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Schiff der tausend Träume

Schiff der tausend Träume

Titel: Schiff der tausend Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leah Fleming
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Bombenangriffen.
    Celeste konnte kaum fassen, dass sie sich nun schon drei Jahre im Krieg befanden – drei Jahre der Rationierungen und Lebensmittelmarken, Reisebeschränkungen und Verdunkelungen, ohne dass ein Ende in Sicht wäre. Manchmal fühlte sie sich mit ihren fünfzig Jahren schon alt, ihre Beine schmerzten vom ständigen Stehen, und die Trostlosigkeit all der schäbigen Provisorien drückte allmählich auf ihre Stimmung.
    Sie war traurig, dass Clare nichts anderes kannte als Verdunkelungsvorhänge und Gasmasken, selbstgebasteltes Spielzeug und alte, umgenähte Kleidungsstücke. Sie war das einzige Leuchtfeuer ihrer trüben Tage, mit einem Lächeln, das die Dunkelheit erhellte. Mutter zu sein, war für Ella von Anfang an ganz natürlich gewesen. Sie fand außerdem Zeit, an ihren Skulpturen zu arbeiten, und hatte Feder- und Tuschezeichnungen von Clare angefertigt, um sie Anthony zu schicken. Ein Freund von Anthony hatte sie einigen führenden Künstlern der Midlands vorgestellt, und eine Londoner Galerie hatte zwei ihrer Werke gekauft, was ihr Selbstvertrauen ungemein stärkte. Der Krieg behinderte ihr Talent in keiner Weise, auch wenn es schwieriger war, Material zu beschaffen.
    Das Picknick verlief wunderbar – als würde es hier im Wald keinen Krieg geben, nur das vergnügte Geschrei von Kindern, die fröhlich spielten. Die Sonne schien, und es war ein perfekter Sommertag, bis sie über sich plötzlich das Heulen von Motoren hörten. Die Frauen schnappten die Kinder und zerrten sie in den Schutz der Bäume für den Fall, dass geschossen würde. Zu ihrer großen Erleichterung sah Celeste jedoch, dass es nur eine Wellington war, aus deren Heck Rauch strömte und die taumelnd Richtung Fradley flog.
    Aber dann musste sie entsetzt mit ansehen, wie das getroffene Flugzeug knatternd und stotternd immer tiefer sank. Sie konnten nichts weiter tun als beten, denn von der Landebahn an der Whittington Kaserne war es noch zu weit entfernt. Celeste hoffte inständig, der Pilot möge es sicher auf den Boden schaffen, doch dann verschwand die Maschine aus ihrem Blickfeld, und sie hörten eine schreckliche Explosion, als sie auf dem Boden zerschellte. Mehr Rauch stieg auf. Die armen Männer in diesem Bomber waren verloren.
    Der Tod hatte den schönen Tag zerstört. Celeste wollte laut aufschreien, aber dann sah sie Ellas Gesicht, weiß vor Angst durch die quälende Vorstellung, dass Anthony und seine Kameraden eines Tages vielleicht ebenso aus dem Leben scheiden könnten.
    »Kommt alle mit«, rief die Vorsitzende des Komitees und scheuchte ihre Helfer zusammen. »Ab nach Hause, James, lassen Sie uns zusammenpacken. Im Hauptquartier wird es einiges zu tun geben.«
    Geschäftig bleiben war das Motto, wenn die Dinge schlimm wurden. Tu etwas, bleib ruhig und mach weiter, egal, was passiert. Alle rannten herum, beluden die Körbe, klappten Tische und Stühle zusammen, falteten Decken und ließen die schweigsam gewordenen Kinder den Abfall aufheben, um sie vom beißenden Gestank und dem gerade Erlebten abzulenken.
    Für die Männer im Flugzeugwrack konnten sie nichts mehr tun – die Feuerwehr würde sich um ihre Leichen kümmern. Heute Abend würden einige arme Mütter ein Telegramm erhalten, das die schlimmste Nachricht enthielte. Auf der ganzen Welt bekamen Familien solche Telegramme. Was, wenn Roddy einmal so endete?
    Schweigend fuhren sie nach Lichfield zurück. Der Ausflug hatte so fröhlich begonnen und endete nun voller Trauer.
    »Ist alles in Ordnung mit dir?«, flüsterte Celeste Ella zu. »Anthony kann es nicht gewesen sein, er ist doch zum Küstenkommando beordert worden.« Das war für Ella allerdings auch kein Trost. Er war weiter nördlich stationiert, und sie konnte ihn nicht oft sehen.
    »Ich weiß, aber so etwas Grässliches aus der Nähe zu erleben, ist furchtbar! Es macht einem den Schrecken des Kriegs so deutlich. Ich habe schon ganz vergessen, wie es ist, normal zu leben.« Ella kämpfte mit den Tränen.
    »Eines Tages wird das alles vorbei sein, und dann werden wir die schlechten Zeiten vergessen, du wirst sehen«, log Celeste, die wusste, dass sie die schrecklichen Bilder der
Titanic
nie vergessen würde: der hoch aufragende Bug, die Schreie der Sterbenden im Wasser … In ihren Träumen verfolgte es sie noch immer.
    Als sie zum Red House kamen, war die Tür weit geöffnet, und Selwyn stand mit seltsamem Gesichtsausdruck im Türrahmen.
    »Was ist passiert?«, wollte Celeste wissen. »Ist es Archie?« Sie

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