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Schicksalspfade

Schicksalspfade

Titel: Schicksalspfade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeri Taylor
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Katra seinen Weg fortsetzte, wohin auch immer. Über jenes Ziel gab es keine Angaben, denn die
    »Gestorbenen«, von denen diese Berichte stammten, waren ins Leben zurückgekehrt, bevor sie den letzten Abschnitt ihrer Reise ins Jenseits hinter sich bringen konnten.
    Tuvok dachte über die Möglichkeit seines Todes nach und lehnte es ab, sie ernsthaft in Erwägung zu ziehen. Er war zu weit gekommen und hatte zu viel ertragen, um so dicht vor dem Ziel seiner Reise einen Fehlschlag seiner Bemühungen hinzunehmen. »Ich bin noch nicht fertig«, teilte sein Geist den Kräften mit, die hier am Werk waren. »Ich muss die Reise zum Seleya beenden.«
    Er beobachtete, wie sich unten der Sehlat bewegte, kurz an seinem Gesicht schnüffelte, dann über Wangen, Mund und Augen leckte. Einmal mehr erstaunte ihn das merkwürdige Verhalten dieses Tiers. Sehlats galten als heimtückische und sehr gefährliche Raubtiere, die sich allein von ihren primitiven Instinkten leiten ließen. Ein wildes Exemplar verhielt sich normalerweise nicht wie ein Haustier, das gehorsam neben seinem Herrchen lief und sich während eines Sturms an ihn schmiegte. Sie jagten auch nicht, um für jemand anders als sich selbst Nahrung zu beschaffen. Dieser Sehlat stellte tatsächlich etwas Besonderes dar.
    Welche Erklärung gab es dafür? Mehrere Möglichkeiten
    kamen Tuvok in den Sinn. Vielleicht steckte einfach nur Glück dahinter, dass er einem sehr sanften Tier begegnet war. Oder es handelte sich um eine Halluzination. Möglicherweise bildete er sich das Tier nur ein, so wie er sich jetzt einbildete, über der Wüste zu schweben. Oder der Sehlat war ein göttliches Geschöpf, ein heiliger Gesandter aus einer anderen Dimension, damit beauftragt…
    Ein unangenehmer Geruch stieg ihm in die Nase und ein raues Etwas schabte ihm über die Haut. Er runzelte die Stirn, hob mühsam den Kopf und öffnete vorsichtig die Augen.
    Um ihn herum wütete der Sandsturm mit der gleichen
    grimmigen Heftigkeit wie zuvor. Aber er befand sich jetzt wieder in seinem Körper, was er mit erstaunlich viel
    Erleichterung zur Kenntnis nahm. Der Sehlat hockte halb über ihm und bedachte ihn mit einem Blick, den Tuvok als besorgt bezeichnet hätte, wenn er bereit gewesen wäre, das Tier noch weiter zu anthropomorphisieren. Irgendetwas veranlasste ihn, die Hand auszustrecken und den Sehlat dankbar zu kraulen.
    »Wir müssen diesen Ort verlassen«, sagte Tuvok. Er musste fast schreien, um das Heulen des Winds zu übertönen. »Wir müssen den Weg fortsetzen, wenn wir hier nicht sterben wollen.« Er kam mühevoll auf die Beine – wie viel leichter war es doch gewesen, einfach nur zu schweben – und zwang sich, erneut einen Fuß vor den anderen zu setzen, sich dem wirbelnden Sand entgegenzustemmen. Der Sehlat folgte ihm, und Schritt für Schritt kamen sie voran. Welche Vorsehung auch immer ihm das Tier geschickt hatte – Tuvok hoffte, dass sie ihn jetzt in die richtige Richtung gehen ließ.
    Nach einer Zeitspanne, die ihm wie ein weiterer Tag
    erschien, verlor der Sturm endlich an Intensität. Das Kreischen ließ allmählich nach und der Sand wirbelte nicht mehr ganz so gnadenlos. Schließlich wandte sich der Wind von ihnen ab und zog über die Wüste davon. Tuvok und der Sehlat blieben zurück, von Sand bedeckt und sehr durstig. Der Vulkanier reinigte sein Gesicht, so gut es ging, klopfte mit dem Saum seiner Kutte den Sehlat ab und sah sich um.
    Der heilige Berg Seleya zeigte sich als Dreieck am Horizont, weiß und klein, aber er war zweifellos da. Tuvoks Herz schlug schneller. »Sieh nur, dort ist unser Ziel…«, sagte er zu seinem Begleiter und unterbrach sich, als er merkte, dass mit dem Tier etwas nicht stimmte.
    Es lag auf der Seite, mit aus dem Maul hängender Zunge, die Augen trüb. Der Brustkasten hob und senkte sich in einem schnellen Rhythmus – der Sehlat keuchte verzweifelt. Tuvok kniete neben ihm und berührte die warme, trockene Schnauze.
    Das arme Tier hatte sich völlig verausgabt und konnte nicht mehr weiter. Es starb…
    Tuvok sah zum heiligen Berg in der Ferne, dem lang
    ersehnten Ziel. Er war schwach und durstig, wusste aber, dass er noch über genug Kraft verfügte, um den Weg fortzusetzen –
    die Nähe des Seleya erfüllte ihn mit neuer Entschlossenheit.
    Außerdem hielt er es für logisch, das zu Ende zu bringen, was er vor vielen Wochen begonnen hatte. Sehlats wurden in der Wüste geboren und starben in der Wüste; es war die natürliche Ordnung der

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