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Schiff der tausend Träume

Schiff der tausend Träume

Titel: Schiff der tausend Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leah Fleming
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Respekt. Er hätte es nie gewagt, seinem Vater zu widersprechen, aber ein Blick aus diesen grünen Augen, und er war wie Wachs in ihren Händen.
    Außerdem hatte sie ihn unter Druck gesetzt. »Ich nehme an einem Erste-Hilfe-Kurs teil«, hatte sie ebenfalls verkündet. »Vielleicht werde ich mich als Krankenschwester melden.«
    »Zwei Söhne in der Armee sind für eine Familie genug. Auf keinen Fall werde ich alle meine Kinder in den Krieg ziehen lassen!«, hatte er gewettert.
    »Da hat dein Vater ausnahmsweise einmal recht. Halt dich zurück. Deine Tanz-Revues bieten den Menschen eine Ablenkung vom Krieg, also ist deine Form der Unterhaltung auch eine Art Kriegsdienst«, hatte Kathleen eingeworfen, die ebenfalls Angst hatte, ihre Tochter zu verlieren. »Wir wollen deinen Namen eines Tages in großen Leuchtbuchstaben sehen.«
    Die Gute wusste genau, wie sie mit seiner Tochter zu reden hatte. Er fragte sich, wie Maria mit Alessia zurechtgekommen wäre. Seine erste Tochter wäre mittlerweile wohl verheiratet gewesen – in dem Leben, das sie nie gehabt hatte. Dies jedoch war das wahre Leben, und er wollte sich auf die Familie konzentrieren, die ihn brauchte.
    Er kam sich dumm vor, weil er Frankie den Schuh gegeben hatte, aber aus irgendeinem Grund war es ihm wichtig erschienen. Er hätte Jackie auch gern seine Uhr gegeben, wenn er nicht Angst gehabt hätte, dass sie auf irgendeinem Pokertisch landete. In was für einer Welt lebten sie nur! Er seufzte. Und er konnte nichts weiter tun, als am Rand zu sitzen und zuzusehen, wie seine geliebten Kinder sich auf dieser Weltenbühne durchschlugen.

108
    Es wurde eine schwere Geburt. Ella hatte das Gefühl, als würde sie ihr Baby schon seit Tagen und nicht Stunden aus dem Körper pressen. Draußen fiel heftiger Schnee, die Nacht brach herein. Die Hebamme war gekommen und gegangen und dann wiedergekommen in der Hoffnung, dass es nun besser voranginge. Sie untersuchte Ella erneut und lächelte.
    »Das kleine Ding liegt wohl zu träge und gemütlich in seinem Nest, als dass es an einem so winterlichen Nachmittag herauskommen möchte, aber nun gibt es kein Zurück mehr. Der Muttermund ist vollständig eröffnet.«
    Ella wollte die Details gar nicht wissen, sie wollte nur, dass es endlich vorbei wäre. Anthony flog irgendwo über Deutschland und hatte keine Ahnung, dass ihr Kind gerade geboren wurde. Es war die längste Nacht ihres Lebens gewesen, doch trotz der Schmerzen war sie gespannt und aufgeregt – ein neues Leben würde beginnen, mit allen erdenklichen Möglichkeiten, die sich ihm böten. Sie wünschte nur, ihre Mutter könnte hier sein, um ihre Freude zu teilen. May war eine gute Mutter gewesen – alle Enttäuschung und Wut, die sie einmal verspürt hatte, waren längst verflogen. Ach, könnte sie nur an ihrer Seite sein, um ihr durch die kommenden Stunden zu helfen!
    Das Kinderzimmer war schon vorbereitet. Celeste war ins Red House zurückgekehrt, während Archie in Portsmouth Dienst leistete. Selwyn war unterwegs, um die Eisenbahnschienen vor Angriffen der fünften Kolonne zu schützen. Verknappungen wurden mehr und mehr an fehlenden Waren in Schaufenstern deutlich. Pappaufsteller füllten die Lücken, und Strickwolle war schwer zu bekommen, ebenso wie Kosmetikartikel. Alle versuchten, so lange wie möglich mit Reinigungs- und Lebensmitteln hinzukommen und eine gute Miene zu machen, um die Moral hochzuhalten.
    Nach einigen weiteren Stunden hielt die Hebamme das Hörrohr an Ellas Bauch. »Wenn es nicht weitergeht, werde ich den Arzt rufen müssen.«
    »Es wird nicht besser, wenn ich hier herumliege«, sagte Ella, die sich wie angebunden fühlte in ihrem Bett, wo sie auf jede weitere Wehe wartete. »Lassen Sie mich eine Weile aufstehen und gehen.«
    »Das ist aber nicht erlaubt«, beharrte die Hebamme.
    »Ach, denken Sie doch nur an die alten Geburtsstühle! Früher hat man es richtig gemacht. Und wenn ich herumgehe, könnte das helfen, die Sache weiter voranzutreiben.« Sie stemmte sich hoch und begann, auf und ab zu gehen mit dem festen Vorsatz, dass Baby in ihren Bauch nach unten zu drängen. »Komm schon, komm raus!«
    Es ging langsam und quälend voran, doch am Ende wirkte die Schwerkraft, und das Baby rutschte dunkelrot und schreiend heraus.
    »Es ist ein Mädchen!«, rief die Hebamme und hielt sie an den Füßen hoch.
    »Oh!«, stöhnte Ella erstaunt. »Ich war sicher, es würde ein zweiter Anthony werden. Ein Mädchen hatte ich nicht erwartet.« Sie lächelte und

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