Schicksalspfade
Sekunden dachte er, dass der Klingone protestieren wollte. Er sah dem letzten Mitglied seiner Gruppe tief in die Augen und schließlich senkte Tagar den Blick, brummte etwas Unverständliches und wandte sich ab.
»Gehen wir«, sagte Harry. Sie stapften über einen von Sträuchern und Büschen bewachsenen, an manchen Stellen recht steilen Hang. Die Sonne stand über ihrer linken Schulter, was bedeutete, dass sie nach Westen unterwegs waren.
Als O’Connell noch bei ihnen gewesen war, hatte er für gute Stimmung gesorgt. Er war redegewandt und geistreich, hatte sie mit Geschichten über seine Vorfahren amüsiert. O’Connell war ein geborener Geschichtenerzähler, und wenn er plauderte, schienen die Stunden schneller zu vergehen.
Jetzt herrschte angespanntes Schweigen zwischen Tagar und Harry Zwischen den Chaparall-Sträuchern der westlichen Sierra Nevada ertönten nur das Geräusch ihrer Schritte und gelegentlich der Ruf eines Vogels. Die hohen Koniferen befanden sich jetzt ein ganzes Stück hinter ihnen, ebenso die Bäche. Hier in den Vorbergen, an den Hängen, die zur Basis führten, gab es nur noch Buschwerk. Dornen kratzten über Haut und schufen Wunden, die Insekten anlockten und
Infektionen herausforderten.
Über vier Stunden lang gingen sie, ohne ein einziges Wort zu wechseln. Dann gab Harry seinem Begleiter mit einem Wink zu verstehen, dass sie eine Pause einlegen und zu Mittag essen sollten. Unglücklicherweise bestand die »Mahlzeit« aus weiteren Beeren und Wasser. Den ganzen Morgen über hatte er nach essbaren Pflanzen Ausschau gehalten, doch diese karge Vegetation schien kaum Essbares zu bieten.
Harry setzte sich, öffnete den Rucksack und holte den Rest der Beeren hervor, die er vor einigen Tagen gesammelt hatte.
Er hob die Hand, um Tagar einige von ihnen anzubieten, aber der Klingone nahm sie nicht entgegen, starrte verächtlich darauf hinab. Abrupt schüttelte er den Kopf und ging fort, vermutlich mit der Absicht, nach anderer Nahrung zu suchen.
Vorsichtig aß Harry die Beeren und versuchte jede einzelne zu kosten, aber sein Magen nahm sie nur widerwillig auf.
Anschließend trank er einen kleinen Schluck Wasser. Tagars Solardestillierer hatte am vergangenen Tag nicht viel produziert und deshalb war ihr Wasservorrat streng rationiert.
Der Klingone näherte sich und Harry blickte hoch, um
festzustellen, was er gefunden hatte. Tagar hielt etwas in den Händen, das nach sich windenden weißen Maden aussah. Der Anblick drehte dem Menschen den Magen um. Tagar bot ihm etwas von seinem Fund an und Harry sah, dass es sich um Käferlarven handelte. Er wusste, dass sie viel Protein enthielten, aber die Vorstellung, sich auch nur eins der wurmartigen Geschöpfe in den Mund zu stecken, widerte ihn an. Selbst die trockensten Beeren waren besser.
»Dies hier reicht für mehrere Mahlzeiten«, verkündete Tagar.
Harry schüttelte den Kopf. »Ich verzichte darauf«, sagte er.
»Das ist nicht die richtige Einstellung fürs Überleben.«
»Ich komme auch so zurecht, danke.«
Tagar brummte und begann damit, sich zuckende Maden in den Mund zu schieben. Harry spürte, wie ihm die Galle hochkam, und voller Ekel wandte er sich ab.
»Sind alle Menschen so empfindlich?«, fragte Tagar. Die Worte klangen ein wenig undeutlich, denn der Klingone hatte den Mund voller Larven.
Harry wirbelte zu ihm herum und wollte eine scharfe Antwort geben, doch genau in diesem Augenblick entmaterialisierte Tagar.
Er begriff, dass er allein war und alle Mitglieder seiner Gruppe verloren hatte, jene Kadetten, die damit einverstanden gewesen waren, dass er die Führung übernahm. Er hatte versprochen, sie aus der Wildnis zu führen, doch einer nach dem anderen war »gestorben«.
Verzweiflung suchte ihn heim. Er nahm auf einem Stein Platz, stützte den Kopf auf die Hände und dachte erneut darüber nach, was er falsch machte. Auf dem Boden krochen einige Maden umher, die dem Klingonen aus den Händen
gefallen waren, und Insekten schwirrten über ihnen.
Schließlich stand Harry auf und ging wieder los, entschlossen dazu, die Basis zu erreichen und seine Aufgabe zu beenden. Er wollte lieber aus eigener Kraft zum Starfleet-Stützpunkt gelangen, anstatt auf einen demütigenden Transfer zu warten.
Wenn er das gegenwärtige Tempo wahrte, sollte er am späten Vormittag des kommenden Tages in der Basis sein.
Am Nachmittag taumelte er und konnte sich nur noch mit Mühe auf den Beinen halten. Die Beeren hatten ihn kaum mit Nährstoffen
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