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Schicksalspfade

Schicksalspfade

Titel: Schicksalspfade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeri Taylor
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Pilotenausbildung setze ich fort.
    Was uns betrifft… Wir sehen uns auch weiterhin. Immerhin gibt es Transporter.«
    Das stimmte, aber alles in Tom sträubte sich dagegen. Es wäre nicht das Gleiche gewesen. Odile in Frankreich… Es hätte bedeutet, dass er ihr nicht zufälligerweise auf dem Campus begegnen und sehen konnte, wie ihr das rotblonde Haar einem Schweif gleich folgte, wenn sie zum Unterricht lief
    – sie traf immer erst in der letzten Sekunde ein. Dann konnte er nicht mehr jeden Donnerstag mit ihr zu Mittag essen, wenn sie beide zur gleichen Zeit eine Stunde frei hatten. Dann konnte er nicht mehr spät abends am Studentenheim vorbeigehen, zu ihrem Fenster hinaufsehen und sich vorstellen, wie sie im Bett lag, im matten Mondschein schlief.
    »Warum? Warum bittet dich deine Mutter um so etwas? Es ist nicht fair.« Tom hörte den verdrießlichen Klang in seiner Stimme, unterbrach sich, schluckte und versuchte, sich nicht wie ein verzogenes Kind zu verhalten.
    Odile zögerte, bevor sie antwortete. »Ich glaube, meinem Vater… geht es nicht gut. Meine Mutter hat nichts gesagt, aber ich habe ihn gesehen. Er ist dünn geworden.«
    Das nahm Tom den Wind aus den Segeln. »Es geht ihm nicht gut? Was soll das heißen?«
    »Ich weiß es nicht. Bisher ist es nur eine Vermutung.«
    »Ich finde das eine seltsame Methode, an ein Problem
    heranzugehen. Warum wird nicht offen darüber gesprochen?
    Warum die Heimlichtuerei?«
    »Ich glaube, meine Eltern… wollen mich beschützen.«
    »Das ist doch lächerlich. Du ahnst ohnehin etwas, aber du kannst es nicht offen zur Sprache bringen.«
    »So sind meine Eltern eben.«
    Tom kochte einige Sekunden lang vor sich hin und suchte nach jemandem, dem er die Schuld geben konnte. Er wusste natürlich, dass Odiles Eltern dafür nicht in Frage kamen, und es schien kaum andere Kandidaten zu geben. Schließlich seufzte er und stellte sich der Wahrheit.
    »Es tut mir Leid, Odile. Ich bin egoistisch. Ich kann einfach nicht die Vorstellung ertragen, dass du ein Jahr lang so weit entfernt bist. Es ist mir ein Rätsel, wie ich damit fertig werden soll.«
    Sie hob seine Hand an ihre Lippen. »Du bist so süß«,
    murmelte sie und Tom schwor sich, dass er unter gar keinen Umständen das nächste Jahr mit Odile verlieren würde.
    »Bietet die Niederlassung in Marseilles spezielle Kurse an?«, fragte er und befasste sich in Gedanken bereits mit einer Idee.
    »Dort gibt es die gleichen Kurse wie hier an der Akademie.
    Aber wenn deine Frage einem Spezialgebiet gilt, einem thematischen Schwergewicht… Exophilosophie, würde ich sagen.«
    Tom überlegte. Eine der Naturwissenschaften wäre besser gewesen, aber…
    Er legte Odile den Arm um die Schultern und zog sie an sich, während sie ins Feuer blickten. »Wir bleiben zusammen«, versprach er ihr. »Auch während der kommenden zwölf
    Monate.«
    Und so schickte sich Tom Paris an, das vorletzte Jahr seines Studiums in Marseilles zu verbringen. Er wollte sich dort mit Exophilosophie befassen, einem Fachgebiet, das er, wie er dem Fakultätsberater und seinen Eltern mitteilte, bisher sträflich vernachlässigt hatte.
    Niemand ließ sich von Toms plötzlichem Interesse an
    extraterrestrischen Philosophien täuschen, aber es gab auch niemanden, der daran Anstoß nahm. Es konnte sicher nicht schaden, eine solche Wissenslücke zu schließen, und außerdem erinnerten sich alle daran, wie wundervoll junge Liebe sein konnte. Wenn diese beiden Kadetten zusammen sein wollten –
    warum sollte ihr Wunsch nicht in Erfüllung gehen?
    Tom befand sich erst seit wenigen Tagen in Marseilles, als er Sandrines Taverne entdeckte, eine Hafenkneipe mit
    Billardzimmer. Sie existierte schon seit fast dreihundert Jahren und präsentierte eine eklektische Mischung aus Altem und Neuem. Ihre Gäste waren eine bunte Mischung aus
    interessanten Leuten aller Art.
    Als besonders interessant für Tom erwies sich Sandrine.
    Natürlich war das nicht ihr richtiger Name. Während der vergangenen drei Jahrhunderte hatten alle Inhaber ehrenhalber den Namen der legendären Sandrine Normand übernommen, die die Taverne im unruhigen einundzwanzigsten Jahrhundert eröffnete. Sie hatte ein Ambiente geschaffen, das sauber, sicher und durch und durch französisch war, an einem Ort, wo man solche Eigenschaften nicht häufig antreffen konnte. Die Gäste verehrten Sandrine, die über hundert Jahre alt wurde und während der Arbeit starb. Sie bereitete gerade einen Aperitif für einen reichen

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