Schicksalspfade
davon hörten, und krochen dann unter weiche
Decken, um von Abenteuern in der Wüste und mutigen Helden zu träumen.
Der Sehlat wusste die Anzeichen als Erster zu deuten. Er wurde ruhelos und scharrte mit den Pfoten im Sand, als Tuvok seinen Wall für den Tag vorbereitete. Er hob die Schnauze und schnupperte, gab dann ein miauendes Geräusch von sich.
Anschließend wiederholte sich der Vorgang.
Tuvok sah auf und bemerkte hinter ihnen etwas, das ihm wie eine Staubwolke erschien, viel zu weit entfernt, als dass er sich deshalb Sorgen hätte machen müssen. Er grub weiter, doch kurz darauf spürte er die seltsam kalte Schnauze des Sehlats an den Händen. Tuvok erhob sich und sah erneut zu der
vermeintlichen Staubwolke.
Sie war inzwischen größer geworden, wogte wie eine
Nebelbank am Horizont, reichte weit in den Himmel und kam immer näher.
»Der Wind?«, murmelte Tuvok und begriff dann, dass er an diesem Tag nicht schlafen würde. Sie mussten in Bewegung bleiben und versuchen, dem gefährlichen Sturm zu
entkommen. Er sah kurz zum Sehlat, ging dann mit langen, entschlossenen Schritten los und warf nur gelegentlich einen Blick über die Schulter.
Die Staubwolke kam immer näher.
Sie verursachte ein seltsames Geräusch, das nach
kreischenden Tieren klang, ein unnatürlicher, gespenstischer Laut, wie von gequälten Geistern. Tuvok fühlte sich nach und nach von dem Geräusch überwältigt. Er wollte dem Kreischen entkommen, das ihm noch unheilvoller erschien als der reibende, schmirgelnde Sand.
Weder das eine noch das andere ließ sich vermeiden. Der Wind erreichte sie gegen Mittag, mit einem heulenden, triumphierenden Schrei. Der Sand schien regelrecht zu explodieren und bestrebt zu sein, sich mit einer Million spitzer Nadeln in Tuvok und den Sehlat zu bohren. Es brannte, als wären die Spitzen der Nadeln mit Säure versehen. Tuvok sank auf die Knie, hob den Saum seiner Kutte und hielt sich den Stoff wie einen Filter vor Mund und Nase. Der Sehlat schob sich näher, kniff die Augen zu und miaute jämmerlich. Der Vulkanier zog das muskulöse Tier ganz dicht zu sich heran und bedeckte es mit der anderen Hälfte seiner Kutte. Eng
aneinander geschmiegt warteten sie auf das Ende des Sturms.
Wer den Wind der Wüste überstehen wollte, brauchte nicht nur große Widerstandskraft, sondern auch viel Geduld.
Stundenlang hockten Tuvok und sein Begleiter im Wüten, ohne dass das Heulen nachließ. Der Wind hatte weder Anfang noch Ende, war ewig, die einzige existierende Realität. Das ganze Universum bestand aus ohrenbetäubendem Kreischen, stechenden Nadeln und nussfarbenen Partikeln.
Tuvok wusste nicht, wie lange er neben dem Sehlat lag, als er zu halluzinieren begann. Zuerst bemerkte er, dass das Heulen leiser wurde, wie durch die plötzliche Aktivität eines dämpfenden Filters. Vorsichtig hob er den Kopf und sah sich um. Völlige Stille senkte sich herab und der wirbelnde Sand gewann eine durchscheinende Qualität. Ein sonderbares, betörendes Schimmern ging davon aus.
Durch den funkelnden Dunst stieg Tuvok auf, blickte von oben auf die Wüste hinab und sah sich selbst neben dem Sehlat. Er schwebte im Sturm, der ihm jetzt nur noch wie eine sanfte Brise erschien, drehte sich langsam und träge über dem eigenen Körper.
Seltsam. Was hatte dies zu bedeuten? Es war zweifellos angenehmer, hier oben zu schweben, anstatt dort unten im Heulen zu liegen, aber irgendetwas stimmte nicht. Wie sollte er den Seleya auf diese Weise erreichen? Indem er flog? Die Vorstellung übte einen gewissen Reiz auf ihn aus, aber er war eindeutig nicht imstande, seine Bewegungen zu kontrollieren.
Er schwebte nicht in eine bestimmte Richtung, verharrte einfach nur über dem Boden.
Tuvok versuchte, schwer zu werden, um nach unten zu
sinken, aber seine Bemühungen bewirkten nichts. Er sammelte seine ganze Willenskraft und trachtete auf diese Weise danach, zu seinem Körper zurückzukehren.
Aber er hing auch weiterhin in der Leere, umgeben von Stille, unfähig dazu, sich seinem Körper zu nähern oder sich von ihm zu entfernen.
Ihm fiel ein, dass er vielleicht tot war.
Es gab entsprechende Berichte von Personen, die klinisch tot gewesen waren, aber durch rechtzeitige medizinische
Intervention oder einen glücklichen Zufall die Möglichkeit bekommen hatten, ins Leben zurückzukehren. Sie erzählten davon, den eigenen reglosen Leib von oben gesehen zu haben.
Angeblich dauerte dieser Zustand an, bis man sich mit dem Tod abfand und das
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