen schien. Dann programmierte er einen Kurs, der sie aus dem Sonnensystem und in Richtung Alpha Centauri brachte.
    »Jetzt ist alles für den Warptransfer bereit«, sagte er kurz darauf. »Diesmal gehe ich nur auf Warp eins. Ich warne dich: Beim ersten Mal kann es sehr desorientierend sein.«
    »Ich dachte, die Trägheitsabsorber verhindern, dass sich irgendwelche Andruckkräfte auswirken«, erwiderte Odile.
    »Das stimmt. Aber die Verzerrung der Sterne zu sehen…
    Nun, du wirst gleich verstehen, was ich meine. Es sei denn, du möchtest nicht hinsehen.«
    »Ich will es mir auf keinen Fall entgehen lassen«, sagte die junge Frau mit fester Stimme.
    Tom gab die Kommandos ein, ganz sanft und behutsam, denn ein Schiff wie Tess verlangte Feingefühl. Seine Aufregung wuchs, als der Shuttle reagierte. Eine Warpblase entstand, hüllte ihn in eine Subraum-Tasche und dann raste das kleine Raumschiff davon, schneller als das Licht.
    Er hatte diesen Vorgang schon oft erlebt, zum ersten Mal im Alter von neun Jahren, empfand ihn aber immer noch als überaus faszinierend. Die Sterne schienen sich wie
    Gummibänder zu dehnen, bis sie den Eindruck erweckten, jeden Augenblick zerreißen zu können. Als die Streifen nicht noch länger werden konnten, verschwammen sie ein wenig. Es folgte ein Augenblick völliger Stille, die ein flaues Gefühl in der Magengrube schuf, begleitet von einer subtilen Vibration, und dann begann das glatte Dahingleiten des Warpflugs.
    Tom war von dem Vorgang so hingerissen, dass er Odiles leises Stöhnen fast überhört hätte. Er sah zur Seite und stellte fest, dass sie blass geworden

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