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Schief gewickelt (German Edition)

Schief gewickelt (German Edition)

Titel: Schief gewickelt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Sachau
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Verderben bedeuten kann, wenn auf einmal die Toilettentür aufgeht. Jetzt zum Beispiel. Ich auf dem Lokus und fünfzehn Giggelmädchen da, wo gerade noch die Tür war. Das ist kein Spaß.
    Irgendwie hätte ich mir natürlich denken können, dass Daniel auf den grünen Kopf drückt, sobald meine Hosen meine Fußknöchel umschmeicheln, aber das nützt mir jetzt auch nichts mehr. Ich bin in der Klemme. Der Kleine hat so einen Schreck gekriegt, dass er den Teufel tun wird, die Tür-auf-Tür-zu-Knöpfe noch mal anzufassen, die Giggelmädchen sind zu doof, um das einzig Richtige zu tun, und ich kann untenrum nackt natürlich auch nicht weg von meiner Schüssel. Die Sekunden verstreichen gnadenlos, und nichts passiert. Ich gebe mir einen Ruck, stehe doch auf und stolpere die zwei Schritte zum rettenden Knopf. Mein Hemd ziehe ich dabei so weit wie es geht in den Schritt.
    Schon komisch. Diese Mädchen giggeln über alles. Ohne Pause, Tag und Nacht. Nur, wenn es mal wirklich was zum Giggeln gibt, wie hier Herrn Heisenkamp, der mit nacktem Hintern zum ICE -Behindertentoiletten-Tür-zu-Knopf humpelt – da sind sie dann mit einem Schlag still und gucken erschreckt. Versteh einer diese Jugend.
    *
    Zwei Stunden später fahren wir in den Dortmunder Hauptbahnhof ein. Diesmal stehen wir wie echte Reiseprofis mit gepackten Sachen an der Waggontür bereit.
    »Guck mal Papa, ein Rackenrohl.«
    »Nein, das ist ein Schild, das sagt, dass man diese Tür auf keinen Fall aufmachen soll, während der Zug fährt. Aber jetzt komm, wir müssen aussteigen.«
    Da steht Hubert. Wie immer fange ich an, mein Bruderherz für einige Momente bedingungslos zu lieben. Das vertraute Gesicht, das Lachen, die Erinnerungen an unseren Grundschulpausenhof. Aber ich weiß, dass es nicht lange anhalten kann. Mit jedem Satz, den er sagt, wird mein Herz ein Grad kälter werden, bis es am Ende des Tages zu einem Eisklotz erstarrt ist, mit dem man sogar noch die Antarktis herunterkühlen könnte. Warum bist du nur so geworden, wie du bist? Kannst du nicht einfach anders sein?
    »Hallo, hallo! Wow, habt ihr euch rausgeputzt, hoffentlich macht ihr euch nicht schmutzig, heute wird nämlich richtig gefeiert. Harhar. Waaas, so viel Gepäck? Ich dachte, ihr wollt nur bis morgen bleiben. Aber kein Problem, geht alles rein in unser Bluesmobil. Okay, dann will ich euch mal aufklären, was euch erwartet. Wir haben die Open-Air-Bühne vom Abrakadabra klargemacht, und da rocken heute … Na, was ist denn los, Opa, fahr doch! … Da rocken heute die Mezcal Beats das Haus. Nur für uns. Ach so, kennste noch nicht? Ist auch nochn bisschen ein Geheimtipp. Ham aber schon in Berlin gespielt. Müssteste eigentlich … Ja, was ist denn? Grüner wirds nicht! … Also jedenfalls, halt dich fest, Kalli ist der neue Schlagzeuger, kennste noch ausm Stadion vor zwei Jahren, ja genau, der Hyperdortmundfreak … Ach so, ja, tschulljung, soll ja nicht rauchen, wenn der Kleine im Auto ist, also lange Rede, kurzer Sinn – heute Party till you puke für alle …«
    …
    »… Na, wer wird denn hier dem Kleinen die Ohren zuhalten? Das ist doch noch Zimmerlautstärke. Komm, holt euch noch ein Bier, ich pass solange auf. Aber Beeilung, beim übernächsten Song muss ich an die Verlobungsringfront. Wenn ich dann nicht zur Stelle bin, bin ich noch übler abgestiegen als Duisburg am Ende dieser Saison. Kleiner Scherz, war nicht so gemeint. Also hopp, und Danielchen, du kommst mit mir. Solln wir mal den Schlagzeuger anschaun? Der ist mein Freund …«
    …
    »… Waaas, ein Geschenk? Wie hochnotpeinlich. Ach, hier schau mal, Dörte, das Papier! Na, biste mal über deinen eigenen Schatten gesprungen, was, Bruderherz? Komm an meine Brust. Schade, dass Mama und Papa nicht da sind. Hab extra zwei Tage vorher Bescheid gesagt … Was willste, Daniel, Bier? Höhö, gerne, aber da krieg ich Schwierigkeiten mit deinem Papa … Ach so, das Papier willste. Na klar, hier nimm. Was? Rock ’n’ Roll? Exakt, hier ist Rock ’n’ Roll, bis das Dach wegfliegt. Schlaues Söhnchen haste da. Komm Daniel. Ab vor die Bühne. Tanzen …«
    …
    »… Haha, das gibts doch nicht! Ahuhahahaha! Halt mich fest Markus, ich fall gleich um. Wie tanzt denn dein Sohn? Was habt ihr denn mit dem gemacht? Ballettschule Tuntenhausen? Ach nee, wirklich? Ballett guckt der? Markus, Markus …«
    *
    Nein, hier ist nichts mehr zu machen. Mein Bruder und ich leben in zwei verschiedenen Galaxien, wir kreisen um verschiedene Sterne,

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