Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schicksalspfade

Schicksalspfade

Titel: Schicksalspfade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeri Taylor
Vom Netzwerk:
könnte, selbst wenn es keine andere Möglichkeit des
    Überlebens gäbe«, kommentierte Bruno. Odile bedachte ihn mit einem durchdringenden Blick.
    »Natürlich könntest du das. Wenn man hungrig genug wird, isst man alles. Unser Organismus ist gewissermaßen darauf programmiert – der Drang zum Überleben geht auf unsere genetische Struktur zurück.«
    »Aber unsere kulturelle Konditionierung sieht vor, kein Fleisch der eigenen Spezies zu verzehren. Das ist ein tief verwurzeltes Tabu.«
    »Ob tief verwurzelt oder nicht – ich glaube, ich wäre dazu imstande, wenn mir keine Wahl bliebe.«
    »Daran werde ich denken, wenn wir das nächste Mal
    campen«, sagte Charlie ruhig, woraufhin die anderen lachten.
    »Gehen wir«, schlug Tom vor. »Wir können heute noch
    einige Läufe hinter uns bringen.«
    Sie beamten sich zu der Bergkette, die einst Squaw Valley genannt worden war und jetzt den Namen einer Gruppe der im Englischen Washo genannten Ureinwohner trug: Wel Mel Ti.
    Sie brachten Charlie zu den mittelschweren Hängen, gaben ihm während der Abfahrten Ratschläge und Tipps.
    Charlie hatte sie alle erstaunt, indem er das Skilaufen mit großem Eifer lernte. Innerhalb von nur zwei Tagen konnte er mit ihnen mithalten, außer auf besonders schweren Pisten. Er war nur nicht so schnell wie seine Begleiter, brachte die Hänge in seinem eigenen Tempo hinter sich, ruhig und würdevoll.
    Er zeigte kein Interesse an Wettrennen, obwohl sie ihn mehrmals drängten, es doch einmal zu versuchen. Charlie verspürte nicht den Wunsch, mit anderen Leuten zu wetteifern.
    Offenbar hielt er es nicht für notwendig, irgendjemandem etwas beweisen zu müssen, und Tom beneidete ihn um diese Einstellung.
    Am Silvesterabend versammelten sie sich zusammen mit den anderen Kadetten im Gemeinschaftsraum des Studentenheims.
    Das Gebäude war mehrere hundert Jahre alt, war jedoch vor kurzer Zeit gründlich renoviert worden und verfügte über eine Einrichtung, die nur wenige von ihnen jemals benutzt hatten: einen Kamin. Selbst Bruno, der im Wald aufgewachsen und mit Skiern zur Schule gefahren war, kannte so etwas nur vom Hörensagen. Allerdings wusste er gut genug darüber Bescheid, um einige Holzscheite und Kiefernzapfen in den Kamin zu legen und sie mit dem gebündelten Strahl eines Tricorders zu entzünden.
    Die Gruppe reagierte mit großer Freude. Von dem offenen Feuer ging ein Reiz aus, den die modernen Mikrofusions
    Energiesysteme nicht vermitteln konnten. Die jungen Leute saßen vor den brennenden Scheiten und beobachteten wie hypnotisiert die Flammen. Es knackte immer wieder und vom verbrennenden Kiefernholz ging ein würziger Duft aus, schuf eine sehr angenehme Atmosphäre.
    Jemand hatte eine dicke, aromatische Suppe gekocht und Bruno replizierte ein skandinavisches Getränk namens Glugg, das sie von innen ebenso wärmte wie das Feuer die Haut. Odile begann damit, melancholische Liebeslider aus der
    Vergangenheit zu singen, und es dauerte nicht lange, bis sie alle sangen, neue und alte Lieder. Freundschaft und Freude klang aus ihren jungen Stimmen und Tom glaubte, nie zuvor einen solchen Frieden gespürt zu haben, eine solche Hoffnung auf die Zukunft. Als das Chronometer null Uhr und damit den Beginn des neuen Jahrs anzeigte, erklang lauter Jubel. Tom umarmte Odile, küsste sie sanft und fühlte, wie dieser Moment in Zeitlosigkeit erstarrte. Die von den anderen verursachten Geräusche traten in den Hintergrund und plötzlich gab es nur noch sie beide, zwei Personen, die sich gegenseitig ergänzten und eine Einheit bildeten.
    Am nächsten Tag wies Odile darauf hin, dass sie das
    vorletzte Jahr ihres Studiums in Frankreich verbringen würde.
    Tom glaubte, dass sie ihn neckte, und er beschloss, das vermeintliche Spiel mitzuspielen. »Gute Idee. Ich habe daran gedacht, das vorletzte Jahr einfach zu überspringen, mir einen Shuttle zu nehmen und mich damit auf die Suche nach
    Planeten zu machen, die sich fürs Skilaufen eignen.«
    Odile sah ihn aus ihren smaragdgrünen Augen an. »Es ist kein Scherz, Tommy. Ich meine es ernst. Meine Mutter hat mich darum gebeten und ich habe mich einverstanden erklärt.
    Ich werde an der Akademie in Marseilles studieren, das ist nicht sehr weit von Beziers entfernt.«
    »Aber… was wird aus der Ski-Gruppe? Und deiner
    Pilotenausbildung? Was ist mit… mir?«
    Odile griff nach Toms Hand. Ihre Finger fühlten sich wie flüssiges Silber an. »Im nächsten Jahr nehme ich an keinen Wettkämpfen teil, aber die

Weitere Kostenlose Bücher