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Schicksalspfade

Schicksalspfade

Titel: Schicksalspfade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeri Taylor
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Meter breit War. Dann strich er mit der Schaufel über die Grubenwand auf der hangaufwärts gerichteten Seite, bis sie glatt und vertikal war.
    Vorsichtig blies er lose Eiskristalle fort und betrachtete anschließend die Schneeschichten – Henri Islicker hatte ihn dies vor vielen Jahren gelehrt. »Wenn einem keine moderne Technik zur Verfügung steht, muss man in der Lage sein, sich auf die eigenen Fähigkeiten zu verlassen.« So lautete der Rat des alten Schweizers.
    Ganz deutlich zeichneten sich einzelne Schichten ab, die von verschiedenen Schneefällen stammten. Mit den Handschuhen übte Tom vorsichtig Druck aus, um die relative Festigkeit der einzelnen Lagen zu testen. So weit, so gut. Keine schien zu weich zu sein, und alle waren gut miteinander verbunden.
    Ganz unten bemerkte Tom etwas, das nach einer Schicht Raureif aussah, und er ergriff eine Hand voll davon. Die einzelnen Kristalle wiesen die Neigung auf, aneinander zu haften – ein gutes Zeichen. Etwas in ihm drängte danach, tiefer zu graben und jene Schicht genauer zu untersuchen, aber stattdessen entschied er sich zu einem Stechtest.
    Er schnitt eine Säule Schnee aus der Grubenwand, mit einer Kantenlänge von etwa zwanzig Zentimetern. Anschließend schob er die Schaufel hinter diese Säule und zog vorsichtig.
    Beim Schneiden hatte die Probe nicht nachgegeben – so etwas hätte auf eine instabile Schicht hingewiesen. Zufrieden stellte Tom fest, dass der sanfte Druck mit der Schaufel ebenfalls keine Auswirkungen auf die Säule hatte. Er zog stärker, und schließlich brach die Säule an der Raureifschicht. Aber dazu war erheblicher Druck nötig gewesen, was auf relativ stabilen Schnee hindeutete.
    Mit gestärkter Zuversicht kletterte Tom aus der Grube und teilte den anderen die guten Neuigkeiten mit. Aber sie wirkten besorgt, anstatt seine Erleichterung zu teilen.
    »Wir sollten uns zurückbeamen, Tom«, sagte Odile. »Wir hatten einen guten Lauf und ich sehe keinen Sinn darin, das Risiko eines Lawinenabgangs einzugehen. An Bord des
    Shuttles können wir eine neue Route planen.«
    »Ich habe die Schneeschichten untersucht. Sie sind stabil.
    Wir brauchen nicht an dieser Stelle Schluss zu machen.«
    »Odile hat Recht«, sagte Bruno. »Es wäre klüger, nach einer anderen Strecke zu suchen.«
    Tom spürte Ärger in sich aufsteigen, als er Charlie ansah, der ein wenig beschämt mit den Schultern zuckte.
    »Wir haben nicht genug Informationen über das hiesige Ambiente, um uns auf irgendwelche alten Tests zu verlassen.

Ich schließe mich den anderen an.«
    Tom atmete tief durch und versuchte, den in ihm brennenden Zorn unter Kontrolle zu halten. Diese feigen Drückeberger wollten ihn um das Gefühl des Wohlbehagens bringen und ihn in den tiefen Schacht der Verzweiflung zurückfallen lassen, aus dem er gerade erst herausgeklettert war. Wie konnten sie ihm so etwas antun? Empörung gesellte sich dem Zorn hinzu und die beiden Empfindungen verstärkten sich gegenseitig.
    »Ich glaube das einfach nicht. Und ihr wollt Starfleet-Kadetten sein? Ich dachte immer, man erwartet Mut von uns.«
    »Und auch Vernunft«, sagte Bruno, der sich von Toms
    Sarkasmus nicht beeindrucken ließ. Seine Gelassenheit reizte Tom noch mehr.
    »Ich nenne es Feigheit. Ich möchte mich bei einem
    Flugeinsatz nicht von jemandem begleiten lassen, der sich zurückzieht, nur weil er glaubt, dass Gefahr drohen könnte.«
    Das war selbst für den gutmütigen Charlie zu viel. »Und ich möchte niemanden begleiten, der unnötige Risiken eingeht.«
    Der Umstand, dass Charlie, der Freund aus seiner Kindheit, zusammen mit den anderen gegen ihn Stellung bezog, verletzte Tom zutiefst. Der Zorn brannte noch heißer in ihm. »Kehrt nur zurück«, zischte er giftig. »Ich fahre allein weiter.«
    »Tom«, sagte Odile in einem Tonfall, der an seine Vernunft appellierte, aber er hörte nicht auf sie, stieß sich mit den Stöcken ab und glitt über den Hang davon.
    Er hatte erst eine Kurve hinter sich gebracht, als der Schnee plötzlich nachzugeben schien. Weißer Staub löste sich wie Dunst von seiner Oberfläche. Überrascht verharrte Tom und blickte zurück.
    Eine Bruchlinie verlief etwa fünfzehn Meter unterhalb von Odile, Charlie und Bruno, die sie ebenfalls bemerkten und die Augen aufrissen.
    »Bewegt euch!«, rief Tom, drehte die Ski und versuchte, zur Seite zu entkommen.
    Ein ohrenbetäubendes Geräusch erklang, wie das Donnern von tausend ausbrechenden Vulkanen. Toms Puls raste, aber noch glaubte

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