Schiff der tausend Träume
brauchen neue Mitarbeiter.«
Ein kurzes Schweigen trat ein, als Celeste die Bedeutung seiner Worte bedachte. »Wie ich sehe, haben Sie beide sich schon gut bekanntgemacht«, sagte Rektor Phillips augenzwinkernd.
»Mr McAdam und ich haben uns auf dem Schiff nach England kennengelernt. Er hat Roderick Schach beigebracht … per Post«, sagte Celeste mit einer Steifheit in der Stimme, die ihre Verwirrung Lügen strafte.
»Tatsächlich? Nun, dann wollen wir Ihr Wiedersehen nicht stören«, sagte der Rektor und zog ihren Vater mit fort, damit er die Gäste begrüßte, während seine Frau in entgegengesetzter Richtung ihre Kreise zog.
»Sagen Sie etwas, Celeste. Sie sehen nicht gerade erfreut aus über meine Neuigkeiten.«
»Ich finde es ein bisschen drastisch, sich im Kolleg einzuschreiben«, fuhr sie ihn an.
Er brach in lautes Gelächter aus. »O nein, ich habe keine geistlichen Weihen empfangen. Ich bin hier, um ihr Griechisch und Latein zu verbessern, mehr nicht.«
»Ich hatte Sie eigentlich nicht für einen Altphilologen gehalten«, murmelte sie.
»Nun, da haben wir es, noch etwas, was Sie nicht von mir wissen. Ich war nur bei einem Auffrischungskurs. Ich hatte immer vor, wieder Unterricht zu geben.«
»Oh, Sie waren vor dem Krieg Lehrer?«
Er nickte. »Seien Sie nicht überrascht. Ich bin ein vielseitiger Mann, aber dass ich in der Kricket- und Tennismannschaft von Oxford war, könnte ihnen bei der Entscheidung geholfen haben. Ich werde im Herbstsemester dem Kollegium beitreten. Wir werden praktisch Nachbarn sein.«
Er war seiner selbst so sicher, und sie wollte ihn irgendwie aus dem Tritt bringen, bevor er Hoffnungen entwickelte, die doch nicht sein durften. »Nein. Ich hoffe, bald eine Arbeitsstelle zu finden«, sagte sie aus dem Stegreif.
Sein geknickter Ausdruck dauerte ganze fünf Sekunden. »Sie werden nicht weit weggehen, weil Ihr Vater und der Junge hier sind, aber keine Bange, ich habe nicht die Absicht, mich Ihnen aufzudrängen. Ich weiß, wann ich nicht erwünscht bin.«
»Das ist es nicht … Es war nur ein Schock, Sie dort zu erblicken. Ich dachte schon, ich sehe Gespenster …« Wie sollte sie den inneren Aufruhr über das Wiedersehen verbergen? »Sie waren so nett, Roddy in seine neue Schule zu schreiben.«
»Ich weiß, wie einsam es für einen Jungen im ersten Jahr an einer neuen Schule sein kann. Er scheint sich eingelebt zu haben. Ich habe seit Wochen keinen Brief mehr bekommen, aber er hat ja auch Ferien.« Er sah sie lächelnd an. »Eigentlich hatte ich gehofft, Sie würden sich auch freuen, mich zu sehen.«
»Ein bekanntes Gesicht in der Menge zu sehen, ist immer erfreulich.«
»Eine sehr diplomatische Umgehung der Frage, in der Tat. Ich möchte gern, dass wir uns besser kennenlernen. Diese Gelegenheit ergab sich, und ich habe sie ergriffen … ganz zufällig.« Er hielt inne. »Na ja, nicht ganz …«
»Ich brauche Zeit, um darüber nachzudenken. Das ist alles so kompliziert, wissen Sie.« Jetzt war es an der Zeit, ihm zu sagen, dass sie noch verheiratet und nicht verwitwet war, ihm ein für alle Mal reinen Wein einzuschenken.
»Was ist so kompliziert? Mann trifft Mutter und Kind an Bord eines Schiffes, sie korrespondieren monatelang, Mann kommt zu Besuch. Was ist daran falsch?«
»Oh, sehen Sie nur, die Frau des Rektors winkt mich zu sich«, piepste Celeste und ergriff die Flucht vor dieser Begegnung.
»Hasenfuß!« Archie lüpfte seinen Strohhut. »Wir sehen uns bald wieder.«
Nicht, wenn ich es verhindern kann. Verdammt!
Celeste eilte unter einem albernen Vorwand an Mrs Phillips Seite. Sie musste sich von ihm entfernen, von seiner lächelnden Zuversicht, seiner körperlichen Nähe, den grün-grauen Augen und dem Flattern in ihrem Bauch, als sie ihn erkannt hatte. Sie hatte gerade dafür gesorgt, dass sich alle eingerichtet hatten und Ruhe herrschte, und da tauchte er vor ihrer Tür auf und forderte Einlass in ihr Leben.
In ihrem Herzen spürte Celeste, dass Archie der Mann war, der ihr Leben zu einem neuen Wirrwarr von Knoten verdrehen konnte. Aber dafür war jetzt kein Platz. Davor hatte sie zu viel Angst. Sie musste die Bewerbung suchen und schnell abschicken. Sie musste fort.
71
Roddy hob die Briefe in seiner Bonbondose auf, wo sie niemand sah. Inzwischen waren es acht, und der Letzte war der Beste gewesen. Sein Vater war unterwegs nach London und wollte ihn sehen. Roddy war so aufgeregt, wenn er daran dachte, dass er ihn heimlich treffen würde. Er hatte sich
Weitere Kostenlose Bücher