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Schiff der tausend Träume

Schiff der tausend Träume

Titel: Schiff der tausend Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leah Fleming
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nahen Bauernhof hatten sie einen großen Truthahn bestellt. Außerdem bereitete sie Strümpfe mit kleinen Geschenken für die Kinderwohlfahrt der Stadt vor.
    Ella hatte das Ende ihres Diplomabschlusses in Bildhauerei und Porträtbildhauerei fast erreicht. Sie assistierte bei Kursen am College in Birmingham, wo sie jeden Tag mit dem Bus hinfuhr. All das wurde überstrahlt von einem Gefühl, das Ella noch ganz neu war: sie war verliebt.
    Das Objekt ihrer Liebe hielt sie so sehr unter Verschluss, dass Celeste schon befürchtete, der Mann könnte verheiratet sein und sie nur ausnutzen. Keir Walsh war jedoch ein hagerer schmuddeliger Kerl in Ellas Alter, ein Sozialist mit klaren Ansichten über die politische Situation und die Rechte der Arbeiterklasse. Er lehrte Aktzeichnen und hielt überhaupt nichts von Kirche und Religion. Bei seinem ersten Besuch im Red House hatte er sie alle recht misstrauisch beäugt. Seine Eltern waren irischer Abstammung und lebten in Birmingham. Er sprach nie über sie, seine Konversation beschränkte sich auf politische Thesen, Kundgebungen und Taktiken der Wahlpropaganda und dass die Mittelschicht keine Ahnung von den Zuständen in der Stadt habe.
    Celeste sah, wie Ellas Gesicht zu leuchten begann, als er ihnen bei Tisch einen Vortrag über den aufkeimenden Faschismus in Italien und Deutschland hielt. Das Mädchen betete ihn an, und er betrachtete sie, als könnte er nicht fassen, dass solch eine Schönheit wie gebannt an seinen Lippen hing.
    »Ich bin nicht sicher, dass er der Richtige für sie ist … sie ist noch so jung«, flüsterte sie Archie eines Abends zu. »Ich war genauso jung, als Grover in mein Leben trat, und du weißt ja, zu welcher Katastrophe das geführt hat.«
    »Aber heutzutage ist das anders, die jungen Leute haben mehr Freiheit, sie selbst zu sein. Wenn sie sich lieben, werden sie einen Weg finden.«
    »Aber er hat so extreme Ansichten«, fuhr sie fort und füllte Orangen und Nüsse in die Strümpfe. »Er behauptet, Europa stehe ein neuer Krieg bevor. Deutschland werde immer stärker, dort baut man Straßen und Eisenbahnlinien und setzt dazu die Arbeitslosen ein. Aber es wird doch keinen Krieg mehr geben, oder? Wie sollen zwei junge Künstler in diesem politischen Klima genug Geld verdienen, um eine Familie zu ernähren?«
    Archie lachte. »Ach, sie kennen sich doch gerade erst fünf Minuten. Keir wirkt auf mich wie ein junger Mann, der noch lange keine Familie gründen will. Gib ihnen Zeit, mach dir keine Sorgen.« Archie wusste immer, wie er sie beruhigen konnte.
    Celeste hatte Ella immer noch nichts von Mays Geständnis gesagt und auch nicht den wahren Grund ihrer Reise nach Bolton genannt. Die Geschichte von Joe und May hatte sich bestätigt, aber niemand war imstande gewesen, etwas anderes zu sagen, als dass sie ein kleines Mädchen gehabt hatten. Der Priester meinte, er habe Hunderte Kinder getauft, und eines sehe für ihn aus wie das andere. Eine der Frauen aus der Spinnerei erzählte, dass Joe ein heller und kein dunkler Typ gewesen sei, wie May immer behauptet hatte. Wie sollten sie je die Wahrheit herausfinden? Celeste wollte Ella nichts erzählen, bevor sie einen handfesten Beweis vorlegen konnte.
    Das Problem war nur, dass es wohl nie den richtigen Moment geben würde, um das Thema anzuschneiden. Vielleicht wäre es besser, die ganze Angelegenheit zu vergessen. Als sie das Archie sagte, widersprach er entschieden.
    »Ella sollte wissen, was wir vermuten. Sie hat ein Recht darauf, die Wahrheit zu erfahren. Du musst ihr von der
Titanic
erzählen. Mir erscheint es nicht richtig, dass sie nicht einmal das weiß.«
    »Du hast ja recht«, seufzte Celeste. »Aber jetzt ist nicht der richtige Zeitpunkt. Sie hat für nichts anderes Augen und Ohren als für Keir.«
    Wie immer wollten sie an Weihnachten zur Mitternachtsmesse in die Kathedrale gehen. Die Pakete für Roddy hatte Celeste an die Adresse der Lagerhalle außerhalb von Akron geschickt, die er auch als Unterkunft nutzte. Sie war froh, dass er Oak Court verlassen hatte. In einem langen Brief hatte er das ganze Drama erzählt, und Celeste hätte zu gern mit angesehen, wie Grover sich am Boden gekrümmt und gewunden hatte, als er ein Teil von dem zurückbekam, was er selbst ausgeteilt hatte. Sie hatte keinen Kontakt mehr zu ihm. Sobald Ella wüsste, wie die Dinge standen, und das Leben wieder in ruhigeren Bahnen verlief, wollte sie ihn um die Scheidung bitten.
    Gemeinsam mit seinem Freund Will baute Roddy einen

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