Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schicksalspfade

Schicksalspfade

Titel: Schicksalspfade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeri Taylor
Vom Netzwerk:
zu. »Dieser junge Mann sucht etwas. Haben wir die Möglichkeit, ein bestimmtes Buch zu finden?«
    Charlotte schien die personifizierte Neutralität zu sein: beigefarbenes Haar, beigefarbene Augen, beigefarbener Pulli und beigefarbener Rock, Sie wirkte ebenso verwundert wie ihre Kollegin. »Ich kenne keine«, erwiderte sie.
    »Soll das heißen, die Bücher sind nicht katalogisiert?«, fragte Harry ungläubig.
    Die beiden Frauen lachten sanft. »Oh, nein, natürlich nicht«, sagte Charlotte. »Hier gibt es Millionen von Büchern. Wie könnten wir sie jemals katalogisieren?«
    Schweißperlen bildeten sich auf Harrys Stirn. Er wollte nicht zu Nimembeh zurückkehren und ihm sagen, dass die Suche ohne Erfolg gewesen war. »Vielleicht kennen Sie das Buch, das ich suche«, meinte er höflich. »Vielleicht haben Sie es bemerkt, beim, äh, Stöbern.«
    »Wie heißt es?«, fragte die ältere Frau freundlich. »Ich sehe mich hier seit Jahren um.«
    »Der Titel lautet Men Against the Sea. Es ist die Geschichte von Captain Bligh…«
    »Nach der Meuterei«, warf Harriet ein. »Die Geschichte gehört zur Bounty-Trilogie und ist sehr aufregend.«
    Harrys Herz klopfte schneller. »Befindet sich das Buch hier?«
    »Keine Ahnung. Ich habe es als Kind in Ohio gelesen. Was wohl mit jenem Buch geschehen sein mag?«
    Erneut fühlte sich Harry von Kummer erfasst. Was für eine verrückte Situation… Wie sollte er Nimembeh davon
    überzeugen, dass er sich alle Mühe gegeben hatte, allerdings ohne konkretes Ergebnis?
    Charlotte hob den Finger, als ihr etwas einfiel.
    Nachdenkliche Falten bildeten sich in ihrer beigefarbenen Stirn. »Bounty… Bounty… «, murmelte sie. »Ich glaube, ich habe das Buch gesehen…«
    »Wo?«, fragte Harry sofort. Er sah Charlotte an und
    versuchte, ihr Erinnerungsvermögen mit seiner Willenskraft zu verstärken.
    »Im vierten Stock? Oder im sechsten? Ich glaube, es war ein Stockwerk mit einer geraden Zahl. Und in der Nähe eines Fensters. Ich erinnere mich daran, dass ich nach draußen blickte und ein vorbeifliegendes Starfleet-Hovercraft sah.«
    Charlotte bedachte Harry mit einem zufriedenen Lächeln. Er wartete höflich darauf, dass sie noch etwas hinzufügte, doch sie schwieg. Er seufzte leise.
    »Das Buch befindet sich also im zweiten, vierten oder sechsten Stock…«
    »Oder im achten. Falls ich Recht habe mit der geraden Zahl.«
    »Und in der Nähe eines Fensters.«
    »Da bin ich mir ziemlich sicher. Das heißt, wenn ich wirklich jenes Buch in den Händen hielt, als das Starfleet-Hovercraft vorbeiflog. Es könnte auch ein anderes gewesen sein.«
    Harry starrte Charlotte wortlos an. Dann nickte er, bedankte sich und dachte daran, wie lange es dauern würde, das Buch angesichts einer so vagen Beschreibung zu finden. Als er über die alten, ausgetretenen Treppenstufen in den zweiten Stock hochging, wurde ihm klar: Er konnte den ganzen Tag und auch die Nacht in diesem Gebäude verbringen, ohne fündig zu werden.
    Zwei Stunden später gab er die Suche im zweiten Stock auf und nahm sich den vierten vor, wo er sofort zu niesen begann.
    Staub hatte sich auf den vielen Büchern angesammelt – reichte das Luftfilterungssystem nicht bis zur vierten Etage? – und kitzelte in der Nase. Großartig. Er musste nicht nur Zeit mit der sinnlosen Suche nach einem Buch vergeuden, sondern war auch noch Allergenen ausgesetzt.
    Auf der Fensterseite des Raums begann er mit einer
    systematischen Suche und nahm sich den dritten Gang vor, als er sie sah. Sie stand an einem Regal, hielt ein Buch in den Händen und las.
    Es war jene Frau, auf deren Platz er beim ktarianischen Musikfestival gesessen hatte.
    Ihre Konzentration auf das Buch schien sie mit einer
    geheimnisvollen Aura zu umgeben. Harry blieb abrupt stehen und sah sie an, ebenso beeindruckt und eingeschüchtert wie Wochen zuvor, bei ihrer ersten Begegnung.
    Sie hob kurz den Kopf, sah ihn an und las dann weiter, ohne das geringste Interesse an ihm zu zeigen. Doch Harry empfand den Blick als elektrisierend – er ging ihm bis ins
    Knochenmark.
    Er zwang sich dazu, die Suche fortzusetzen, prüfte die Buchrücken und vergewisserte sich, dass er von seiner jeweiligen Position aus ein Fenster sehen konnte.
    Nach einer Weile kehrte er zum dritten Gang zurück – die Frau war fort.
    Harry spürte kurzes Bedauern und zuckte dann mit den
    Schultern. Er hatte eine Aufgabe zu erfüllen und durfte sich davon nicht ablenken lassen. Deshalb war es ganz gut so, dass diese junge Frau

Weitere Kostenlose Bücher