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Schiff der tausend Träume

Schiff der tausend Träume

Titel: Schiff der tausend Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leah Fleming
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Ledersohle, dessen oberer Teil aus Baumwolle war, mit Spitze darüber. Celeste befühlte die Sachen oft, als könnten sie eines Tages ihre versteckte Botschaft enthüllen. Es waren einfache Kleidungsstücke, die von überall aus Europa stammen konnten, allerdings war die Spitzenborte sehr fein und kunstvoll gearbeitet. Wessen Hände hatten sie erschaffen? Seufzend verschloss Celeste den Koffer wieder und stellte ihn in den Wäscheschrank zurück.
    Wenn Ella doch nur andere Ablenkung finden könnte als ihre Arbeit! Bei Hazels Hochzeit war sie Brautjungfer gewesen, und Hazel erwartete ihr erstes Kind. Ihr Mann war mittlerweile im Ausland stationiert. Hazel war ihre einzige treue Freundin, dabei wäre es gut, wenn Ella mit mehr jungen Leuten von Lichfield zusammen wäre. Ihr einziger Gefährte war die treue Promenadenmischung, die sie verletzt am Straßenrand der vielbefahrenen Burton Road gefunden, gepflegt und wieder hochgepäppelt hatte. Poppy leistete ihr Gesellschaft und bewachte die Werkstatttür, wenn sie arbeitete. Ella vergrub sich geradezu in ihre Arbeit, und manchmal, wenn Celeste auf einen Plausch vorbeischaute, kam sie sich wie ein Störenfried vor.
    Es gab jedoch einen Ort, an dem sie sich hin und wieder gern trafen, und das war an Mays früherer Lieblingsstatue. Der arme Captain Smith stand versteckt hinter hochgewachsenen Büschen und Gestrüpp in den Museum Gardens. Celestes Anfrage beim Stadtrat, ob die Statue wieder freigelegt und gereinigt werden könne, war auf taube Ohren gestoßen. Sie und Ella hatten es zu einem gemeinsamen Ritual gemacht, jedes Jahr am 15 . April dort hinzugehen und Blumen auf den Sockel zu legen, so wie May es früher getan hatte.
    »Hat er mich wirklich aus dem Wasser gefischt, oder ist das auch eine Lüge gewesen?«, hatte Ella einmal gefragt.
    »Ich bin sicher, er hat dich gerettet, auch wenn ich es nicht mit eigenen Augen gesehen habe.« Celeste musste ehrlich antworten, da alles andere aus dieser Nacht in einem geheimnisvollen Nebel lag.
    Wenn es schlimm käme und im Verlauf des Krieges Gebäude und Kirchen zerstört werden würden, gäbe es später dringenden Bedarf an Steinmetzen und Maurern und Handwerkern, um alles wieder aufzubauen. Vielleicht sollte Ella dort ihre Hilfe anbieten und ihr Talent nutzen, um Zerstörtes wiederherzustellen, dachte Celeste.
    Doch gleich darauf schalt sie sich selbst: Sieh an, du machst es schon wieder – planst für sie wie für eine eigene Tochter. Sie ist jetzt erwachsen und unabhängig. Lass sie ihre eigenen Wege gehen. Misch dich nicht ein. Du hast dein Versprechen an May gehalten. Lass es gut sein. Doch wie sollte man sich über die jungen Leute keine Gedanken machen, wenn ein Krieg bevorstand?
    Zumindest war Roddy in Amerika in Sicherheit. Dort würde man hoffentlich vernünftiger sein als letztes Mal und sich nicht wieder einmischen.

103
    Oktober 1940
    Eines Morgens im Oktober, als Ella mit Poppy über die Felder hinter dem Red House lief, hörte sie das Brummen eines kleines Flugzeugs, das stotternd immer tiefer flog. Sie beobachtete, wie es kreiste und die noch nicht ganz fertiggestellte Landebahn in Fradley ansteuerte, aber es verlor immer mehr an Höhe und würde es ganz offensichtlich nicht schaffen.
    »Poppy!«, rief sie den Hund zurück, doch das Tier lief, erschreckt durch den Lärm, blindlings weiter.
    Alarmiert sah Ella, wie das Flugzeug immer weiter absank und zur Landung auf offenem Feld ansetzte. Es rutschte über die Weizenstoppeln, drehte sich mehrmals um die eigene Achse und kippte schräg in den Halt. Ohne nachzudenken rannte sie darauf zu, um der Besatzung zu helfen – zumindest hoffte sie, dass sie diese Bruchlandung überhaupt überlebt hatten. Aus dem Tank stieg Rauch auf, und zwei Männer zwängten sich aus dem Cockpit, dann zogen sie noch einen dritten heraus.
    »Geht es Ihnen gut?«, rief Ella.
    »Laufen Sie lieber weg, die verdammte Kiste kann jeden Moment in die Luft gehen«, schrie einer der Männer mit Lederhelm und Schutzbrille und zog sie mit sich von der Unglücksstelle fort.
    »Sie können mein Telefon benutzen«, bot Ella an, aber die Männer ignorierten sie noch immer.
    »Was habe ich Ihnen gerade gesagt? Bleiben Sie zurück! Wenn das Ding hochgeht, werden wir alle gegrillt!« Der Mann starrte sie an. »Na los, weg hier! Danke für das Angebot, aber wir können zu Fuß hinüber zum Stützpunkt laufen.«
    »Aber nicht mit einem Verwundeten«, konterte sie und sah auf den Navigator, der benommen

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