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Schicksalspfade

Schicksalspfade

Titel: Schicksalspfade Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeri Taylor
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möchte nicht, dass du das für mich aufgibst, wofür du so hart gearbeitet hast. Wenn das, was wir haben, von Bestand bleiben soll, so muss es die eine oder andere Trennung überstehen. Es gibt viele Verheiratete bei Starfleet und offenbar kommen sie zurecht. Warum sollte es bei uns anders sein?«
    Harrys Eltern vermieden es, Stellung zu beziehen, obwohl sie sich bestimmt darüber gefreut hätten, ihn in der Nähe zu wissen. Der Fakultätsberater Commander Moffat forderte ihn auf, die Vor- und Nachteile beider Möglichkeiten sorgfältig gegeneinander abzuwägen, empfahl aber weder das eine noch das andere.
    Und so blieb Harry mit seinem Problem allein. Während er mit halbem Ohr Admiral Brands Ansprache bei der
    Abschlussfeier zuhörte, war er einer Entscheidung nicht näher als vor einem Monat. Aber jetzt hatte er keine Zeit mehr, denn er musste die Wahl heute treffen, an diesem Tag. Er wusste von dem alten Brauch, eine Münze zu werfen, damals, als es noch Münzgeld gegeben hatte. Gab es eine andere
    Möglichkeit, den Zufall entscheiden zu lassen?
    Schließlich beendete Admiral Brand seine Rede und
    Jubelrufe beendeten die Zeremonie. Harry wartete darauf, dass sich Libby und seine Eltern einen Weg durch die Menge bahnten, die von den Tribünen herbeiströmte. Als sein Blick über die vielen Leute glitt, bemerkte er Commander
    Nimembeh, der auf einer Seite stand, so streng und unnahbar wie immer wirkte. Er sah direkt in seine Richtung.
    Harry näherte sich ihm. Etwas in ihm drängte danach, einige letzte Worte an ihn zu richten, um die Mühen der letzten vier Jahre auf angemessene Weise zu beenden.
    »Ich habe es geschafft, Sir«, sagte er zu Nimembeh, seinem Peiniger. »Obwohl Sie nichts unversucht ließen, um mich dazu zu bringen, die Akademie zu verlassen. Eins möchte ich wirklich wissen: Sind Sie jetzt zufrieden oder enttäuscht?«
    Über Nimembehs Gesicht huschte etwas, das Harry dort nie zuvor gesehen hatte. Was war es? In den Mundwinkeln zuckte es kurz – die Andeutung eines Lächelns? Verspottete ihn Nimembeh?
    »Sie haben mich stolz gemacht, Fähnrich«, sagte der
    Commander. »Und ich erwarte von Ihnen, dass Sie das auch weiterhin tun.«
    Ein plötzliches, unerwartetes Gefühl regte sich in Harry, als er begriff, welches Geschenk ihm Nimembeh gemacht hatte.
    Als verhätscheltes, verwöhntes Kind war er zur Akademie gekommen. Nimembeh hatte das erkannt und vier Jahre damit verbracht, ihn abzuhärten und in einen Mann zu verwandeln –
    in einen Mann, auf den er stolz sein konnte. Harry war so sehr gerührt, dass er kaum mehr sprechen konnte.
    »Sir«, begann er mühsam, »wofür sollte ich mich Ihrer Meinung nach entscheiden? Soll ich in San Francisco bleiben oder den Posten an Bord der Voyager annehmen?«
    In Nimembehs kohleschwarzen Augen glänzte es. »Ich habe nicht vier Jahre in Sie investiert, damit Sie an irgendeinem Schreibtisch sitzen, Fähnrich«, sagte er, drehte sich um und ging mit hoch erhobenem Kopf fort.
    Und damit stand Harrys Entscheidung fest. Eine Woche
    später ging er von der Raumstation Deep Space Nine aus an Bord der Voyager
    und betrat Captain Janeways
    Bereitschaftsraum. »Stehen Sie bequem, Fähnrich, bevor Sie sich irgendetwas verrenken«, sagte die Kommandantin trocken und so begann ihr Abenteuer. Während ihrer langen Odyssee durch den Delta-Quadranten musste Harry viele Verluste hinnehmen. Er vermisste Libby, seine Eltern, George und alle anderen, die Teil seines Lebens gewesen waren. Doch am meisten bedauerte er, dass er Nimembeh nicht sagen konnte, wie gut er seine schmerzvollen Lektionen gelernt hatte.
    5
    Harry hob den Kopf und stellte fest, dass ihn alle ansahen, auch Coris, deren orangefarbene Augenscheiben das Licht der Feuer wie Spiegel reflektierten. Alle schwiegen und wirkten beeindruckt. Harry spürte kurzes Unbehagen, denn er
    befürchtete, das er die Zuhörer mit den Schilderungen seiner jugendlichen Unzulänglichkeiten in Verlegenheit gebracht hatte. Doch dann beugte sich Chakotay zur Seite und klopfte ihm auf die Schulter. »Ich wünschte, Nimembeh könnte Sie jetzt sehen, Harry«, sagte er. Seine Stimme brachte
    Anteilnahme und Anerkennung zum Ausdruck.
    Kurze Zeit später zogen sie sich in die Unterkünfte zurück und streckten sich dort auf dem Boden aus. Nach Harrys Geschichte, die von Unschuld und Initiation berichtet hatte, spürten sie einen sonderbaren Frieden. Coris folgte Harry lautlos und legte sich neben ihn, Rücken an Rücken. Innerhalb weniger

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